Angeblich ist das Gelände bereits verkauft. Das Immobilienunternehmen Greve soll den Zuschlag erhalten haben. Politiker fordern ein Vorkaufsrecht – reine Wohnbebauung wird abgelehnt.
Altona. Ein Blick auf ein Luftbild lässt schnell das große Potenzial erahnen: Rund 86.000 Quadratmeter ist das Gelände der Holsten-Brauerei groß, die seit 2004 zum dänischen Carlsberg-Konzern gehört. Mitten in Altona liegt das Areal und unmittelbar neben dem ähnlich großen ersten Abschnitt der Neuen Mitte Altona, wo demnächst auf ehemaligen Bahnflächen 1600 Wohnungen gebaut werden: Nachdem es in den vergangenen Jahren mehrfach schon Spekulationen über eine Aufgabe des Brauerei-Standorts gegeben hatte, rückt nun eine neue Planung für das Gebiet in greifbare Nähe: So berichtet das in der Regel gut informierte Branchenblatt „Immobilien-Zeitung“ bereits über einen Verkauf.
Nach einer Art Ausschreibung soll das Hamburger Immobilienunternehmen Greve den Zuschlag erhalten und andere Mitbieter wie etwa Quantum ausgestochen haben. Gegenüber dem Abendblatt wollte Carlsberg-Deutschland-Chef Frank Maßen den Grundstücks-Deal weder bestätigen noch dementieren. Man befinde sich in Gesprächen, eine Vertragsunterzeichnung gebe es noch nicht.
Gleichwohl machen die Grünen in der Bürgerschaft jetzt Druck und fordern ein Vorkaufsrecht der Stadt für das Gelände, um dort Spekulationen zu verhindern. Aus gutem Grund: Mit einem neuen Bebauungsplan könnten dort in absehbarer Zeit künftig auch Wohngebäude zugelassen werden, was den Wert des Grundstücks enorm steigern würde. Und davon müsse in erster Linie die Stadtkasse profitieren, sagt der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Grünen, Olaf Duge.
Mit der Umsiedelung würden sich zwar neue Chancen für die Stadtentwicklung öffnen. „Hamburg darf Fehler, die bei der Neuen Mitte Altona gemacht wurden, nicht wiederholen und muss sich Einfluss sichern“, sagt Duge. Konkret fordern die Grünen nun, dass Hamburg das Grundstück jetzt schon zu einer Art Sonderplangebiet erklärt, zu einer sogenannten städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme nach § 165 Baugesetzbuch (siehe unten: So kann die Stadt Spekulationen verhindern).
Bezirkspolitiker wollen „niemandem etwas vergolden“
In der Neuen Mitte habe Hamburg zu diesem „scharfen Schwert des Planungsrechts“ zu spät gegriffen und Wertsteigerungen nicht genügend abgeschöpft, argumentiert Duge. „Bevor die Grundstückswerte durch Umnutzungsvorstellungen in Wohnungsbau oder durch mehrfache Verkäufe in die Höhe getrieben werden, muss schnell gehandelt werden“, heißt es in einem Antrag der Grünen, der am 28.November im Stadtplanungsausschuss der Bürgerschaft beraten werden soll.
Die Eile begründen die Grünen nicht nur mit den Erfahrungen bei der Neuen Mitte, sondern auch mit einem anderen Beispiel: So sei nach der Umwandlung einer ehemaligen Bahnfläche am Rübenkamp in Barmbek zu einem Wohngebiet das Gelände mehrfach unter Investoren weiterverkauft worden, bevor überhaupt ein Spaten angefasst werden konnte. Mit der Folge, dass der Bodenpreis und letztlich das Bauen immer teurer geworden seien.
Auch in der Altonaer Bezirkspolitik wird über die Zukunft des Geländes bereits heftig diskutiert. „Wir brauchen dort jetzt Klarheit“, sagt etwa SPD-Fraktionschef Thomas Adrian. Von einer konkreten Planung sei man zwar noch weit entfernt, doch erste Überlegungen gebe es bereits: „Eine reine Wohnnutzung kann ich mir nicht vorstellen. Wenn, dann muss es eine Mischung aus Wohnen und Gewerbe sein“, sagt der SPD-Politiker.
Ein reines Wohngebiet sei „völlig abwegig“
Ähnlich äußert sich der CDU-Fraktionschef in der Bezirksversammlung, Uwe Szczesny: Ein reines Wohngebiet sei „völlig abwegig“. Schon jetzt würde sich in der Neuen Mitte die „Sterilität“ der HafenCity wiederholen, weil es in dem neuen Stadtteil zu wenig Mischung mit andern Nutzungen gebe. Zudem müssten die weiteren Verhandlungen zwischen Stadt und Carlsberg abgewartet werden, bevor dort ein neues Planrecht geschaffen wird. Die Stadt müsse hier auch ihre Interessen wahren und erreichen, dass die Produktion möglichst in Hamburg verbleibe, so der CDU-Politiker: „Wir sollten dort vorher niemanden etwas vergolden.“
Die Aufgabe des Holsten-Standorts mitten in Altona scheint aber weitgehend beschlossene Sache zu sein. Bereits in drei Jahren, so die „Wunschvorstellung“, würde man gerne neue Räumlichkeiten beziehen. Der Konzern begründet seine Umzugspläne vor allem mit der ungünstigen Lage des Geländes, wo Holsten schon seit 1879 sein Bier braut.
Doch die alten Gebäude und langen Wege machten das Geschäft ineffizient, die Kosten sollen weit über denen der moderneren Carlsberg-Braustätte in Lübz in Mecklenburg-Vorpommern liegen. Auch die Lage mitten in einem Wohngebiet bringe etliche Einschränkungen für den alten Altonaer Standort, argumentiert der Bierkonzern. Nachts, zwischen 22 und 5Uhr, darf beispielsweise kein Bier gebraut werden. Und im dicht bebauten Stadtteil würden die Bier-Lastwagen schon jetzt regelmäßig im Stau stehen.
Eine Situation, die sich mit den Wohngebäuden der benachbarten Neuen Mitte noch verschärfen dürfte.
So kann die Stadt Spekulation verhindern
Wenn eine Gemeinde ein Gelände zu einer „Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme“ nach §165 Baugesetzbuch erklärt, gewinnt sie dort weit mehr Einflussmöglichkeiten, als wenn sie nur einen Bebauungsplan verabschiedet. Normalerweise dient das Verfahren dazu, dass eine Stadt ein Grundstück kauft, es in Bauland umwandelt und dann wieder teurer verkauft. Aus der Wertsteigerung kann sie dann nötige Erschließungen wie den Bau von Straßen finanzieren. Die Eigentümer können diesen Kauf durch eine Stadt aber auch abwenden, wenn sie sich vertraglich verpflichten, selbst solche Kosten zu übernehmen. So in etwa ist es in der Neuen Mitte Altona geschehen. Dort hatten sich Investoren zu einer Reihe von Maßnahmen verpflichtet: so auch zum Bau von Sozialwohnungen.