Hamburg. „Klappern gehört zum Geschäft“, sagt Urs Tabbert, justizpolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion. „Ich empfehle den Gerichtspräsidenten aber, sich die Zahlen, die sie selbst geliefert haben, genau anzusehen.“ Vor allem die Präsidenten der ordentlichen Gerichte – Erika Andreß (Oberlandesgericht), Sibylle Umlauf (Landgericht) und Hans-Dietrich Rzadtki (Amtsgericht) – hatten vor dem Justizausschuss der Bürgerschaft eindringlich vor weiteren Einsparungen im Justizbereich gewarnt. „Die Zitrone ist ausgequetscht“, hatte Andreß gesagt. Die Präsidenten verwiesen darauf, dass die Eingangszahlen von Verfahren in etlichen Bereichen seit Jahren gleich hoch seien und es große Altbestände nicht erledigter Verfahren gebe.
„Das stimmt so nicht“, hält Tabbert dagegen. Beim Amts- und Oberlandes- sowie in Teilen auch dem Landgericht seien mehr Verfahren erledigt als neu eingereicht worden. „Und die Zahl der Richter ist in den vergangenen Jahren bei tendenziell rückläufigen Eingangszahlen gleich geblieben“, sagte Tabbert. Das ergebe sich aus den Antworten des Senats auf schriftliche Anfragen von Abgeordneten, wobei die Gerichte selbst die Zahlen geliefert hätten. „Nicht alle Präsidenten haben im Justizausschuss den Eindruck hinterlassen, gut vorbereitet gewesen zu sein.“
Deswegen hätte sich die Opposition bei ihrer Kritik am Senat, so Tabbert, „in der Tonlage ziemlich vergriffen“. CDU und Grüne erneuerten am Mittwoch ihren Vorwurf, die Personalsituation der Gerichte sei alarmierend. „Die durchschnittlichen Verfahrensdauern sind unverändert hoch, die Belastbarkeit der Mitarbeiter deutlich überschritten“, sagte der CDU-Justizpolitiker André Trepoll. „Der Senat muss sich fragen, ob er die Arbeitsfähigkeit der Gerichte wirklich aufs Spiel setzen will“, so Farid Müller (Grüne). „Justizsenatorin Schiedek legt die Kritik der Präsidenten einfach zu den Akten. Das ist politisch inakzeptabel, nicht nur gegenüber Richtern, Staatsanwälten und Justizmitarbeitern“, sagte FDP-Justizpolitikerin Anna von Treuenfels. Kläger wie Beklagte verlören die Achtung vor der Justiz, wenn sie Monate oder Jahre auf ein Urteil warten müssten.
„Unsere Justiz macht unter einem hohen Arbeitsaufkommen sehr gute Arbeit und genießt über die Landesgrenzen hinaus einen sehr guten Ruf“, sagte Sven Billhardt, Sprecher der Justizbehörde. Die Zahl der Richter bleibe praktisch gleich. „Die Entwicklung der Eingangszahlen neuer Fälle haben wir im Auge. Bei besonderen Belastungssituationen bei einzelnen Gerichten haben wir in der Vergangenheit reagiert und werden dies auch in Zukunft tun.“ Erstmals seit Jahrzehnten seien die Gerichtsgebühren erhöht worden – per saldo eine Entlastung des Justizetats um zehn Millionen Euro.