Erst der Dalai Lama, jetzt Pekings neuer starker Mann. Während Hongkonger Studenten gegen die chinesische Regierung auf die Straße gehen, ist Ministerpräsidenten Li Keqiang beim „Hamburg Summit“ Ehrengast.
Hamburg. Der Zeitpunkt für den Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang in Hamburg darf getrost als „unglücklich“ bezeichnet werden. Jeden Tag Berichte über Tausende Studenten, die in Hongkong auf die Straße gegen, um gegen den harten Kurs der chinesischen Regierung und für mehr Demokratie zu demonstrieren.
Dass die Proteste beim Hamburg-Besuch eine Rolle spielen, ist eher unwahrscheinlich. Hauptanlass der Reise ist der „Hamburg Summit: China meets Europe“ der Handelskammer Hamburg. Li ist dort als Ehrengast geladen. Oder gibt es Hamburger Demonstranten, die sich mit der Protestbewegung in Hongkong solidarisieren?
In jedem Fall werden die Sicherheitsmaßnahmen extrem streng sein. Das beginnt am Flughafen in Fuhlsbüttel und zieht sich bis in die Hamburger Innenstadt. Wo Li hinkommt, wird er bereits von Dutzenden Beamten und Security-Leuten erwartet. Wie bei einem Staatsmann seiner Kategorie üblich, laufen die größten Vorbereitungen bereits im Hintergrund.
Es soll um die Wirtschaftsbeziehungen beider Länder gehen – und die laufen gerade richtig gut. „Wir rechnen damit, dass 2014 ein neues Rekordjahr im gemeinsamen Handel wird“, sagte Chinas Botschafter in Deutschland, Shi Mingde, erst vor wenigen Tagen in einem Interview.
Er kündigte eine Fülle von Abkommen zwischen den weltgrößten Exportnationen bei den dritten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen Ende kommender Woche in Berlin an. Zudem würden Visa-Erleichterungen für chinesische Geschäftsleute und Touristen sowie ein strategischer Dialog beider Länder auch in der Außen- und Sicherheitspolitik vereinbart.
Li wird zum ersten Mal nach Hamburg reisen
Ministerpräsident Li Keqiang wird am kommenden Sonnabend in Begleitung einer hundertköpfigen Delegation aus Politik und Wirtschaft in Hamburg anreisen. Am Rande des Hamburg Summit wird er auch Bürgermeister Olaf Scholz zum Gespräch treffen und sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen. Es ist sein erster Besuch in Hamburg. Im Anschluss geht es weiter nach Moskau.
Pikant ist der Besuch auch vor dem Hintergrund, dass Hamburg erst kürzlich den Dalai Lama - quasi Chinas Staatsfeind Nummer 1- empfangen hat. Ende August verbrachte das geistliche Oberhaupt der Tibeter vier Tage in der Hansestadt. Das Interesse war riesig: Tausende Hamburger wollten Seine Heiligkeit sehen und besuchten seine Veranstaltungen.
Der Dalai Lama äußerte sich in diesen Tagen auch zum Hongkong-Peking-Konflikt und sprach sich für einen friedlichen Ausgang der Demonstrationen aus. Der Nachrichtenagentur AFP sagte er, dass es „sehr schwer zu sagen“ sei, wie es ausgehen werde. „Alles, was ich tun kann, ist beten“, fügte der 79-jährige Friedensnobelpreisträger hinzu.
Lage in Hongkong spitzt sich zu – Peking bleibt hart
Ungeachtet der seit einer Woche anhaltenden Demonstrationen für mehr Demokratie in Hongkong will Chinas Führung nicht nachgeben. „In grundsätzlichen Fragen gibt es keinen Raum für Kompromisse“, schrieb das kommunistische Parteiorgan „Volkszeitung“ in einem Kommentar. Wenn die Wahlvorschläge des Volkskongresses für die ersten direkten Wahlen 2017 nicht angenommen würden, bleibe es beim alten Verfahren. Danach hatte bisher ein loyal zu Peking stehendes Wahlkomitee den Regierungschef bestimmt.
Der Volkskongress hatte im August entschieden, zwar direkte Wahlen in Hongkong zu erlauben, verweigert den Wählern aber eine freie Nominierung der Kandidaten. Diese sollen in ähnlicher Weise von einem Komitee bestimmt werden und müssen „das Vaterland lieben“. Daran hatten sich die Proteste in der früheren britischen Kronkolonie entzündet, die seit 1997 als Sonderverwaltungsregion zu China gehört, aber nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ autonom regiert wird.