Für Grüne und Linke sind die geplanten Flüchtlingsschiffe aufgrund der Erfahrungen aus der Vergangenheit keine Option. Sie fordern stattdessen, die Menschen in leer stehenden Büros unterzubringen.

Hamburg. Mit großer Ablehnung und Kritik hat die Opposition auf die geplanten Wohnschiffe reagiert, auf denen die Stadt vermutlich noch in diesem Jahr Flüchtlinge unterbringen will. „Das ist keine gute Lösung und sollte auf jeden Fall vermieden werden“, sagte der CDU-Innenexperte Kai Voet van Vormizeele. „In der Vergangenheit war jedes Flüchtlingsschiff in Hamburg mit besonders hoher Kriminalität verbunden.“ Das unter Kontrolle zu halten sei schwierig.

Die Sozialbehörde hat bestätigt, dass fünf Standorte in der engeren Auswahl sind. Nach Informationen des Abendblatts soll die erste schwimmende Unterkunft im Harburger Binnenhafen festmachen. Aber auch in Rothenburgsort (Billwerder Bucht) und Finkenwerder (Aue-Kai) gibt es potenzielle Liegeplätze, die die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority ausfindig gemacht hat. Die Flüchtlinge sollen auf alten Flusskreuzfahrtschiffen oder schwimmende Plattformen mit Wohncontainern ein provisorisches Zuhause finden. Das städtische Unternehmen fördern und wohnen (f&w) sowie Behördenvertreter haben sich bereits über für das Vorhaben infrage kommende Schiffe informiert.

„Statt auf Schiffe als Notlösung zurückzugreifen, sollte die Stadt lieber ihre eigenen Liegenschaften mit einem feinen Kamm durchgehen“, forderte der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Voet van Vormizeele. „Da könnte man mehr machen.“ Sein Fraktionskollege, der Mitte-Bezirkspolitiker Matthias Lloyd, übt auch Kritik an den geplanten Flüchtlingsschiffen. Den Standort Aue-Kai hält er für ungeeignet. „Weil es eine schlechte Infrastruktur gibt und die Flüchtlinge dort isoliert wären“, so Lloyd. Zudem seien die Lebensbedingungen und Hygienestandards auf solchen Schiffen menschenunwürdig.

Auch die Grünen-Bürgerschaftsfraktion spricht sich deutlich gegen das Vorhaben aus. „Die Erfahrungen mit den Wohnschiffen der 1990er-Jahren gelten heute immer noch: Solche Schiffe sind kein akzeptabler Wohnort“, sagte Grünen-Flüchtlingsexpertin Antje Möller. „Zunächst sollte Hamburg sehen, wie Flüchtlinge in den Stadtteilen aufgenommen werden können, auf Schiffen würden sie nur weiter isoliert.“ Man brauche feste Unterkünfte. „Der Bürgermeister muss endlich klare Ansagen machen und die Uneinigkeit in seinem Senat beenden“, forderte Möller. „Hamburg sollte leer stehende Bürogebäude und Wohnungen in öffentlicher Hand oder Vorhalteflächen zum Bestandteil der schnellen, aber nicht wieder provisorischen Unterbringung von Flüchtlingen heranziehen.“

Die Liberalen werfen der SPD massive Versäumnisse in der Flüchtlingspolitik vor. „Seit Monaten zögert der SPD-Senat mit dem zügigen Ausbau von Flüchtlingsquartieren“, sagte die FDP-Integrationssprecherin Martina Kaesbach. „Jetzt sollen hektisch Pontonschiffe her, die den Hamburgern noch in Erinnerung sind: Zu viele Menschen aus verschiedenen Kulturen mit teilweise traumatischen Fluchterfahrungen müssen sich auf engstem Raum drängen, was zu Konflikten untereinander und mit Anwohnern führt.“ Kaesbach moniert, dass der Sozialsenator weder die frühen Warnungen des Bundesamts noch die Vorschläge der Opposition aufgenommen habe.

„Die Unterbringung in riesigen Flüchtlingsschiffen ist nicht vertretbar“, sagte der Linken-Abgeordnete Cansu Özdemir. „Die Menschen haben keine Privatsphäre und werden am Rand der Gesellschaft abgeladen.“ Senator Scheele habe monatelang versäumt, ein schlüssiges Gesamtkonzept vorzulegen, das den steigenden Flüchtlingszahlen gerecht wird. Auch die Linken plädieren für Unterbringungsmöglichkeiten in leer stehenden Bürogebäuden und öffentlichen Immobilien.

Die Argumentation der Wohnschiffgegner kann die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Ksenija Bekeris nicht nachvollziehen. „Bis Ende des Jahres fehlten noch 1500 Plätze für Zuflucht suchende Menschen in Hamburg – deshalb müssen wir so schnell wie möglich Kapazitäten schaffen“, sagte sie. Die potenziellen Standorte für Flüchtlingsschiffe seien zum Teil schnell realisierbar. „Ich würde mir von allen Parteien und der Zivilgesellschaft wünschen, dass sie jetzt zusammenstehen“, sagte Bekeris. „Flüchtlinge gehören zu unserer Stadt und unserer Verantwortung.“