Zwar steigt der Anteil von Menschen aus Einwandererfamilien in den Sicherheitsbehörden stärker als in anderen Bundesländern. Doch noch immer sind sie unterdurchschnittlich vertreten.
Hamburg. Der Anteil an Menschen aus Einwandererfamilien, die sich bei der Hamburger Polizei um einen Ausbildungsplatz bewerben, ist in den vergangenen fünf Jahren angestiegen. Während 2008 von gut 3600 Bewerbern 601 Menschen einen Migrationshintergrund (16,5 Prozent) hatten, stieg der Anteil von Bewerbern aus Einwandererfamilien im Jahr 2013 auf 962 an. Bei 4709 Bewerbern insgesamt entspricht das einem Anteil von 20,4 Prozent. Auch der Anteil der Einstellungen stieg bei Menschen mit ausländischen Wurzeln in der Hamburger Polizei von 10,7 Prozent 2008 auf 13,5 Prozent im Jahr 2013. Der Hamburger Verfassungsschutz macht dazu kaum Angaben. Lediglich vier von 150 Mitarbeitern haben im Landesamt einen Migrationshintergrund, heißt es – ein Anteil von 2,7 Prozent.
In Hamburg liegt der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund bei 27,5 Prozent – bei den Bewerbungen und Einstellungen in den Sicherheitsbehörden hinkt Hamburg trotz steigender Bewerberzahlen deutlich hinterher. Die Angaben stammen aus der Studie der Informationsplattform „Mediendienst Integration“, wonach Mitarbeiter aus Zuwandererfamilien bei Polizei und Verfassungsschutz bundesweit deutlich unterrepräsentiert sind.
Vor allem durch die rassistische Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) ist deutlich geworden, wie wichtig Beamte mit ausländischen Wurzeln für die Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz sind: Viele sagen, dass diese Beamten die eigene Behörde schneller auf das Motiv Ausländerfeindlichkeit gebracht hätten. Auch der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags hatte den Länderregierungen empfohlen, den Anteil an Migranten deutlich zu erhöhen.Integrationsbeauftragte kritisiert PersonalpolitikDenn in fast keinem Bundesland entspricht der Anteil der Polizisten aus Einwanderfamilien ihrem Anteil unter den Einwohnern insgesamt. Im Gegenteil: Er liegt stark darunter. So arbeiten bei der Polizei in Niedersachsen gerade einmal 3,2 Prozent Beamte mit Zuwanderungsgeschichte – bei einem Bevölkerungsanteil von Migranten und deren Kindern von 17,8 Prozent. Allerdings konnte Niedersachsen durch gezielte Maßnahmen die Zahl der Bewerbungen so auf etwa 17 Prozent steigern. Das gelang sonst nur Berlin.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD) kritisiert die Personalpolitik der Sicherheitsbehörden. Dort werde zu wenig getan, um Mitarbeiter mit Migrationshintergrund zu rekrutieren, sagte Özoguz der „tageszeitung“. Die Ergebnisse der Studie „untermauern eindrücklich, dass nicht alle Sicherheitsbehörden aus Erfahrungen lernen“, kritisierte die Integrationsbeauftragte. „Offensichtlich unternehmen nur wenige Bundesländer gezielte Anstrengungen dies zu ändern. Leider haben wohl zu viele immer noch nicht verstanden, wie wichtig diese strukturelle Veränderung für die Zukunft unserer Sicherheitsbehörden und unser aller Sicherheit ist“, sagte Özoguz.
Die Macher der Studie beklagen, dass genaue Angaben zu Bewerbern und Mitarbeitern von Menschen aus Einwandererfamilien in vielen Landesbehörden gar nicht erst ermittelt werden. Aufgrund von Datenschutz ist dies rechtlich kein einfaches Unterfangen. Doch nur sechs Bundesländern unternehmen die Anstrengung, durch freiwillige Angaben der Mitarbeiter und Bewerber konkrete Zahlen zu erheben. Hamburg gehört dazu. In diesen sechs Ländern laufen laut der Studie des „Mediendienstes Integration“ seit einigen Jahren Maßnahmen, um den Anteil von Nachwuchskräften aus Einwandererfamilien zu erhöhen. Wie die Statistik zeigt, führen sie fast immer zu einem dauerhaften Anstieg unter den Mitarbeitern.
Und so lobt der Hamburger SPD-Integrationsexperte Kazim Abaci das Bemühen des SPD-geführten Senats und der Innenbehörde. „Es freut mich sehr, dass Hamburg im Bundesvergleich relativ weiter ist. Diesen Weg sollte die kosmopolitische Stadt, Hamburg, konsequent weitergehen“, sagte Abaci dem Abendblatt. „Die Gesellschaft ist internationaler und vielfältiger geworden. Es ist die logische Konsequenz, dass die Erhöhung der Anteil von Migranten bei der Polizei und die Aneignung von interkulturellen Kompetenzen zu deren Pflichtaufgaben gehören. Das ist auch eine bittere und schmerzhafte Erfahrung mit der NSU.“