Oppositionsführer Dietrich Wersich (CDU) konnte sich seit 2011 profilieren und holt im Vergleich zu Olaf Scholz (SPD) etwas auf – aber ohne ihn zu gefährden.

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Hamburg. Um den Bekanntheitsgrad zu steigern, ist ein handfester Skandal wohl die sicherste Methode. Auch spektakuläre Medienauftritte oder grandiose Fehlleistungen sind durchaus geeignet. In Hamburg könnte man das wohl die Schill-Methode nennen. Und so ist es nicht überraschend, dass sowohl die aktuellen Regierungsvertreter als auch die Oppositionsspitzen auf Publicity dieser Art liebend gern verzichten. Gleichwohl haben es alle Senatoren und Fraktionsvorsitzenden seit der Bürgerschaftswahl 2011 geschafft, ihren Bekanntheitsgrad zu steigern. Unspektakulär, aber solide. Basierend auf der jeweils eigenen politischen Arbeit.

Die Hamburger kennen die politischen Akteure heute zum Teil sogar wesentlich besser als noch zu Beginn der Wahlperiode. Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) etwa hatte nach dem ersten Regierungsjahr den niedrigsten Bekanntheitsgrad. 2012 gaben nur 61 Prozent der Bürger an, sie zu kennen. Heute ist dieser Wert auf 71 Prozent gestiegen. Den größten Sprung hat Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) gemacht: Er steigerte sich im selben Zeitraum von 71 Prozent auf 83 Prozent. Ein Grund dafür ist sicher, dass Scheele in der Vergangenheit immer wieder mit Themen in der Öffentlichkeit stand, die für viele Bürger von Interesse sind – etwa der Umgang mit der wachsenden Zahl an Flüchtlingen oder dem Kita- und Krippenausbau.

Fraktionschefs der Opposition bekannter als mancher Senator

Das Meinungsforschungsinstitut GESS Phone & Field hat im Auftrag des Abendblatts in der Zeit vom 24.Oktober bis 3.November 1002 wahlberechtigte Hamburger befragt. Die repräsentative Umfrage zeigt, dass auch alle anderen Senatsmitglieder kräftig zugelegt haben in puncto Bekanntheit: Schulsenator Ties Rabe (SPD) ist inzwischen ebenfalls 83 Prozent der Bürger ein Begriff – 2012, also nach dem ersten Regierungsjahr der SPD, waren es noch zehn Prozentpunkte weniger. Die Steigerung überrascht nicht, da er mit dem Ausbau der Ganztagsschulen immer wieder für Schlagzeilen sorgte. Innensenator Michael Neumann (SPD), der zuletzt in der Olympia- sowie der Salafisten-Debatte in Erscheinung trat, gehört darüber hinaus zu den Regierungsmitgliedern, die die 80-Prozent-Marke knacken konnten.

Auffallend ist, dass die Fraktionschefs der Opposition bekannter sind als mancher Senator: Den Namen von CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich kennen gut acht von zehn Leuten. Aber nur 70 Prozent der Hamburger kennen die Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD). Auch Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) belegt mit 72 Prozent einen hinteren Platz auf der Bekanntheitsskala. Die FDP-Fraktionschefin Katja Suding hingegen ist 76 Prozent der Befragten ein Begriff, knapp gefolgt von der Linken-Fraktionsvorsitzenden Dora Heyenn mit 75 Prozent. Die Erklärung dafür, dass die Spitzenpolitiker bekannter geworden sind, liegt nahe: Durch ihre Arbeit als Fraktionschefs stehen sie in der ersten Reihe und sind daher regelmäßig in den Medien präsent.

Nach wie vor sind die Politiker den 18- bis 34-Jährigen jedoch am wenigsten bekannt. Selbst die Zweite Bürgermeisterin Dorothee Stapelfeldt (SPD) kennen 33 Prozent nicht – obwohl es die Altersgruppe ist, die von ihrer Politik am stärksten betroffen ist. Bei den über 65-Jährigen sind es hingegen nur acht Prozent, denen Stapelfeldt nicht bekannt ist. Nicht überraschend ist, dass nur ein Landespolitiker nahezu allen Hamburgern ein Begriff ist: der Erste Bürgermeister Olaf Scholz. Sein Bekanntheitsgrad liegt bei 99 Prozent.

70 Prozent der Befragten sind mit dem Senat zufrieden

Könnten die Hamburger den Bürgermeister direkt wählen, wäre die Sache schon gelaufen: Er käme auf 65 Prozent und Oppositionsführer Wersich nur auf 18 Prozent. Zwar hat Wersich den Abstand zwischen den beiden verringert. Von einem Stimmungsumschwung ist er dennoch weit entfernt. Deutlich wird das bei den Zahlen der jeweiligen Anhänger der Parteien. 95 Prozent der SPD-nahen Wähler würden ihr Kreuz bei Scholz machen, aber nur zwei Prozent bei Wersich. Den CDU-Fraktionsvorsitzenden würden dagegen nur 70 Prozent der CDU nahestehenden Männer und Frauen wählen, Scholz hingegen immerhin 20 Prozent. Spitzenwerte würde Scholz auch aus den Lagern der Grünen (83 Prozent), Liberalen (69 Prozent) und Linken (66 Prozent) erzielen.

Insgesamt fällt das Urteil der Hamburger über ihre Regierung ähnlich aus wie in den Vorjahren: ein beliebter Bürgermeister und im Wesentlichen ordentliche Noten für seinen Senat – aber auch für die Oppositionspolitiker. In der Umfrage zeigten sich 70 Prozent der Befragten mit dem Senat zufrieden. 21 Prozent stuften die Arbeit als „überwiegend schlecht“ ein, lediglich drei Prozent glatt als „schlecht“. Das entspricht in etwa den Ergebnissen der Vorjahre.

Auffallend ist, dass die über 65-Jährigen (78 Prozent Zustimmung) die Arbeit des Senats wesentlich positiver bewerten als die 50- bis 64-Jährigen: In dieser Altersgruppe sind nur 64 Prozent zufrieden. Bei der Unterscheidung der Befragten nach ihrem beruflichen Hintergrund ist ein Ausreißer zu beobachten: Bei Hausfrauen/Hausmännern und Rentnern liegt die Zustimmung für den Senat bei jeweils 76 Prozent, bei den Studenten und Auszubildenden hingegen bei nur 65 Prozent. 2013 war das Stimmungsbild genau andersherum: Nur 50 Prozent der Hausfrauen waren zufrieden, bei Studenten waren es sogar 81 Prozent.

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