50 neue Jobs bei der HHLA auf dem Burchardkai. Vorstand und Betriebsrat verkehren nur noch schriftlich miteinander. Spediteure legen Pan für schnellere Abwicklung der Container vor.

Hamburg Was ist bloß bei der HHLA los? Seit rund zwei Jahren bekämpfen sich der Gesamtbetriebsratschef Norbert Paulsen und der Vorstand. Es geht um Arbeitsabläufe, -zeiten und um Wertschätzung der Mitarbeiter. HHLA-Chef Klaus-Dieter Peters und Paulsen kommunizieren fast nur noch schriftlich miteinander.

Anfang Juli eskalierte der Konflikt, weil HHLA-Mitarbeiter am Burchardkai eine Schicht nur sehr ungenügend abfertigten. Das führte dazu, dass die HHLA damit den Güterverkehr der Bahn erheblich störte. Es kam zu einer Krisensitzung mit Bahnchef Rüdiger Grube, der die HHLA heftig kritisierte. Jetzt will der Umschlagbetrieb 50 weitere Mitarbeiter am Burchardkai einstellen.

Da zu dieser Zeit die Weltmeisterschaft stattfand, kam der Verdacht auf, die Beschäftigten seien wegen der Fußballspiele der Arbeit ferngeblieben. Diesen Vorwurf rückte Heinz Brandt, Personalchef der HHLA, jedoch in einer Pressemitteilung zurecht: „Für die handelnden Unternehmen folgen aus den immer weiter wachsenden Mengenspitzen große betriebliche Herausforderungen, für die Mitarbeiter entstehen deutliche Belastungen.

Unsere Mitarbeiter haben sich diesen Herausforderungen in der Vergangenheit engagiert und hoch professionell gestellt. Alles Gerede über angebliche Bummelstreiks oder gar ,Krankfeiern‘ im Zusammenhang mit der Fußball-Weltmeisterschaft weist der HHLA-Vorstand entschieden zurück.“

Dennoch haben Peters und weitere Vorstände nun einen offenen Brief an das Betriebsratsgremium geschickt. Darin wehrt sich der Chef gegen den Vorwurf von Paulsen, dass die „Unternehmensleitung ohne Rücksicht auf Verluste den einmal eingeschlagenen Weg (bei der Arbeitsorganisation) durchsetzen“ wolle. Auch gegen die Kritik, dass die Unternehmensleitung „Schuldige für ihr eigenes Versagen suche“ will Peters nicht gelten lassen. Konkret geht es um die Abfertigung der Container am Burchardkai.

Der Aufwand ist in den vergangenen Jahren immens gestiegen. Wurden im ersten Halbjahr 2008 noch knapp 4000 Container abgefertigt, sind es jetzt bereits 6500 Boxen je Schiff. Öffentlich hat sich Peters selbst trotz der massiven Vorwürfe wegen der liegen gebliebenen Container noch nicht in der Öffentlichkeit geäußert, obwohl das Problem längst nicht nur die HHLA betrifft, sondern ganz Deutschland, falls der Zeitplan für die Abfertigung der Schiffe nicht eingehalten wird. Denn die meisten Container, die in Hamburg ankommen, werden mit der Bahn an ihre Bestimmungsgebiete transportiert.

Die stolzen Hafenarbeiter wüssten möglicherweise schon, wie ihre Arbeit organisiert werden könnte. Doch laut Paulsen werden sie nicht eingebunden. „Es wird von oben herab dirigiert, und zwar mit der Brechstange“, sagt er. Die 50 neuen Mitarbeiter könnten die Lage am Burchardkai vermutlich entschärfen, aber den Zwist zwischen dem HHLA-Chef und dem Betriebsrat wohl nicht. Das Tuch ist längst durchschnitten.

Paulsen spricht von „hausgemachten Problemen“ bei dem Unternehmen. „Viele Zugverbindungen vom und zum Hamburger Hafen mussten gestrichen werden, weil der Burchardkai diese Mengen an Containern nicht mehr meistern kann. Die Schuldverschiebung auf eine angeblich bockige Belegschaft passiert nicht das erste Mal“, schrieb er in einem Brief an die Belegschaft. „Die Unternehmensleitung sucht offensichtlich einen Schuldigen für ihr eigenes Versagen.“ Laut Paulsen seien in letzter Zeit erfahrene Führungspositionen auf dem Terminal ausgetauscht worden.

Auch Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) hat sich bereits eingeschaltet. Mit Selbstkritik tue sich die HHLA manchmal schwer, sagte er in einem Interview des Abendblatts. „Außerdem muss bei der HHLA eine Kommunikationskultur von innen nach außen entwickelt werden, mit der Abfertigungsprozesse verbessert werden“, sagte Horch. Zur Frage, ob der Vertrag mit Peters über 2016 hinaus verlängert werden müsse, sagte er nichts.

Wenn es bei der HHLA brennt, ist auch das Speditionsgewerbe betroffen. Die Lkw müssen dann stundenlang am Buchardkai warten, ehe sie ihre Fracht übernehmen können, die Güterbahn kann ihren Streckenfahrplan nicht einhalten. Der Verein Hamburger Spediteure (VHSp) hat wegen der sich verschärfenden Lage im Hamburger Hafen einen Zwölfpunkteplan vorgelegt, „um den Hamburger Hafen wieder in ruhigeres Fahrwasser zu bringen“.

Unter anderem fordern die Unternehmen flexiblere Schichtwechsel, eine „Überholspur“ für vorangemeldete Fahrzeuge, eine Entlastung der Hafenstraßen durch alternative Verkehrsmittel, den Bau einer südlichen Anbindung zum Güterverkehrszentrum Altenwerder sowie die rasche Beseitigung von Funklöchern im Hamburger Hafen. Ihre Forderungen haben sie bereits der Wirtschaftsbehörde vorgelegt. „Wir wollen eine lösungs- und nicht interessensgetriebene Diskussion anstoßen, an deren Ende eine kurzfristige Realisierung der im Konsens abgestimmten Maßnahmen stehen muss“, so Vereinschef Johann P. Schryver.

Leidtragende der Abfertigungsengpässe seien die Kunden des Hafens. „Und denen ist es gleichgültig, ob nun schlechtes Wetter auf den Weltmeeren, Platzmangel oder unzureichende Personalausstattung ursächlich für die Probleme sind“, argumentieren die Spediteure. Und weiter: „Oberstes Ziel muss es sein, den Standort Hamburg für die Zukunft leistungsfähig und attraktiv für die verladende Wirtschaft zu gestalten. Die Hinterlandanbindung muss planbarer und damit auch wieder tragbarer für die Hafenkunden werden.“