Mitbewerber verabschieden sich aus Konzessionsverfahren. Die städtische Stromnetz Hamburg GmbH kündigt Investitionen von mehr als 160 Millionen Euro pro Jahr an. FDP warnt vor Preissteigerungen.

Hamburg. Allen früheren Warnungen vor jahrelangen Gerichtsverfahren zum Trotz: Die neue städtische "Stromnetz Hamburg GmbH" hat die für 2015 neu ausgeschrieben Konzession für das Hamburger Stromnetz schon jetzt sicher. Die bisherigen Mitbewerber, darunter E.on Hanse und das niederländische Unternehmen Alliander zusammen mit einer Genossenschaft, haben sich allesamt aus dem Bewerbungsverfahren verabschiedet. Das bestätigte die für das Konzessionsverfahren zuständige Stadtentwicklungsbehörde am Dienstag. Damit ist klar, dass die nach dem erfolgreichen Volksentscheid vollständig von der Stadt übernommene Stromnetz Hamburg GmbH das 27.500 Kilometer lange Hamburger Stromnetz auch in den kommenden Jahren betreiben wird.

Dabei geht der städtische Netzbetreiber gleich mit einer erfreulichen Zahl ins erste Geschäftsjahr: Die durchschnittliche Dauer von Stromausfällen pro Jahr und Kunden wird im laufenden Jahr mit knapp sieben Minuten laut Prognosen geringer ausfallen als in früheren Jahren. Das liegt allerdings weniger an der Arbeit des Netzunternehmens, sondern in erster Linie am milden Winter, wie der neue Sprecher und Technik-Geschäftsführer Dietrich Graf bei der Präsentation der Stromnetz Hamburg einräumte.

Erstmals stellte das neue städtische Unternehmen, das seit dem Kauf des Netzes von Vattenfall mit rund 1000 Mitarbeitern die Stromleitungen der Stadt bewirtschaftet, seine Pläne für die kommenden Jahre vor. "Wir werden einen Richtungs- und Strategiewechsel einleiten", sagte der kaufmännische Geschäftsführer Christian Heine. Es gehe dem neuen Unternehmen nicht um Profitmaximierung, sondern um die nachhaltige Pflege und Modernisierung der Infrastruktur. Das Hamburger Stromnetz und die dazu gehörigen Anlagen seien zu großen Teilen zwischen 1960 und 1975 entstanden und damit relativ alt, so Heine. Daher seien umfassende Investitionen nötig. Mehr als 160 Millionen Euro pro Jahr sollten bis 2018 investiert werden.

Neben Instandhaltung und Modernisierung stehen auch zahlreiche Großprojekte an. So soll in Francop bis 2016 für rund 3,6 Millionen Euro ein Wind-Umspannwerk entstehen, und in Altona wird bis März 2015 eine 1,5 Kilometer lange Kabeltrasse für die Landstromversorgung von Kreuzfahrtschiffen gelegt. Dadurch soll die Belastung durch Schiffsabgase deutlich reduziert werden. Für satte 23 Millionen Euro wird zudem bis 2019 eine Schaltanlage im Hauptverteilwerk West erneuert. Ob sich die hohen Investitionskosten auf die Netzentgelte und damit auch auf den Strompreis auswirken, ist derzeit noch unklar.

Neben ihren Investitionsplänen stellte die GmbH am Dienstag auch ihr neues geschwungenes rot-blaues Logo vor, das künftig auch die Fahrzeuge der Servicegesellschaften schmücken wird. Technik-Geschäftsführer Graf kündigte an, dass der Fuhrpark von rund 450 Fahrzeugen zu einem Fünftel auf Elektroautos umgestellt werde.

Für Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit sollen künftig ein Kundenbeirat und ein Stromnetzbeirat die Arbeit des Unternehmens begleiten. Beide sollen zweimal jährlich tagen. Im Stromnetzbeirat sollen Vertreter der Bürgerschaftsfraktionen und der Volksinitiative "Unser Hamburg – Unser Netz" sitzen, die den Rückkauf der Netze per Volksentscheid durchgesetzt hatte. "Wenn den heute angekündigten Unternehmenszielen auch konkrete Taten folgen, sind wir in Hamburg auf einem sehr guten Weg. Der Volksentscheid hat die notwendigen Weichen gestellt, um die Energiewende und den Klimaschutz voranzubringen", sagte Manfred Braasch, Geschäftsführer des Umweltverbandes BUND und Mitinitiator des Volksentscheids.

Dazu gehöre insbesondere die zukünftige "Netzsteuerung unter Einbindung von Netzzustands- und Verbrauchsdaten", so Braasch. Wichtig werde es zudem sein, die Synergien im Verbund mit den anderen öffentlichen Unternehmen wie HamburgWasser zu nutzen.

Auch die SPD-Fraktion äußerte sich lobend. "Die Hamburger Stromnetzgesellschaft ist erst fünf Monate in den Händen der Stadt und zeigt schon jetzt mit ersten Investitions- und Maßnahmenplänen, dass sie ihr Geld wert ist und einen wertvollen Beitrag zu Daseinsvorsorge, Klimaschutz und Energiewende leistet", sagte Umweltpolitikerin Monika Schaal. Das Unternehmen leiste "sehr viel für die Versorgungssicherheit und Energiewende in der Stadt". Die FDP-Fraktionschefin Katja Suding warnte dagegen am Dienstag vor höhern Kosten für die Hamburger Stromkunden.

Die Stadt hatte das Stromnetz zu Jahresbeginn von Vattenfall für einen vereinbarten Mindestpreis von 495 Millionen Euro übernommen. Der tatsächliche Preis wird derzeit von Gutachtern ermittelt und soll innerhalb der nächsten vier Wochen feststehen.

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