SPD verliert klar, CDU kann aber kaum profitieren. AfD ist auf Anhieb in allen Bezirksversammlungen vertreten. Grüne und Linke legen deutlich zu. Piraten schaffen zweimal den Einzug, FDP scheitert zweimal an Dreiprozenthürde.

Eimsbüttel

Rot-Grün bleibt in der Eimsbütteler Bezirksversammlung die erste Koalitionsoption, gewiss ist sie aber nicht. Trotz deutlicher Verluste stellt die SPD mit 33,3 Prozent zwar nach wie vor die stärkste Fraktion. Aber die Grünen sind mit 23,1 Prozent und Gewinnen von 4,9 Prozent als Juniorpartner enorm erstarkt. Im Wahlkreis 2 (Eimsbüttel Süd/Hoheluft-West) fuhren sie mit 34,2 Prozent sogar das beste Ergebnis aller Parteien ein. Weil die CDU mit 22,7 Prozent ein leichtes Plus verzeichnet und die FDP mit 4,5 Prozent ebenso in die Bezirksversammlung einzieht wie AfD (3,9 Prozent) und Linke (9,8 Prozent), wären einige Farbenspiele möglich.

Dementsprechend vorsichtig äußerte sich Anne Schum, stellvertretende Fraktionschefin der SPD. Ob es eine Fortsetzung der bestehenden Koalition mit den Grünen gibt, ließ sie zunächst offen. „Wir müssen uns erst mal sammeln. Das Ergebnis ist doch sehr ernüchternd.“ Ähnlich enttäuscht zeigte sich der Fraktionsvorsitzende Rüdiger Rust. Die Grünen blieben aber inhaltlich erster Ansprechpartner, es gebe kaum Gründe, das Bündnis aufzukündigen. „Wir haben viel angepackt“, sagte Schum. Dass das nicht jeder würdige, liege in der Natur der Sache.

Carsten Ovens, Sprecher der CDU-Fraktion, bezeichnete das Resultat der SPD als „Ergebnis bürgerferner Politik“, sowohl auf Senats- als auch auf Bezirksebene. „Wir selbst hatten uns aber auch etwas mehr erhofft.“ In welcher Konstellation die CDU nun Bezirkspolitik machen wolle, müssten die nächsten Tage zeigen. Die Christdemokraten dürften sich aber auf eine engagierte Oppositionsarbeit einrichten.

Nach der vorläufigen Sitzverteilung hat die SPD 18 Vertreter (-5), die Grünen 12 (+2), die CDU unverändert 12 und die Linke 5 (+3). FDP (-1) und AfD kommen auf jeweils zwei Sitze. Mit 46 Prozent hatte Eimsbüttel die zweithöchste Wahlbeteiligung.

Nord

Das rot-gelbe Regierungsbündnis im Bezirk Nord steht vor dem Aus. Nach der Auszählung der Stimmzettel aller 305 Wahllokale bleibt die SPD im Bezirk Hamburg-Nord zwar stärkste Partei, kommt aber nur auf 33,9 Prozent der Stimmen – 10,6 Prozentpunkte weniger als 2011. Auch Koalitionspartner FDP verlor deutlich und rutschte von 6,4 auf 4,3 Prozent. Rechnerisch möglich wäre jetzt eine Große Koalition oder Rot-Grün. Hinter vorgehaltener Hand heißt es aber, dass wechselnde Mehrheiten ebenfalls eine Option seien. Um seinen Job muss Bezirksamtschef Harald Rösler (SPD) wohl erst mal nicht bangen. Er war auch mit Stimmen anderer Parteien gewählt worden.

Die Gewinner sind die Grünen mit Spitzenkandidatin Carmen Wilckens, die ihren Stimmanteil um 4,6 Prozentpunkte auf 21,1 Prozent steigern konnten. Die CDU verzeichnete ein Plus von 2,4 Prozentpunkten und liegt jetzt bei 23,7 Prozent. Nahezu bayerische Verhältnisse gibt es rund um den Mühlenkamp, wo die CDU massiv gegen die Busbeschleunigung mobil gemacht hatte und etwa im Wahllokal Forsmannstraße 56,4 Prozent erhielt.

