Die Bürgerschafts-Abgeordnete Stefanie von Berg kritisiert, dass Inklusionskinder nachmittags nicht gut betreut werden. Nur 250 Jungen und Mädchen mit sonderpädagogischem Förderbedarf nutzen die Angebote.

Hamburg Als ob es nicht schon genug Probleme mit der Organisation und dem Unterricht von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an den allgemeinen Schulen gibt. Jetzt stellt sich heraus, dass die Inklusion auch als Teil der Ganztagsbetreuung an Grundschulen (GBS) auf Hindernisse stößt.

Offensichtlich melden viele Eltern ihre Kinder mit Defiziten in den Bereichen Lernen, Sprache oder emotionale und soziale Entwicklung (LSE) sowie mit körperlichen Behinderungen nicht für die kostenlose Betreuung am Nachmittag an. Aus der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Stefanie von Berg ergibt sich, dass nur rund 250 Inklusionskinder das Angebot an den GBS-Grundschulen nutzen. Die Zahl der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf liegt deutlich darüber, auch wenn umstritten ist, ob die mehr als 3000 Jungen und Mädchen mit einem gemeldeten Förderbedarf auch tatsächlich in diese Kategorie fallen.

Eltern kritisieren, dass die gezielte Förderung, die die Kinder mit speziellen Defiziten benötigen, am Nachmittag häufig nicht geleistet werde. „Es fehlt zum Beispiel eine qualifizierte Hausaufgabenbetreuung“, sagt eine Mutter, die ihren Namen nicht nennen möchte. Die Erzieher, die am Nachmittag zum Einsatz kämen, seien bei Gruppengrößen von 19 Kindern vielfach überfordert und nicht imstande, etwa ein Kind mit Sprach- oder Lernproblemen gezielt zu fördern. Aus Sicht der Mutter wäre der Einsatz von Heilpädagogen sinnvoll. „Aber der Markt ist derzeit leergefegt“, sagt die Frau.

Die Mutter kritisiert auch, dass es häufig keine Rückzugsräume für die Inklusionskinder am Nachmittag gebe. „Manches wäre zudem besser, wenn es einen Austausch zwischen den Betreuern am Vormittag und denen am Nachmittag gäbe“, so die Frau. Doch die Information, welche konkrete Unterstützung ein Kind gerade benötige, werde häufig nicht weitergegeben.

„Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf haben einen Anspruch auf eine qualitativ hochwertige Betreuung, die nicht nur in der Ausstattung, sondern auch konzeptionell die besonderen Bedürfnisse dieser Kinder in den Blick nimmt“, sagt Stefanie von Berg. „Die Eltern sehen sehr wohl, dass die gute Betreuung am Nachmittag noch nicht gewährleistet ist und melden ihre Kinder daher gar nicht erst an“, vermutet die Grünen-Politikerin und führt die geringen Teilnahmezahlen als Beleg an.

„Es ist immer das erklärte Ziel der Grünen gewesen, zusammen mit dem Ganztag auch inklusive Konzepte für den Nachmittag zu entwickeln“, sagt von Berg. Der Senat weist in seiner Antwort auf die Grünen-Anfrage jedoch nur allgemein darauf hin, dass das Thema Inklusion „eine Entwicklungsaufgabe für die konzeptionelle Weiterentwicklung (ist), um z. B. das Wissen aus der pädagogischen Arbeit mit inklusiv zu beschulenden Kindern aus dem Vormittag in ein ganztägiges Betreuungssystem zu integrieren“.

Die Zusammenarbeit zwischen den Kooperationspartnern am Nachmittag, also den GBS-Trägern, und den Grundschulen sowie „die Weiterentwicklung von tragfähigen Strukturen“ befänden sich an vielen Standorten noch „im Aufbau“. Zurzeit würden „Qualitätsdimensionen mit dem Landeselternausschuss und der Elternkammer“ erarbeitet, schreibt der Senat eher unbestimmt.

Von Berg reicht das nicht und drückt aufs Tempo: „Wir fordern den Senat dringend auf, hier steuernd einzugreifen, damit wenigstens zur nächsten Anmelderunde im Februar 2015 die Konzepte der GBS-Träger vorliegen.“ In einem Bürgerschaftsantrag, der nach den Sommerferien beraten werden soll, fordern die Grünen den Senat außerdem auf, bis zum zweiten Halbjahr des kommenden Schuljahrs die Qualitätsstandards für die Inklusion am Nachmittag festzusetzen.