Eine Zeugin berichtet vor Gericht von blauen Flecken im Gesicht der Dreijährigen. Yagmurs Mutter soll ihre Tochter gehasst haben.
Hamburg. Am Anfang schien noch alles gut. Damals, als Melek Y. sich noch über ihre kleine Tochter freute und glücklich mit ihrer Familie war. „Erst waren sie wie Mutter und Tochter“, schildert eine Zeugin im Prozess um den Tod der dreijährigen Yagmur vor dem Schwurgericht. „Aber später sagte Melek, dass sie ihre Tochter hasst.“ Die Mutter sei „kalt“ gegenüber ihrem Kind gewesen und habe das Mädchen auch geschlagen. Als sie vom gewaltsamen Tod der Dreijährigen erfahren habe, sei sie überzeugt gewesen, dass der Vater Hüseyin Y. dafür nicht verantwortlich sein könne. „Ich sagte, wenn, dann Melek.“
Die Eltern schauen sich nicht mehr an
Mühsam beherrscht wirkt die angeklagte Mutter angesichts dieser Aussagen, mit blassem Gesicht, eine Hand hält die 28-Jährige wie so oft während der Verhandlungstage am Kinn, wie um sich möglichst vor forschenden Blicken zu schützen, manchmal scheint sie auch mit den Tränen zu kämpfen. Und wie fast immer in diesem Verfahren vermeiden es die beiden Eltern von Yagmur, den anderen auch nur mit einem Blick zu streifen. Der Vater hat seine Augen auf den Boden vor ihm gerichtet, nachdenklich, so scheint es, in sich gekehrt.
In dem mittlerweile über vier Monate dauernden Verfahren wird Melek Y. Mord vorgeworfen. Sie hat laut Anklage ihre Tochter immer wieder misshandelt und „aus Hass und ohne jedes Mitgefühl“ getötet. Der Vater Hüseyin Y., 26, wird beschuldigt, nichts gegen die wiederholten Übergriffe auf seine Tochter unternommen zu haben. Yagmur war am 18. Dezember vergangenen Jahres auf Grund schwerster Verletzungen gestorben. Ihr Tod löste eine bis heute andauernde politische Debatte aus.
Melek Y. soll Lebensgefährten der Zeugin zum Sex erpresst haben
Als „respektvoll, zurückhaltend und ruhig“ beschreibt die Zeugin Ajsa A. den angeklagten Vater Hüseyin Y. Seine Frau Melek Y., die sie seit rund zehn Jahren kennt, sei indes manchmal „hinterhältig“ gewesen. Unter anderem habe die 28-Jährige ein Verhältnis mit dem Lebensgefährten der Zeugin angefangen. Sie habe ihn gewissermaßen zum Sex erpresst mit der Drohung, sie werde ihn sonst bei der Polizei anzeigen, weil er sich seinerzeit illegal in Deutschland aufhielt, schildert die Zeugin aufgebracht und macht keinen Hehl daraus, dass sie überhaupt nicht gut auf die Angeklagte zu sprechen ist.
Außerdem habe Melek Y. schon lange vor Yagmurs Geburt ihren kleinen Sohn, der aus einer früheren Beziehung stammt, „vernachlässigt. Sie hat ihn im Stich gelassen. Er blieb zu Hause, während sie auf Partys gegangen ist“, erzählt die Zeugin dem Gericht. Doch nach der Geburt von Yagmur habe Melek betont, dass „sie ihre Tochter liebt wie andere Mütter auch. Sie sagte, dass sie glücklich ist mit ihrer Familie.“
Bei der Mutter war Yagmur ängstlich, mit dem Vater wollte sie spielen
Später allerdings habe sie gemeint, dass sie ihr Kind hasse, „weil ihr Mann sie nicht beachtet“. Einmal, am Tag vor dem dritten Geburtstag des kleinen Mädchens, habe sie mehrere blaue Flecken im Gesicht des Kindes bemerkt, schildert die Zeugin weiter. Zudem habe Yagmur an einem Arm einen Verband getragen. „Melek sagte, sie war so sauer auf Hüseyin, dass sie Yagmur eine geklatscht hat. Ich sagte ihr aber, dass sie ihre Wut nicht an dem Kind auslassen darf.“
Später habe sie indes keine Verletzungen mehr bei der Dreijährigen wahrgenommen. „Sie trug immer Rollkragenpullover.“ Melek Y. habe nicht gewollt, dass jemand anderes das Kind unbekleidet sieht, es wickelt oder badet. „Yagmur hat immer so geweint, wenn sie in die Windeln gemacht hat, so richtig aus Angst.“ Wenn ihre Mutter in der Nähe war, habe das kleine Mädchen sehr furchtsam gewirkt. „Aber wenn Hüseyin da war, lief sie hin und her und spielte.“
Der Prozess wird fortgesetzt.