Die Linke gewann drei Prozentpunkte hinzu und kam auf 9,5 Prozent. Für die AfD, die zum ersten Mal bei den Bezirkswahlen angetreten war, stimmten 3,7 Prozent der Wähler. Hochburg ist der Wahlkreis Langenhorn, wo die Europakritiker auf 4,8 Prozent der Stimmen kamen. Dort holte auch die SPD mit 43,3 Prozent ihr bestes Ergebnis. Die Piraten sind mit 3,5 Prozent (plus 0,8) in der Bezirksversammlung vertreten. Von den 237.136 Wahlberechtigten beteiligten sich 44,4 Prozent an der Abstimmung. Es gab 2529 ungültige Stimmen.

Die 51 Sitze verteilen sich laut Statistischem Landesamt wie folgt:

SPD 17 (24), CDU 12 (12), Grüne 11 (9), Linke 5 (3), FDP 2 (3), AfD 2 (-), Piraten 2 (-).

Wandsbek

In Wandsbek sieht alles nach einer Fortsetzung der rot-grünen Koalition aus. Zwar hat die SPD mit jetzt 37,9 Prozent gut acht Prozentpunkte verloren, aber die Grünen haben leicht zugelegt auf 13,2 Prozent. Die bislang oppositionelle CDU landet bei 29,3 Prozent und erzielt einen Zuwachs von gut zwei Prozentpunkten.

Neu im Bezirksparlament wird die Alternative für Deutschland (AfD) sitzen. Sie erreichte 5,5 Prozent. Die FDP liegt mit 3,9 Prozent klar unter fünf Prozent, zieht aber trotzdem in die Bezirksversammlung ein, weil für das Kommunalparlament nur drei Prozent erreicht werden müssen. Mit nur noch zwei Abgeordneten verliert die FDP den Fraktionsstatus. Die Linke geht dagegen mit 7,2 Prozent gestärkt aus der Wahl hervor.

SPD-Fraktionschefin Anja Quast zeigte sich zufrieden. „Wir freuen uns, dass es mit den Grünen reicht. Wir werden sehen, was die Gespräche ergeben, aber wenn jetzt keine absurden Forderungen kommen, bleiben die Grünen für uns erste Wahl.“

CDU-Fraktionschef Eckard Graage geht davon aus, dass die SPD auch seine Partei zu Gesprächen über eine etwaige Zusammenarbeit einladen wird. Aber er ist enttäuscht. „Wir haben unser Ziel, mehr als 30 Prozent zu bekommen, nicht erreicht. Zum Regieren hätten wir vielleicht 35 Prozent gebraucht.“

Grünen-Fraktionschef Dennis Paustian-Döscher ist „mehr als zufrieden. Für einen kleinen Koalitionspartner ist es immer schwierig, sich zu profilieren. Das ist gut gelungen, auch in Stadtteilen wie Eilbek oder Volksdorf, wo uns einige den Verrat grüner Ideale vorgeworfen haben. Die Fortsetzung von Rot-Grün ist unsere feste Absicht.“

Linken-Fraktionschef Julian Georg sagte, er sei „ziemlich glücklich. Vor eineinhalb Jahren standen wir bei gefühlt zwei Prozent, und jetzt haben wir sogar deutlich zugelegt. Super!“

Harburg

Die Sozialdemokraten sind in Harburg die großen Verlierer der Bezirkswahl. Sie büßen ihre absolute Mehrheit in der Bezirksversammlung ein. Will die SPD im Bezirk weiter regieren, dann muss sie sich einen Koalitionspartner suchen.

Ein Grund für die Abstrafung durch die Wähler dürften die parteiinternen Streitigkeiten der Vergangenheit gewesen sein. Zudem hat dem Wähler offensichtlich die Senatstreue der SPD-Fraktion bei der Entscheidung für die Unterbringung der Ex-Sicherungsverwahrten in Moorburg und in der Flüchtlingspolitik nicht gefallen. Die marginalen Zugewinne der CDU in Harburg reichen nicht für eine Mehrheit in dem Bezirksparlament. Herbe Verluste in der Gunst der Wähler musste die FDP in Harburg einstecken, weil sie in der neuen Bezirksversammlung nach geltender Satzung keinen Fraktionsstatus mehr inne hat. Den Piraten, sie traten zum ersten Mal an, ist der Einzug in die Bezirksversammlung nicht gelungen. Die Partei scheiterte an der Dreiprozenthürde.

