Der 46-jährige, der bei einem Heimspiel des FC St. Pauli einen Becher gegen einen Schiedsrichterassistenten geworfen haben soll, steht erneut vor Gericht. Zeugen können sich kaum erinnern.

Hamburg. Auch im Berufungsprozess hat der Fußballfan, der bei einem Heimspiel des FC St. Pauli in Hamburg einen Becher gegen einen Schiedsrichterassistenten geworfen haben soll, keine Aussage gemacht. Der 46-Jährige stand am Dienstag erneut vor Gericht.

Der Mann war 2011 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 12.000 Euro – ausgesetzt zur Bewährung – und einer Geldbuße von 3000 Euro verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte legten Berufung ein.

Die Kammer hörte am Dienstag Stadionbesucher, einen Ordner und Polizisten als Zeugen an, die sich an das Geschehen vor drei Jahren kaum noch erinnern konnten.

Ein Stadionbesucher berichtete, wie er den Angeklagten bei dem Becherwurf gesehen habe. „Der Mann hat den Becher frustriert geworfen, wie so einen Aktenordner durchs Büro“, sagte der 56-Jährige. An viele Details habe der Zeuge keine Erinnerung mehr. „Das Urteil hat mich damals erschüttert, weil so ein Frustwurf gefährliche Körperverletzung sein soll.“

Ein weiterer Stadionbesucher, ein 71-jähriger Rentner, sagte: „Ich habe den Becher aus den Augenwinkeln fliegen sehen.“ Wer der Werfer gewesen sei, habe er nur schlussfolgern können.

Die Vorsitzende Richterin ließ eine Fernsehübertragung des Fußballspiels zeigen. Als der TV-Kommentator den Becherwurf scharf verurteilte, starrte der Angeklagte ausdruckslos vor sich hin.

Für den Familienvater geht es um mehr als den rein strafrechtlichen Aspekt: Dem FC St. Pauli ist durch den Becherwurf nach eigenen Angaben ein Schaden von über 400.000 Euro entstanden. Das Spiel wurde damals abgebrochen. Der Verein warte das Urteil ab und berate danach, ob er Schadensersatz fordere. Das teilte ein Sprecher vor Prozessbeginn mit. Ein Urteil wird für den 25. Juni erwartet.

Das Hamburger Amtsgericht hatte es im November 2011 als erwiesen angesehen, dass der Mann im Heimspiel des FC St. Pauli gegen Schalke 04 am 1. April 2011 einen Bierbecher in den Nacken von Schiedsrichter-Assistent Thorsten Schiffner geworfen und damit eine Verletzung des 36-Jährigen billigend in Kauf genommen hatte. Schiffner sah sich nach dem Vorfall außerstande, das Spiel über die letzten Minuten zu begleiten. Die Partie wurde abgebrochen, St. Pauli musste zur Strafe später ein Heimspiel nach Lübeck verlegen und Einbußen bei den Einnahmen hinnehmen.