Alexander Otto unterstützt mit gleich mehreren Stiftungen Sport, Kultur, Medizin und Gesellschaft. Gerade begann der von ihm geförderte Umbau der Kunsthalle. Ein Gespräch darüber, was den Hamburger Mäzen antreibt.
Er verhilft der Hamburger Kunsthalle zu neuem Glanz, fördert den Breitensport, Kultur sowie Medizin in der Hansestadt und engagiert sich für mehr Leben in Innenstädten: Alexander Otto – jüngster Sohn des Versandhaus-Gründers Werner Otto und Chef des Einkaufszentrumsbetreibers ECE – ist ein vielseitiger Förderer. Vor wenigen Tagen hat der von ihm geförderte Umbau der Hamburger Kunsthalle begonnen. Das Abendblatt sprach mit Alexander Otto – darüber, was ihn als Stifter antreibt.
Hamburger Abendblatt:
Herr Otto, Sie bauen mit Ihrer Frau gemeinsam die Kunsthalle für 15 Millionen Euro um. Wie entstand die Idee? Was ist ihre persönliche Beziehung zur Kunsthalle?
Alexander Otto: Meine Frau und ich sind seit unserer Jugend Fans der Kunsthalle. Ich bin bereits als Teenager immer gern hingegangen. Mich haben damals schon die alten Meister fasziniert. Zu denen hatte ich immer einen besonderen Bezug. Gerade in den vergangenen Jahren haben wir einige Ausstellungen gefördert. Dadurch haben meine Frau und ich die Kunsthalle noch einmal ganz anders erlebt und gesehen, dass es räumlich doch einigen Optimierungsbedarf gibt.
Zum Beispiel?
Otto: Die Eingangssituation ist etwas schwierig. Vom Bahnhof kommend, hat man nicht sofort den Zugang zur Kunst, sondern muss erst komplizierte Wege gehen, um überhaupt in die Ausstellung zu kommen. Auch die Verbindungen zwischen den Gebäudeteilen sind nicht gut. Der Kunsthallen-Direktor Prof. Hubertus Gaßner hat dann die Idee an uns herangetragen, den Eingang am historischen Gründungsbau an der Seite in Richtung Alster wieder herzustellen. Davon waren meine Frau und ich gleich begeistert – und sukzessive hat die Idee dann immer mehr Fahrt aufgenommen. Wie das bei solchen Bauprojekten immer ist – das war ursprünglich deutlich kleiner konzipiert ...
Was kam dazu?
Otto: Wir haben gesehen, dass es auch erheblichen Bedarf in einigen Sammlungsräumen gibt und diese die Kunst nicht mehr so schön präsentieren. So sind neue Böden, neue Wände und eine neue Beleuchtung nötig. Mich freut es wirklich, dass meine Frau und ich das Projekt unterstützen können. Denn das ist eine Chance, ein so zentrales Museum für Norddeutschland mit der höchsten Besucherzahl auf Vordermann zu bringen und hier helfen zu können.
Wussten Sie vorher, dass der Eingang einmal am anderen Ende des Museums war?
Otto: Nein, das habe ich erst im Laufe der Gespräche erfahren. Aber ich fand das faszinierend und habe mich gleich gefragt, wie das zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts wohl war. Der Eingang wurde ja bereits seit 1919 nicht mehr genutzt. Die ganze Idee macht – denke ich – Sinn.
Haben Sie ein Lieblingsgemälde in der Kunsthalle?
Otto: Es gibt einige, die ich besonders schön finde. Aber aus dem 17. Jahrhundert gibt es ein Bild vom holländischen Genremaler Pieter de Hooch mit dem Titel „Der Liebesbote“. Das mag ich wirklich sehr. Wir haben einmal eine Ausstellung rund um das Gemälde gefördert und auch die Restaurierung unterstützt. Das ist ein sehr interessantes Bild, weil es zu einem Zeitpunkt gemalt wurde, als der Fokus nicht mehr so stark auf religiösen Motiven lag, sondern auf der zwischenmenschlichen Interaktion. Es zeigt eine junge Frau, die einen Brief von ihrem vermeintlichen Geliebten erhält. Das Bild zeigt die Zweideutigkeit der Gesellschaft.
Das werden wir uns beim nächsten Besuch der Kunsthalle auf jeden Fall näher anschauen.
Otto: Ja, das müssen Sie machen. Aber es gibt noch viele weitere wunderschöne Gemälde ...
Gibt es ein besonderes Erlebnis, dass Sie mit der Kunsthalle verbinden?
Otto: Ich bin das erste Mal mit der Schulklasse – in der zweiten Klasse – in der Kunsthalle gewesen. Vielleicht war ich auch so fasziniert, weil ich selber kein großes künstlerisches Talent habe. Vielleicht hatte ich deshalb auch besonders früh eine große Bewunderung für die Malerei. Zwischen der eigenen Leistung und den Gemälden war ein so großer Unterschied.
Und Ihre Eltern, spielten die dabei auch eine Rolle?