Gewinner der Bezirkswahl 2014 im südlichsten Hamburger Bezirk sind die anderen kleinen Parteien. Die Grünen und den Linken ist es gelungen, ihre Wähler zu mobilisieren. Beide Parteien können Zugewinne verzeichnen. Ob diese Zugewinne auch zusätzliche Sitze in der Harburger Bezirksversammlung bringen werden, ist noch unklar. Beim ersten Anlauf schaffte die Alternative für Deutschland (AfD) den Sprung in die Bezirksversammlung. Damit hat Harburg eine neue politische Kraft. CDU und SPD kündigten am Montag an, in den nächsten Wochen Koalitionsgespräche mit allen demokratischen Parteien in der Bezirksversammlung führen zu wollen.

Mögliche Koalitionspartner für die SPD wären die Grünen oder die Linke. Auch eine Große Koalition will derzeit niemand ausschließen.

Altona

Die Tage der rot-grünen Koalition in der Bezirksversammlung Altona sind nun wohl endgültig vorbei. Bereits in den Wochen vor der Wahl am Sonntag hatten sich Grüne und Sozialdemokraten völlig zerstritten, jetzt wäre eine solche Koalition auch rein rechnerisch äußerst fragil: Denn wie in allen Bezirken stürzte die SPD stark ab – hier um rund zehn Prozentpunkte. Die CDU verbesserte sich geringfügig, Grüne und Linke gewannen je rund fünf Prozentpunkte hinzu. Unter anderem zieht jetzt die bundesweit bekannte „Hartz-IV-Rebellin“ Inge Hannemann für die Linke in das Bezirksparlament ein. Vertreten wird im Altonaer Rathaus auch die AfD sein.

Nach vorläufiger Rechnung bekommt die SPD 16 Sitze (2011: 22), Grüne 12 (2011: 9), ebenso 12 Sitze erzielt die CDU (2011: 12) die Linke 7, möglicherweise auch 8 gegenüber 5 zuletzt, zwei FDP-Kandidaten werden vertreten sein, sowie zwei von der AfD. Neue Koalitionen wird es in Altona nicht geben, bis zur Bürgerschaftswahl, so die Absprache, werde man wohl mit wechselnden Mehrheiten arbeiten, sagt etwa CDU-Fraktionschef Uwe Szczesny. Zudem dürfte der relative Stimmengewinn von Grünen und Linken auch trügerisch sein.

„Wir brechen da jetzt nicht in Riesenjubel aus, bei der geringen Wahlbeteiligung sind kleinere Parteien immer im Vorteil“, sagt Grünen-Fraktionschefin Gesche Boehlich. Tatsächlich lag die Beteiligung mit 47 Prozent im hamburgweiten Vergleich noch recht hoch – 2011 hatten sich aber 60 Prozent der Wahlberechtigten beteiligt in Altona.

Bemerkenswert sind die Unterschiede: Im Wahlkreis 1 (Altona-Altstadt, Sternschanze) erzielten Grüne 31,9 Prozent, es folgten Linke (27,3) vor der SPD (23,4). Die CDU schafft es dort nur auf 8,7 Prozent. In den Elbvororten indes erreichen die Christdemokraten 38,3 Prozent.

Mitte

Trotz eines Verlustes von 10,5 Prozentpunkten gegenüber der Bezirksversammlungswahl von 2011 bleibt die SPD mit rund doppelt so vielen Stimmen wie CDU und Grüne zusammen die unangefochten stärkste Partei in Hamburg-Mitte. Von den 62.780 Bürgern, die in den 230 Wahllokalen des Bezirks und per Briefwahl ihre Stimmen abgaben, erhielten die Sozialdemokraten 36,9 Prozent der Stimmen. Das zweitbeste Ergebnis erzielte die CDU mit 18,5 Prozent (+0,9 Prozent), knapp dahinter liegen die Grünen mit 18,1 Prozent (+ 3,6). Die eigentlichen Gewinner der Wahl aber sind die Parteien Die Linke mit 14,1 Prozent (+ 4,1) und die AfD, die aus dem Stand auf 5,1 Prozent kam.

