Seit 25 Jahren saniert die Stadtentwicklungsgesellschaft Steg Quartiere in sozialen Brennpunkten
Altona . Es müssen auch schon zu ihrer Gründungszeit wilde Zeiten in der Hamburger Stadtplanung gewesen sein: Als 1989 die damals noch städtische „Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft“ gegründet wurde, wollte Hamburg eine Art Treuhänder zwischen den Interessen von Anwohnern und Planern schaffen. Die Steg, wie sie seitdem kurz genannt wird, konzentrierte sich zunächst auf das Karoviertel, um das es seinerzeit schon jahrelang Auseinandersetzungen gegeben hatte und das nun saniert werden sollte. Die von der Stadt geschickten Planer stießen zunächst auf viel Misstrauen. Noch heute erzählt man sich gern die Geschichte, dass seinerzeit das erste Büro von Aktivisten bereits besetzt wurde – während die Mitarbeiter noch nicht einmal ihre Schreibtische bezogen hatten. Am Donnerstag nun feierte die mittlerweile privat agierende Steg ihr 25-jähriges Bestehen im Altonaer Museum mit rund 200 Gästen aus Politik, Verwaltung und Immobilienbranche. „25 politische Jahre zu überleben, ist schon ein Erfolg für sich“, sagte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und sprach von einem bewährten „Werkzeug“, das Hamburg mit seinen Sanierungsgebieten geschaffen habe. Seit 25 Jahren stünden dort die Mitarbeiter der Steg in vorderster Reihe, wenn es darum geht, die Viertel und Quartiere der Stadt „wohnlicher, besser, sozialer schöner und lebenswerter zu machen“.
Tatsächlich sind etliche sogenannte Brennpunkte der jüngeren Stadtgeschichte mit dem Namen Steg verbunden. Sie organisiert das Sanierungsgeschehen, mittelt zwischen Anwohnern, Verwaltung und Investoren. Ziel ist oft, dass städtische Investoren noch mehr private auslösen, um so in einem Stadtviertel durch Neubau und Sanierung neuen Schub zu bringen.
Eines der jüngeren Beispiele ist dabei das Gebiet rund um die Große Bergstraße in Altona, wo sich mittlerweile das Möbelhaus Ikea angesiedelt hat. Rund 15 Millionen Euro habe die Stadt hier in Infrastrukturprojekte investiert und damit private Bau-Investitionen in Höhe von mehr als 260 Millionen Euro initiiert, sagte Steg-Geschäftsführer Martin Brinkmann, der in Sanierungsgebieten auch ein wichtiges Steuerungsmittel sieht, um die Bauland-Preisentwicklung zu kontrollieren. Jeder Verkauf innerhalb eines solchen Gebietes muss gesondert genehmigt werden.
Seit ihrer Gründung hat die Steg mittlerweile wie im Karoviertel oder an der Großen Bergstraße zwölf Sanierungsverfahren und acht kleinere Quartiersentwicklungen mit Geld aus öffentlichen Fördermitteln organisiert: So zum Beispiel das Quartierszentrum Campus Steilshoop, die Stadtraumerneuerung Osterstraße, die Gängeviertel-Sanierung, Projekte in Neugraben, Billstedt, Neugraben und auch Harburg. Dabei tritt das Unternehmen das eine Mal als Projektentwickler auf, das andere Mal als Organisatorin der Bürgerbeteiligung oder sie verwaltet Immobilien auch selbst.
Für die Internationale Baustellung in Wilhelmsburg aber schuf die Stadt sozusagen eine Konkurrenz, wie sich heute zeigt. Auch nach der Ausstellung agiert die IBA-Gesellschaft heute in Wilhelmsburg oder Neugraben in ähnlicher Form wie die Steg, was intern wohl auch schon zu einigem Unmut geführt hat, wie in Planerkreisen kolportiert wird.
Allerdings ist die Steg seit geraumer Zeit auch kein öffentliches Unternehmen mehr: 2003 wurde die einst städtische Gesellschaft privatisiert, indem die eigene Führungscrew sie selbst übernommen hat. Geschäftsführer und Gesellschafter sind heute Martin Brinkmann und Hans Joachim Rösner. Beide haben das Unternehmen zudem auf Wachstum außerhalb der Hansestadt getrimmt. Seit 2005 arbeitet die Steg auch in Dortmund und beschäftigt an beiden Standorten rund 60 Mitarbeiter. Gratulant war am Dienstag daher auch der Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau. Ein auf Beteiligung der Bürger setzender Planungsansatz wie jener der Steg erbringe „hervorragende Ergebnisse in kurzer Zeit und spart damit auch Geld“, sagte er.
Kernziel der Stadtentwicklung müsse aber vor allem ein Streben nach Gerechtigkeit sein, forderte Steg-Geschäftsführer Hans Joachim Rösner und umriss damit auch das Credo der eigenen Arbeit. „Es gibt so viele Lobbygruppen, die sich sehr gut organisieren und artikulieren können.“ Man müsse aber die weitaus größeren Bevölkerungsgruppen im Auge haben, die dies vielleicht nicht so gut tun könnten. Stadtentwicklung, so Rösner, müsse dieses Ungleichgewicht immer wieder ausgleichen.
Dass das nicht immer leicht sein wird – daran erinnerte Bürgermeister Scholz beim Festakt am Donnerstag: „So sehr jeder Hamburger von der abstrakten Idee begeistert ist, genug Wohnungen für alle zu bauen, so sehr ist er in der Regel genervt von der Baustelle vor seiner Tür.“