An der Eliteschule des Sports verdoppelt sich zum neuen Schuljahr die Zahl der Hockeyschüler. Wer hier aufgenommen werden will, muss strenge Zulassungskriterien erfüllen.

Hamburg. Die Bilder, wie die Herrenmannschaft des Harvestehuder THC am 9. Mai auf dem Rathausbalkon ihre drei in dieser Saison gewonnenen Europapokal- und Meisterschaftstrophäen präsentierte, sind noch frisch. Bei den Weltmeisterschaften der Damen und Herren in den Niederlanden werden vom 1. bis 15. Juni ebenfalls ein gutes Dutzend Hamburger Athleten auf dem Feld stehen. Hockey, in Hamburg seit jeher eine mit großen Erfolgen verwöhnte Traditionssportart, ist in diesen Wochen wieder einmal sehr präsent im Sportgeschehen der Stadt.

Kein Wunder also, dass Ingrid Unkelbach glücklich darüber ist, dass sich die Bedeutung der erfolgreichsten olympischen Teamsportart Deutschlands nun auch an der Eliteschule des Sports am Alten Teichweg widerspiegelt. Dort, wo Athleten in Sportarten, die zwar unter Profibedingungen ausgeübt, aber amateurhaft bezahlt werden, die Vereinbarkeit von schulischer und sportlicher Ausbildung ermöglicht wird. Seit 1998 kooperiert die Stadtteilschule in Dulsberg mit dem von Unkelbach, 54, geleiteten Olympiastützpunkt (OSP) Hamburg/Schleswig-Holstein, sie ist seit 2006 eine von bundesweit 41 vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zertifizierten Eliteschulen des Sports, in Norddeutschland die einzige. Und zum neuen Schuljahr wird sich die Zahl der Hockeyspieler am Alten Teichweg verdoppeln.

„Wir wollen die Spitze und nicht die Breite“

222 Sportklassenschüler, aufgeteilt auf elf Sportarten, sind im laufenden Schuljahr 2013/14 gemeldet. 19 Abiturienten stehen 35 Neuanmeldungen gegenüber, sodass die Zahl im neuen Schuljahr auf 238 ansteigt. Sechs davon werden Hockeyspieler sein. Das scheint ein verschwindend geringer Anteil. Den Trend dahinter versteht nur, wer den Ansatz kennt, den Markku Slawyk verfolgt. Der 52-Jährige ist seit 2007 Landestrainer im Hamburger Hockeyverband (HHV) und in dieser Funktion für das Training der Eliteschüler zuständig. Während andere Sportarten ihre Talente bereits in der fünften Klasse einschulen, startet die Kooperation zwischen HHV und Eliteschule erst ab Klassenstufe zehn. „Wir wollen die Spitze und nicht die Breite“, sagt Slawyk.

Um diese herauszufiltern, gibt es strenge Zulassungskriterien. Die Interessenten müssen dem Bundeskader angehören, sie müssen gute Zeugnisse, medizinische Attests und eine Empfehlung ihres Verbands vorlegen. Dann entscheidet eine Kommission, bestehend aus OSP-Laufbahnberaterin Pamela Wittfoth und Christian Andresen, dem Sportkoordinator der Eliteschule, über die Aufnahme.

Im gesamten Stadtgebiet gibt es Schulen, die an der Förderung des Hockeys interessiert sind und entsprechende Neigungskurse anbieten. „Diese Talentnester wollen wir pflegen und ausbauen, aber die Elite soll ab Klassenstufe zehn an der Eliteschule ausgebildet werden“, sagt Slawyk. In der Oberstufe am Alten Teichweg, das ist der für ihn relevante Vergleichswert, spielt im kommenden Schuljahr jeder Zehnte Hockey. Drei der 25 Plätze im angeschlossenen OSP-Sportinternat, für dessen 24-Stunden-Rundumservice Eltern 450 Euro Eigenanteil im Monat investieren müssen, werden von Hockeyspielern belegt sein.

Einer von ihnen ist Leo Harms. Der 16-Jährige spielt in der deutschen U18-Auswahl und beim Uhlenhorster HC. Derzeit geht er auf ein katholisches Gymnasium in Harburg, im kommenden Schuljahr zieht er ins Sportinternat. Dadurch spart er sich die täglich mehrstündige Fahrzeit zwischen Wohnort, Schule und Verein. „Das gibt mir die Möglichkeit, mich auf meinen Sport zu konzentrieren“, sagt er. Tobias Deppermann, 17, Torhüter beim Club an der Alster und einer der „regulären“ Hockeyschüler, schätzt besonders die zusätzlichen Vormittagseinheiten. „Man merkt schon, dass man dadurch einen Vorteil gegenüber den Mannschaftskameraden hat, vor allem im athletischen Bereich.“ Die Lehrer an der Eliteschule, die alle sowohl Sport- als auch normale Klassen unterrichten, bezeugen eine höhere durchschnittliche Leistungsbereitschaft, die die Sportler auszeichne.

Die Talente haben viermal pro Woche vormittags 90 Minuten Training

Wie alle anderen Eliteschulsportler auch, haben die Hockeytalente viermal pro Woche vormittags 90 Minuten in den Schulunterricht integriertes Training, das Slawyk und sein Assistent Nils Leest, der dienstags einspringt, anbieten. Dazu kommt eine Doppelstunde allgemeiner Sportunterricht wöchentlich, nach Schulschluss um 16 Uhr folgt zudem viermal pro Woche Vereinstraining. Die Fehlzeiten, die die Topsportler zu Wettkampfzeiten anhäufen, sind mit der Schule abgestimmt. „Solange man eigenhändig den Stoff nachholt und die Klausuren pünktlich schreibt, gibt es keine Probleme, Schule und Sport zu vereinbaren. Das ist ganz wichtig für mich“, sagt Emily Kerner. Die 15 Jahre alte Tochter von TV-Moderator Johannes B. Kerner und Ex-Nationalspielerin Britta Becker ist beim Club an der Alster aktiv.

„Ich bin sehr froh, dass das Hockey erkannt hat, welchen Nutzen das duale Verbundsystem Schule/Leistungssport haben kann“, sagt Ingrid Unkelbach. Natürlich gibt es noch eine Reihe an Optimierungsmöglichkeiten, Slawyk wünscht sich beispielsweise eine Möglichkeit, um an der Schule auf Kunstrasen Techniktraining anbieten zu können. Langfristig träumen Unkelbach und er von einer überdachten Feldhockeyanlage, wie es sie bislang nur in Mannheim gibt. „Aber grundsätzlich bin ich sehr froh, dass wir die Eliteschule als wichtige Säule der Ausbildung anbieten können“, sagt Slawyk, „das ist der richtige Weg für den Hockeysport.“ Ein Weg, der in Zukunft noch öfter Hamburger Athleten auf den Rathausbalkon führen soll.