Wahlbeteiligung in der Hansestadt steigt stärker als im Bundesschnitt. Hamburgs SPD und Grüne liegen deutlich über Ergebnis im Bund
Hamburg. Die ersten Sieger dieses Wahltags standen schon fest, ehe die Wahllokale um 18 Uhr geschlossen waren: die Hamburger Europawähler. Schon am frühen Nachmittag hatte sich abgezeichnet, dass die Wahlbeteiligung über jenen schmachvollen 34,7 Prozent liegen würde, mit denen Hamburg bei der Europawahl 2009 auf dem vorletzten Platz unter den 16 Bundesländern gelandet war.
Die 43,4 Prozent, die am gestrigen Sonntag erreicht wurden, sind eine erfreuliche Steigerung. Dennoch ist Realismus angesagt. Zum einen liegt die Hamburger Wahlbeteiligung noch immer unter der des Bundes mit knapp 48 Prozent. Zum anderen sind auch bundesweit knapp fünf Prozentpunkte mehr Menschen wählen gegangen als 2009. Der Hamburger Anstieg folgt also dem Bundestrend, fällt aber um vier Prozentpunkte höher aus.
Dieser überproportionale Zuwachs wird in erster Linie der Tatsache zuzurechnen sein, dass erstmals die Europa- mit den Bezirkswahlen gekoppelt waren. Allerdings: Der Absturz der Wahlbeteiligung bei den Bezirkswahlen fällt ungleich höher aus als der Zuwachs bei der Europawahl: 2011, als Bezirks- und Bürgerschaftswahlen zusammenfielen, hatten sich noch 52,8 Prozent beteiligt, jetzt nur noch knapp 40 Prozent. Es darf schon jetzt bezweifelt werden, dass die Koppelung der Bezirks- an die Europawahlen eine gute Idee war.
In zweierlei Hinsicht haben die Hamburger anders als die Deutschen insgesamt gewählt: Die SPD liegt laut vorläufigem amtlichen Endergebnis mit 33,8 deutlich vor der Union mit 24,5 Prozent. Das ist in etwa die Umkehrung des Kräfteverhältnisses im Bund, wo die Union deutlich vor der SPD liegt. Für die SPD zeichnet sich in Hamburg ein Schulz/Scholz-Effekt ab. Der bundesweite SPD-Europa-Spitzenkandidat Martin Schulz darf sich das SPD-Plus im Bund dank seines engagierten Wahlkampfes zu guten Teilen zurechnen. Das hat auch das Hamburger SPD-Ergebnis positiv beeinflusst. Der SPD-Zuwachs fällt in Hamburg aber mit rund neun Prozent deutlich höher aus als im Bund. Die Sozialdemokraten profitieren vermutlich auch von dem hohen Ansehen, dass SPD-Landeschef und Bürgermeister Olaf Scholz derzeit genießt.
Der zweite Hamburger Sondereffekt betrifft die Grünen, die zwar ihre sensationellen 20,5 Prozent von 2009 nicht halten können, aber mit 17,2 Prozent weit über dem Bundesergebnis liegen. Mit Bezug auf Hamburg lässt sich also sagen: Die Grünen sind eine Europapartei. Linke und AfD liegen in etwa auf der Linie der Bundesergebnisse. Auch die Elbliberalen folgen dem Bundestrend und stürzen auf 3,7 Prozent ab.
Die Aussagekraft der Europa- für die Bürgerschaftswahl im Februar 2015 ist begrenzt. Dazu sind die Themen zu unterschiedlich. Psychologisch wäre es für die in der Bürgerschaft oppositionelle CDU positiv gewesen, wenn sie in Hamburg bei der Europawahl wie 2009 stärkste Kraft geblieben wäre. Das ist anders als bei der Bundestagswahl 2013, als die Union auf 41,5 Prozent (SPD: 25,7) kam, diesmal nicht gelungen.