„Wir mussten kräftig Federn lassen und hätten uns ein besseres Ergebnis gewünscht“, sagt SPD-Spitzenkandidat Falko Droßmann. Er sieht einen klaren Zusammenhang zwischen dem schlechten Abschneiden seiner Partei und der geringen Wahlbeteiligung. Zudem habe Hamburg-Mitte viele Einwohner, die nur mäßig politisch interessiert sind. „In manchen Quartieren lag die Wahlbeteiligung bei nur 15 Prozent, etwa in der Horner Geest.“ Insgesamt lag die Wahlbeteiligung in Mitte bei 31,2 Prozent – der niedrigste Wert in Hamburg.

Um bei Abstimmungen in der Bezirksversammlung weiterhin die Mehrheit zu haben (mindestens 26 Mandate), muss sich die SPD einen neuen Koalitionspartner suchen. Die FDP kommt dafür nicht mehr infrage, sie spielt dem vorläufigen Endergebnis nach mit 2,3 Prozent keine Rolle mehr im Bezirk. „Wir werden im Gremium beraten, mit wem wir verhandeln“, so Droßmann. Vorstellbar sei eine Koalition sowohl mit den Grünen als auch mit der CDU. Seinen Schätzungen zufolge wird die SPD in der Bezirksversammlung künftig 19 Sitze haben (bislang 25), Grüne und CDU beide neun oder zehn, die Linke sieben, die Piraten zwei und die AfD drei.

Bergedorf

Nach dem Absturz am Sonntag hat die CDU bei den am Montag ausgezählten Bezirkswahlen die eigene Position verteidigt, mit 28 Prozent erneut 14 Mandate errungen. Die SPD konnte ihre deutlichen Zugewinne in der Europawahl, allerdings von deutlich niedrigerem Niveau aus, nicht wiederholen. Sie hat ihre absolute Mehrheit in der Bezirksversammlung eingebüßt. 47,9 Prozent hatten 2011 gereicht, um mit 25 Sitzen die Mehrheit in der bisher 49 Personen großen Bezirksversammlung zu erringen. Mit 39,3 Prozent reicht es jetzt für 19 von 45 Sitzen. „Absolute Mehrheiten sind in Demokratien die Ausnahme, wir sind dankbar, dass wir weiter deutlich größte Fraktion sind“, sagt Spitzenkandidat Paul Kleszcz.

Zugewinne können die kleinen Fraktionen verbuchen. Die Grünen erreichten 12,3 Prozent (2011: 9,5), entsenden sechs statt vier Abgeordnete. Die Linke kommt mit 9,2 Prozent (6,5) nun auf vier Mandate. FDP und Piraten haben den Wiedereinzug verfehlt. Die Alternative für Deutschland (AfD) schaffte den Sprung und entsendet mit 4,5 Prozent zwei Abgeordnete.

„Von unseren beiden wichtigsten Wahlzielen haben wir nur eines erreicht, die absolute Mehrheit der SPD ist gebrochen“, sagt der CDU-Kreisvorsitzende Dennis Gladiator. Die 30 Prozent konnte die Union in Bergedorf dagegen nicht überspringen. „Andererseits konnten wir uns in einem schwierigen Hamburger Umfeld behaupten, haben das zweitbeste Ergebnisse aller Bezirke erreicht.“

Bergedorfs Grünen-Chefin Carola Timm kann sich „unter gewissen Umständen“ auch eine Koalition mit der SPD vorstellen. Dass es in Bergedorf erstmals dazu kommt, scheint jedoch unwahrscheinlich. SPD-Fraktionsvize Peter Gabriel: „Die Suche nach Kompromissen über Parteigrenzen hinweg hat meist gut funktioniert.“ (nib)