Aktuell nutzen 1,4 Milliarden Menschen das soziale Netzwerk Facebook. Das sind weitaus mehr Menschen als in China leben, dem bevölkerungsreichsten Land der Welt. In Deutschland hat mittlerweile mehr als jeder dritte Deutsche ein eigenes Profil. Für jeden zweiten 18- bis 24-Jährigen ist die erste Handlung am Morgen, den Account zu checken – so wie für viele andere tagesaktuelle Nachrichten zu lesen.
Die jungen Facebook-User möchten wissen, was in der virtuellen Welt passiert, posten selbst oder kommentieren die Posts der „Freunde“ noch, bevor es Frühstück gibt. So kamen im letzten Jahr weltweit fast eine Billion „Likes“ auf Facebook zustande – 1.800.000 pro Minute. Aber nicht nur Facebook liefert beeindruckende Zahlen: Bei Twitter werden täglich 500 Millionen Tweets gepostet, auf YouTube werden jede Minute neue Videos mit Material für 100 Stunden hochgeladen, der Apple App Store wird von 300 Millionen Usern wöchentlich besucht, und das Unternehmen verkauft jede Sekunde fünf neue iPhones.
Das schier unendliche Angebot der sozialen Netzwerke fasziniert unzählige Menschen, und gerade die junge Generation kann sich ein Leben ohne Smartphone, WLAN und Flatrate-Telefonie kaum mehr vorstellen. Gleichzeitig wächst jedoch in breiten Teilen der Bevölkerung auch das Gefühl, stärker von den neuen Kommunikationsmöglichkeiten abhängig zu sein, als einem lieb ist. Ständig ist man erreichbar, checkt alle paar Minuten seine Nachrichten, antwortet unmittelbar auf jede neue Botschaft. In der Konsequenz fühlen sich immer mehr Bürger gestresst.
So überrascht es nicht, dass drei von vier Bürgern für die Zukunft einen Gegentrend zur Mediatisierung und Technisierung der Gegenwart prognostizieren und wieder mehr „Offline“-Aktivitäten in der Natur erwarten; also eine bewusste Entschleunigung des Alltags und Reduzierung von Tätigkeiten. Hierbei sind sich Männer wie Frauen, Besser- wie Geringverdiener und auch Hamburger wie Bayern weitestgehend einig. Eine unterschiedliche Ansicht in der Bevölkerung zeigt sich jedoch beim Alter. So sind es überdurchschnittlich oft die Angehörigen der sogenannten Sandwich-Generation im Alter zwischen 30 und 50 Jahren, die eine Gegenbewegung zur wachsenden Technisierung erwarten.
In der Tat lassen sich bereits jetzt zahlreiche Entwicklungen hin zu einer Entschleunigung des Lebens beobachten. Beispielsweise gibt es Luxushotels, die damit werben, keinen Handyempfang zu haben. Pilgertouren, Klosteraufenthalte und Yogastunden boomen. Slow Food und Slow Cooking bilden ein bewusstes Gegenstück zu Fast Food und Coffee to go. Zeitschriften wie „Landlust“ wachsen jährlich um etwa 400.000 Bei Einstellungsgesprächen fragen Bewerber immer häufiger nach der Möglichkeit eines Sabbaticals als nach der Gehaltsentwicklung. Und in Berlin fand letzten Monat sogar die erste Slow Living Konferenz statt, auf der zahlreiche Beispiele für ein entspannteres Leben in einer digitalen Welt vorgestellt wurden. Wer gänzlich entschleunigen möchte, der sollte in eine der zwölf Gemeinden in Deutschland ziehen, die zur weltweiten Vereinigung der Cittaslow- Bewegung gehören. Dort setzt man auf alte Stadtstrukturen, traditionelle Feste, weniger Autostraßen und mehr Fußwege. Mein Fazit: Zweifellos leben wir in einer zunehmend mediatisierten und technisierten Welt, doch entsteht hierzu zeitgleich auch ein Gegentrend: Zunehmend mehr Bürger wollen einen Kontrast und suchen Entschleunigung.
Und Facebook? Gehen die Nutzerzahlen zurück? Wenn man Forschern der US-Universität Princeton glaubt, dann ja. Dort wurde errechnet, dass Facebook in den kommenden drei Jahren rund 80 Prozent seiner Nutzer verliert. Und tatsächlich, 2013 ging die Anzahl der Facebook-Nutzer in den USA bereits um vier Prozent zurück.
An dieser Stelle schreibt jeden Montag Prof. Ulrich Reinhardt von der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen