Der Hamburger Hafen ist wieder auf Rekordkurs, in Nordwesteuropa schlägt er klar die Konkurrenz. International belegt der Port aber nur Rang 16. Sorgen macht sich die Branche um die Situation mit Russland.

Hamburg. Der Hamburger Hafen hat im ersten Halbjahr die Wettbewerber in Nordwesteuropa klar geschlagen. Der Güterumschlag legte im ersten Halbjahr um 6,6 Prozent auf 72,6 Millionen Tonnen zu, teilte die Marketing-Gesellschaft des Hafens am Montag in der Hansestadt mit. Der wichtige Containerumschlag im größten deutschen Seehafen erhöhte sich um 6,8 Prozent auf 4,8 Millionen Standardcontainer (TEU) – hier spielt vor allem China eine große Rolle. Die Konkurrenten von Rotterdam bis Bremerhaven schafften im Durchschnitt nur 2,7 Prozent plus. Damit habe der Hamburger Hafen seinen Marktanteil von 25,7 auf 26,7 Prozent ausbauen können.

Der bisherige Rekordumschlag des Hafens der Jahre 2007 und 2008 mit jeweils knapp 10 Millionen TEU kommt damit erstmals wieder in Reichweite. Allein die Zahl der Großcontainerschiffe mit mehr als 10 000 TEU Tragfähigkeit ist im ersten Halbjahr um 27 Prozent auf fast 250 gestiegen. Die Riesenfrachter sind damit im Hamburger Hafen zu einem alltäglichen Anblick geworden. Sie bringen vor allem Importgüter aus China und Fernost und transportieren Maschinen und andere Exportgüter nach Asien. Mehr als ein Drittel des Handels im Containerverkehr wird mit China abgewickelt.

Sorgen bereitet die Situation mit Russland

Sorgen bereitet den Hafenmanagern die Entwicklung in Russland. Der Containerumschlag mit dem zweitwichtigsten Handelspartner des Hafens ging im ersten Halbjahr um 3,8 Prozent auf 330 000 TEU zurück. „Und das hat mit Sanktionen noch gar nichts zu tun“, sagte Vorstand Ingo Egloff. Der Handelsrückgang sei auf die zunehmende Schwäche der russischen Wirtschaft, den Rubelkurs und die Inflationsgefahr zurückzuführen.

Von Sanktionen betroffen könnten rund 40 000 Container jährlich mit Lebensmitteln für Russland sein, die allerdings nicht alle aus der EU kommen, sondern teilweise nur durchgeleitet werden. Der Containerverkehr mit Ostsee-Anrainerstaaten legte insgesamt um 4,5 Prozent zu, vor allem dank eines Wachstums mit Polen um rund ein Drittel.

Handelsbeziehungen zu Russland werden weiter gepflegt

Der Hamburger Senat will die Handelsbeziehungen mit Russland und besonders mit St. Petersburg aber aufrechterhalten und stärken. „Die Gesamtsituation ist schwierig und die Lage schwer einzuschätzen“, sagte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos). „Aber wir zeigen dort Flagge und wir zeigen, dass uns die Handelsbeziehungen wichtig sind.“

Am Montag sollten rund 250 hochrangige Vertreter der Hafenwirtschaft in St. Petersburg an einem Hamburger Hafenabend teilnehmen. Aus der Hansestadt sollte unter anderem der Staatsrat in der Wirtschaftsbehörde, Bernd Egert, zu der Veranstaltung reisen.

Viele Baustellen im Hamburger Hafen

Für den Hamburger Hafen gibt es außerdem viele offene Baustellen. „Der Sanierungsbedarf in Hamburg ist da“, sagte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos). „In der Vergangenheit ist zu wenig getan worden.“ Auch deshalb sei es bei der Ankunft großer Containerschiffe mit mehreren tausend umzuschlagenden Containern zu Engpässen auf Straße und Schiene, Staus und Störungen der Logistik-Kette gekommen. Inzwischen habe sich die Lage entspannt, es bestehe aber weiter Optimierungsbedarf.