Otto: Ja, natürlich. Meine Eltern sind auch sehr kunstinteressiert. Die ganze Familie eigentlich. Jeder hat so seinen eigenen Schwerpunkt. Mein Vater war besonders an Expressionisten interessiert. Emil Nolde war sein Lieblingsmaler. Also ihn begeisterte schon eine etwas andere Zeit ... Aber Kunst war immer wieder ein Thema in unseren Gesprächen.
Sie engagieren sich ja wirklich vielseitig – für die Kunst, den Sport oder auch die Gesundheit. Andere Mäzene konzentrieren sich auf ein Thema. Ist das Ihr Prinzip – auf ganz unterschiedliche Projekte zu setzen?
Otto: Bei der Stiftungsarbeit ist ein gewisser Fokus schon wirklich wichtig. Ich fördere eben mit drei ganz unterschiedlichen Stiftungen. Aber ich glaube, die sind an sich schon sehr fokussiert und sehr gut in ihren Themenfeldern. Mir ist es dabei sehr wichtig, in den entsprechenden Themen, Gremien und Kuratorien kompetente Menschen zur Seite zu haben. Ich möchte nicht alles allein entscheiden. Aber ich habe natürlich Spaß daran, etwas aktiv mitzugestalten. Es ist mir wichtig, nicht nur Geld zu geben, sondern wirklich nachhaltig mit dabei zu sein.
Kennen Sie jedes Projekt, das Ihre Stiftungen gefördert haben, selbst?
Otto: Normalerweise ja. Nur bei der Sportstiftung, die ja teilweise auch sehr kleine und aktuelle Projekte – wie etwa die Beschaffung von Turnmatten – fördert, kann das der Vorstand bis zu einer bestimmten Grenze selbst entscheiden. Hier hat schnelle Hilfe Vorrang. Aber die größeren Projekte entscheiden wir immer gemeinsam mit Vorstand und Kuratorium.
Haben Sie besondere Kriterien?
Otto: Ja, wir haben bei den Stiftungen eine Reihe von Kriterien, nach denen wir entscheiden, was wir fördern wollen. Das sind in der Regel neue Ansätze, beispielhafte Ideen, von denen andere etwas lernen können. So wollen wir mit der Sportstiftung beispielsweise vermeiden, zum wiederholten Male einen Kunstrasenplatz zu fördern – obwohl es da zweifellos Bedarf gibt.
Was fördern Sie zum Beispiel?
Otto: Das sind manchmal auch ganz kleine Projekte, wie etwa die Förderung von Radfahrunterricht. Man denkt erst einmal gar nicht, dass so etwas überhaupt notwendig ist, weil Kinder das mit ihren Eltern doch ohnehin lernen. Aber das ist nicht in jedem Stadtteil selbstverständlich. Manche Eltern nehmen sich die Zeit nicht oder können sich kein Fahrrad leisten. Manchmal sind es ganz kleine Programme, die einen riesigen Effekt haben – und wahnsinnig Spaß machen zu fördern.
Wie sehr trifft Sie das derzeit niedrige Zinsniveau als Stifter?
Otto: Kaum – oder gar nicht, weil meine Stiftungen nicht so sehr durch das Stiftungskapital leben, sondern durch Spenden von mir. Bei der Sportstiftung haben wir dazu die Besonderheit, dass das Stiftungskapital die Volksbank Arena ist und aus einem Großteil von deren Einnahmen neue Projekte gefördert werden. Dadurch ist die Stiftung unabhängig vom aktuellen Zinsniveau und hat langfristig Planungssicherheit. Aber für viele Stiftungen ist das ein wirkliches Problem, wenn in den Statuten steht, dass das Stiftungskapital konservativ angelegt werden muss. Dann kommt selbst bei einem hohen Kapital bei Zinsen von teilweise unter einem Prozent nur sehr wenig heraus. Ich glaube, dass es für Stiftungen immer wichtiger wird, das Geld sehr diversifiziert anzulegen.
... also das Geld auch in Aktien anzulegen?
Otto: Warum nicht? Wenn man eine gewisse Größenordnung hat und das Geld streut ... Warum sollte eine gute Geldanlage bei einer Stiftung anders aussehen als bei einer Versicherung oder einer Pensionskasse?
Wie oft bekommen Sie persönlich Bitt-Briefe? Wie reagieren Sie darauf?
Otto: Das passiert natürlich vielfältig. Aber ich gebe das jeweils an meine Stiftungen weiter – und wir schauen dann: Wie passt das? Wie nachhaltig ist das? Und ganz wesentlich: Wie hoch ist das Eigenengagement?
Wie oft sind Sie als Stifter schon enttäuscht worden? Haben Sie sich schon einmal richtig geärgert über ein Projekt?
Otto: Richtig geärgert habe ich mich noch nicht. Ich bin ein recht gelassener Mensch und ärgere mich nicht so schnell. Aber wir haben schon Projekte gehabt, bei denen wir Fördermittel zugesagt haben – und die dann nachher nicht abgerufen wurden. Da zerstreiten sich mal Initiatoren oder zugesagte eigene Mittel können nicht aufgebracht werden. Das ist dann natürlich schade.
