Der SPD-Senat will eingespartes Geld nur in Schulen investieren. CDU und Grüne sind empört. Seit Jahren monieren Opposition und Wissenschaft die schlechte finanzielle Ausstattung der Hochschulen.
Hamburg. Nun ist es sicher: Die rund 30 Millionen Euro, die Hamburg jährlich einspart, weil der Bund die Studierenden-Unterstützung BAföG von 2015 an allein trägt, werden nicht den Hochschulen zugutekommen. Das geht aus den aktuellen Entwürfen der Haushaltspläne des Senats hervor. Grüne und CDU zeigen sich empört, dass das Geld den ohnedies schlecht ausgestatteten Hochschulen vorenthalten werde.
„Die ganze Stadt diskutiert seit Monaten über die Zukunftsfähigkeit unserer Hochschulen. Die Sparvorgaben des Senats lassen den Hochschulen ohnehin kaum Entwicklungsmöglichkeiten“, sagte Grünen-Wissenschaftspolitikerin Eva Gümbel. „Die Hoffnungen der Hochschulen lagen darauf, dass die frei werdenden BAföG-Mittel ihnen Spielraum verschaffen und im Wissenschaftsetat bleiben würden.“
Nun aber bleibe kein einziger Euro im Hochschulbereich. „Das ist eine ausgesprochen schlechte Nachricht für den Wissenschaftsstandort Hamburg. Und es zeigt, dass Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt über keinerlei Durchsetzungskraft im Senat verfügt“, sagte Gümbel. „Die SPD ist mit diesem Kurs auf dem völlig falschen Pfad. Es ist traurig, dass die Sozialdemokraten die Bedeutung der Hochschulen für die Zukunft der Stadt nicht sehen wollen.“
Auch Thilo Kleibauer, wissenschaftspolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, übt scharfe Kritik: „Dieser Haushaltsplan ist eine Bankrotterklärung für die Wissenschaftspolitik des Senats. Offenbar sollen mit den frei werdenden BAföG-Mitteln keinerlei neue Schwerpunkte in Wissenschaft und Forschung finanziert werden.“ Das sei „politischer Betrug“. Jahrelang habe Senatorin Stapelfeldt zusätzliche Bundesmittel für die Hochschulen gefordert. Jetzt sei das Geld da und werde von der Wissenschaftsbehörde gleich in die Kasse des Finanzsenators abgeliefert. „Dies steht in einem klaren Widerspruch zu der BAföG-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern“, sagte Kleibauer.
Aus dem jetzt vorgelegten Haushaltsplan der Wissenschaftsbehörde geht hervor, dass die zusätzlichen Bundesmittel dort zwar als Einnahmen verbucht werden. Zusätzliche Ausgabenanstiege sind allerdings nicht erkennbar. Stattdessen soll die Einsparverpflichtung der Wissenschaftsbehörde („globale Minderkosten“) sogar von 5,2 auf 13,6 Millionen Euro steigen. Insgesamt gehen die Planungen des Senats davon aus, dem Wissenschaftsressort 2015 rund 31 Millionen Euro weniger Geld gegenüber den vergleichbaren Zahlen des laufenden Jahres zur Verfügung zu stellen.
Hintergrund: Mit der vor wenigen Tagen von der Bundesregierung beschlossenen BAföG-Reform bekommen Studierende nicht nur mehr Geld, der Bund hat sich auch bereit erklärt, von 2015 an den bisherigen Länderanteil an den BAföG-Kosten dauerhaft zu übernehmen. Dadurch werden die Länder um knapp 1,2 Milliarden Euro pro Jahr entlastet. Die zusätzlichen Mittel sollen sie laut Absprache für Bildung ausgeben. Der Senat aber hat entschieden, die auf Hamburg entfallenden gut 30 Millionen Euro ausschließlich in die Schulen zu stecken.
Da mehrere Behörden betroffen sind und die Wissenschaftsbehörde die neuen Mittel vermutlich selbst gern genutzt hätte, äußerte sich nicht der Sprecher der Wissenschaftssenatorin, sondern Senatssprecher Christoph Holstein zu der Entscheidung, das Geld den Schulen und nicht den Hochschulen zu geben.
„Kein Grund zur Aufregung“, sagte Holstein. „Hamburg wird nach der BAföG-Einigung – wie mit dem Bund vereinbart – zusätzlich in Schulen und Hochschulen investieren.“ Das sei auch vor der Einigung schon geschehen. „Hamburg setzt weiter große Summen für den Ausbau des Hochschulstandorts ein“, sagte Holstein. „Allein am Campus Bundesstraße fließen 300 Millionen Euro in die Zusammenlegung von Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften.“
Der Ansatz der Grünen sei falsch, sagte Holstein. Es gebe nämlich keine Überweisung aus Berlin, folglich auch kein Geld, das neu verteilt werde. Es gehe um eine Entlastung bei den Ausgaben, die die Länder bei Schulen und Hochschulen ohnehin hätten und die in Hamburg weiter stiegen – im Falle der Schulen etwa auch wegen der kleineren Klassen bei steigende Schülerzahlen.
Seit vielen Jahren monieren Opposition und Wissenschaft die im Vergleich mit anderen Metropolen schlechte finanzielle Ausstattung der Hamburger Hochschulen. Im Frühjahr hatten Ex-Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD), Ex-Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) und Ex-Stadtentwicklungssenator Willfried Maier (Grüne) in ihrem Papier „In Sorge um Hamburg“ einen Kurswechsel angemahnt.
„Die Rolle und Qualität von Wissenschaft, Universitäten und Forschungseinrichtungen wird weltweit als wichtigster Motor künftiger Entwicklungen gesehen“ , heißt es darin. „Aber sowohl im nationalen Maßstab wie auch international wird dieser Sektor anderenorts durch Politik, Gesellschaft und Wirtschaft meist mit mehr Nachdruck gefördert.“
Hamburg spiele in diesem Bereich „nur noch in der zweiten Liga“. In der Exzellenz-Initiative des Bundes seien Hamburger Hochschulen auf Fördermittel von 36.344 Euro pro Professor gekommen – während der Bundesdurchschnitt bei 80.000 Euro gelegen habe.