Angesichts der großen Containerschiffe werde die Vertiefung und Verbreiterung der Fahrrinne in der Elbe immer dringlicher, sagten die Sprecher einhellig. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheidet am 2. Oktober über die Klagen der Umweltverbände gegen das Projekt.

International liegt Hamburg nur auf Platz 16

Trotz der positiven Zahlen und des großen Marktanteils in Nordwesteuropa kann der Hamburger Hafen bei der internationalen Konkurrenz nur bedingt mithalten. Denn die Liste der zehn größten Containerhäfen der Welt liest sich wie ein Streifzug über eine chinesische Landkarte. Shanghai, Shenzhen, Hongkong, Ningbo, Qingdao, Guangzhou – allein sechs der globalen Top-Ten-Häfen im Jahr 2013 liegen im Reich der Mitte. Dazu kommen Singapur, das südkoreanische Busan und Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten, geht aus einer Übersicht des Informationsdienstes Alphaliner hervor.

Als einziger US-amerikanischer Hafen kann sich auf Rang neun Los Angeles/Long Beach unter den größten Ports behaupten. Und dazu gehört ein kleiner Trick, denn das sind eigentlich zwei Häfen. Weil sie direkt nebeneinander liegen, werden sie aber oft gemeinsam gezählt.

Von den europäischen Standorten taucht Rotterdam erst auf Platz zwölf auf, Hamburg ist weltweit auf Rang 16, Bremen findet sich nicht mehr in den Top 20. Das war vor 20 Jahren anders: Hamburg gehörte lange zu den größten Containerhäfen, Bremen stand auf Platz 10 oder 11.

Die asiatischen Häfen wachsen schneller

Doch die asiatischen – und speziell die chinesischen – Häfen sind in den vergangenen Jahren viel schneller gewachsen und haben die europäischen und amerikanischen Ports abgehängt. In Malaysia, Taiwan und Thailand sind zum Teil völlig neue, große Umschlagplätze entstanden. Die weltweiten Spitzenreiter Shanghai und Singapur schlagen mehr als 30 Millionen Standardcontainer (TEU) pro Jahr um, das ist mehr als das Dreifache des Volumens im Hamburger Hafen.

„Das spiegelt die wirtschaftliche Entwicklung Asiens wider“, sagt Daniel Hosseus, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS). „Es ist ja nicht so, dass die deutschen Häfen schrumpfen, sondern die asiatischen Häfen wachsen schneller.“ Die dortigen Standorte profitierten vom Wachstum der Volkswirtschaften in der Region und ihrer starken Exportorientierung.

„Auch der innerasiatische Handel hat enorm an Bedeutung gewonnen“, erklärt Prof. Jan Ninnemann, Experte für Seehafenwettbewerb an der Hamburg School of Business Administration. Diese Entwicklung dürfte sich fortsetzen. Das Marktforschungsinstitut Drewry erwartet in diesem Jahr für die chinesischen Häfen ein Wachstum von sieben Prozent, für die nordeuropäischen Ports dagegen nur zwei Prozent.

Branche: „Das sind keine Wettbewerber“

Anders als bei der Produktion von Gütern sind die Zuwächse bei den Häfen in Asien aber kein Indiz dafür, dass sie innovativer, schneller oder wettbewerbsfähiger wären. „Das sind keine Wettbewerber“, sagt Hosseus. „Wir konkurrieren regional, mit Häfen wie Rotterdam oder Antwerpen.“ Die Hafenentwicklung sei abgeleitet aus dem Wachstum der Handelsströme.

Branchenbeobachter Ninnemann glaubt auch nicht, dass die asiatischen Häfen technologisch vorn sind. Der Innovationsdruck sei in Europa wegen der begrenzten Flächen und höheren Arbeitskosten sogar stärker als in Asien. Die europäischen Häfen – allen voran Rotterdam und Hamburg – investierten kräftig in den Ausbau ihrer Infrastruktur, um irgendwann auch einmal asiatische Dimensionen zu erreichen.