Und umgekehrt: Woran erinnern Sie sich besonders gern?
Otto: Da gibt es viele kleine Dinge aus dem Sportbereich, bei denen ich immer wieder sehe, wie man mit wenig Geld den Menschen eine wirklich große Freude bereiten kann. Aber was auch ganz toll war: Mit der Stiftung „Lebendige Stadt“ haben wir die Illumination von Bahnunterführungen in ganz Deutschland gefördert. Das klingt jetzt nicht so spektakulär. Alle 32 Unterführungen waren vorher eher beklemmende Orte, die eine städtebauliche Trennung dargestellt haben und bedrohlich wirkten. Aber da sind so wunderbare Lichtkunstwerke herausgekommen. Da erinnere ich mich gern dran.
Müssten sich mehr wohlhabende Hamburger für Ihre Stadt engagieren? Wie sehen Sie die Entwicklung?
Otto: Hamburg ist die Hauptstadt der Stiftungen. Es ist toll zu sehen, wie viele Menschen sich hier engagieren. Die Bereitschaft zu ehrenamtlichem Engagement ist hier sehr ausgeprägt – nicht nur bei wohlhabenden Menschen.
Was würden Sie als Mäzen gern in der Stadt verbessern?
Otto: Es gibt schon ein paar Dinge, die wir von anderen Städten lernen können. Bei Thema Fahrradfreundlichkeit etwa können wir uns noch viel von Kopenhagen abschauen. Überhaupt wird das Thema Verkehr und Mobilität eine große Herausforderung in den kommenden Jahren für Hamburg. Das mache ich auch mit der Stiftung „Lebendige Stadt“ zum Thema im Rahmen eines Kongresses im September in Essen.
Diese Stiftung ist ja ein Engagement Ihrer Firma ECE. Ist das ein Ersatz für die „Kraft“, die manchen Innenstädten durch Einkaufszentren an den Randlagen entzogen wurde? Versucht ECE da etwas zurückzugeben? Oder was ist der Impuls für diese Förderung?
Otto: Die Stiftung engagiert sich völlig unabhängig von den Aktivitäten der ECE. Da haben wir einen strengen Code of Conduct. Das heißt: Die Förderung ist völlig unabhängig von Orten, an denen ECE investiert hat. Das Thema der Innenstadtentwicklung steht da nicht im Fokus und die Stiftung hat keinerlei Werbecharakter. Unabhängig davon ist natürlich meine persönliche feste Überzeugung, dass Einkaufszentren sehr belebend sind für die Innenstadt und sehr positiv wirken. Ich fürchte, derzeit wird den Innenstädten viel mehr Leben durch den boomenden Internethandel entzogen als durch Einkaufszentren.
Das Thema Olympia bewegt die Stadt: Wie stehen Sie dazu?
Otto: Ich würde es natürlich toll finden, wenn die Olympischen Spiele in Hamburg ausgerichtet würden. Ich glaube, das bringt einer Stadt immer einen unheimlichen Schub. Allein schon die Bewerbungsphase bringt sie nach vorn. Was heute aber ganz wichtig ist: Die Menschen müssen wirklich dahinter stehen. Man muss versuchen, die Bürger von Anfang an mitzunehmen, zu informieren und miteinzubeziehen. Es wäre schade, wenn man viele Jahre in so ein Projekt investiert und es nachher keine Unterstützung der Menschen in der Stadt findet. Sonst wäre das Engagement umsonst.
Wie müssen die Olympischen Spiele aussehen, damit die Bewerbung in Hamburg eine breite Unterstützung bekommt?
Otto: Bei den Spielen selbst muss es ein Umdenken geben. Aber der Prozess hat beim IOC ja auch bereits eingesetzt: Die Spiele dürfen nicht länger Wettbewerb des Gigantomatismus sein. Es dürfen nicht immer größere Sportanlagen entstehen, für die es dann nachher keine Verwendung mehr gibt.
Werden Sie sich für die Olympia-Pläne engagieren?
Otto: Ich persönlich kann mir auf jeden Fall vorstellen, mich dafür zu engagieren. Auch mit meiner Sportstiftung. Und in den Einkaufszentren können wir gerne über das Olympia-Projekt informieren und dafür werben.
Sport fördern ist das eine – Sport treiben etwas anderes: Was treiben Sie selbst an Sport?
Otto: Ich halte mich fit durch Jogging. Das versuche ich zwei- bis dreimal pro Woche zu machen. Ich spiele Tennis in der Mannschaft – das beschäftigt mich gerade fast jedes Wochenende. Außerdem spiele ich gern Fußball und fahre leidenschaftlich Ski. Einmal im Jahr tragen wir mit Mitarbeitern der ECE einen Ski-Cup aus. Das macht Spaß. Letztes Mal habe ich es sogar aufs Treppchen geschafft.