Die Schüler kommen, um hier Pünktlichkeit, Höflichkeit und Zuverlässigkeit zu lernen. Standortleiter Thomas Poggensee geht es auch um Erfolgserlebnisse zu ermöglichen.
Harburg. Im Keller wechselt Antonio, 15, einen Fahrradschlauch aus. Eine Etage höher steht Obeid, 16, am Herd. Beide gehen in die 10. Klasse. Antonio wird, wie seine Mitschüler auch, keinen ersten Bildungsabschluss machen. Aber er will später eine Arbeit finden und Geld verdienen – also geht er gern in den Unterricht, weil er hier die Unterstützung bekommt, die ihm zu Hause fehlt. Antonio und Obeid sind zwei von 130 Jugendlichen an der Schule Schwarzenbergstraße. Die Schule ist für viele der letzte Anlaufpunkt.
Sie kommen, um hier scheinbar Selbstverständliches zu lernen: Pünktlichkeit, Höflichkeit, Zuverlässigkeit. Darum geht es zunächst. Doch Standortleiter Thomas Poggensee geht es um mehr. Darum, diesen ehemaligen „Schulversagern“ Erfolgserlebnisse zu ermöglichen. Ihnen zu zeigen, dass sie etwas können. „Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, einen Schwerpunkt unserer pädagogischen Arbeit auf die Berufsorientierung zu legen.“
Es gibt eine Fahrradwerkstatt, einen Schulkiosk, den Bereich Pflege und eine Textilwerkstatt. Fabian, 16, arbeitet in der Fahrradwerkstatt. Er weiß nicht nur, wie man ein GoKart zusammenbaut oder ein Fahrrad repariert. Er kennt sich mit Materialeinkauf, Abrechnungen und Buchführung der Schülerfirma aus. Grundlagen fürs Berufsleben. Nebenbei lernen sie mit Geld umzugehen, Arbeitsabläufe durchzuspielen, Zutaten zu messen und zu wiegen, Rezepte umzurechnen und sich gesund zu ernähren. Auch das ist für die meisten Schüler eine neue Erfahrung.
Mitschülerin Michelle, die sich für die Berufsrichtung Pflege und Hauswirtschaft entschieden hat, ist 17 Jahre alt und Mutter einer kleinen Tochter. Sie trägt Verantwortung für zwei. Also strengt sie sich an und lernt das Wichtigste über Körperpflege und Wundversorgung, Dokumentation und Kommunikation am Krankenbett. Zwei Praktikumstage in der Woche arbeitet sie in der benachbarten Asklepios-Klinik Harburg. Die Klinik hat ihr einen Ausbildungsplatz zur Gesundheits- und Pflegeassistentin angeboten. Thomas Poggensee weiß, dass solche Erfolge eher die Ausnahme sind. Doch sie zeigen, dass der Weg der richtige ist.