Die Hamburger Schura äußerte sich am Freitag zu dem Terror im Irak. In einer Erklärung spricht der Rat, der islamischen Gemeinschaft, der USA eine Mitverantwortung aus.
St. Georg. Erstmals hat sich die Hamburger Schura – der Rat der Islamischen Gemeinschaften – öffentlich zur Verfolgung und Vernichtung der Christen und Jesiden im Irak geäußert. In einer Erklärung verurteilen die Muslime die „barbarischen Handlungen“ der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS). Was diese Terroristen tun, widerspreche den Werten des Islam wie den universellen Menschenrechten, sagte Schura-Vorstandsmitglied Abu Ahmed Jakobi. Wer andere Menschen wegen ihres Glaubens verfolge, ihre Religionsausübung verbiete und ihre religiösen Stätten zerstöre, dürfe sich nicht auf den Islam berufen, betonte der Schura-Beauftragte für den interreligiösen Dialog in der Hansestadt.
Schura-Vorstand Norbert Müller warnt vor Waffenlieferungen
Vor einigen Tagen hatte bereits eine andere muslimische Organisation den Terror im Irak verurteilt. „Alle Muslime und die gesamte Menschheit sind gefordert, sich diesen unmenschlichen Übergriffen und Brutalitäten mit einer gemeinsamen, starken Stimme entgegen zu stellen“, heißt es einer Stellungnahme der Türkisch-Islamischen Anstalt für Religion (Ditib). Während die Ditib in ihrer Erklärung auf die möglichen Ursachen des Terrors nicht eingeht, macht die Schura in Hamburg die Vereinigten Staaten mit verantwortlich. Für die Entstehung der Terrormilizen spiele die „Invasion der USA“ im Jahr 2003 und „die danach erfolgte Zerstörung staatlicher Infrastruktur des Irak eine große Rolle“, heißt es.
Schura-Vorstandsmitglied Norbert Müller warnte vor Waffenlieferungen in diese Krisenregion. „Ich bin skeptisch, weil nicht zu kontrollieren ist, in welche Hände die Waffen gelangen könnten“, sagte Müller dem Abendblatt. Wichtiger sei es, keine Waffen mehr nach Saudi-Arabien zu liefern. Denn dieses Land unterstützte die Dschihadisten. Kürzlich hatte die Schura die Bundesregierung aufgerufen, „die direkte und indirekte finanzielle und militärische Unterstützung des IS und ihrer Verbündeten einzustellen und ihnen gegenüber eine eindeutig ablehnende Haltung einzunehmen“. In Deutschland dürften nicht die wirtschaftlichen Interessen durch den Export von Waffen im Vordergrund stehen.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hatte die religiösen Führer des Islam zu einem „Zeichen des Friedens“ gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat aufgerufen. Zwar sei der Islam nicht mit der Terrorgruppe gleichzusetzen, erklärte der Erzbischof bei seiner Predigt zu Mariä Himmelfahrt in München. „Aber da höre ich zu wenig, dass die religiösen Führer der Schiiten und der Sunniten sich zusammentun und öffentlich und wirksam sagen: niemals Gewalt im Namen Gottes, niemals Mord im Namen Gottes, niemals Unterdrückung im Namen Gottes.“
Dass die Erklärung der Hamburger Schura zu Terror und Gewalt im Irak und Syrien erst jetzt erfolge, begründete Fathi Yildiz, stellvertretender Schura-Vorsitzender, mit einer „zeitlichen Überforderung“. Gerade die Vorbereitung des gemeinsamen Religionsunterrichts mit der evangelischen Kirche, der alevitischen und der jüdischen Gemeinde binde die Kapazitäten der ehrenamtlichen Mitarbeiter. Ein mehrjähriger Modellversuch zum Fach Religion soll im neuen Schuljahr starten.
Der von dem Arzt Mustafa Yoldas geleitete Rat der Islamischen Gemeinschaften bereitet derzeit eine Fachtagung über die Radikalisierung von Jugendlichen vor. Dabei gehe es um Salafismus, Dschihadismus und die Ausreise einzelner Personen nach Syrien und den Irak, die dort an Kämpfen teilnehmen. Als Religionsgemeinschaft müsse man deutlich machen, dass es sich hier um „gefährliche Verirrungen“ handele. In der Hansestadt leben rund 130.000 Muslime. Sie werden durch die Schura, die Ditib und den Verband der Islamischen Kulturzentren vertreten. Dazu kommen 50.000 Aleviten.