Das Bundesfinanzministerium legt erstmals öffentlich konkrete Daten über Waffenexporte in Hamburg vor. Grüne und Linke fordern weitere Informationen und kritisieren den Senat.
Hamburg. Erstmals hat das Bundesfinanzministerium jetzt öffentlich konkrete Zahlen über das Volumen der Waffenexporte über den Hamburger Hafen vorgelegt. Danach werden pro Jahr mehrere Zehntausend Gewehre, Revolver und Pistolen über Hamburg in alle Welt geliefert. Dazu kommen noch umfangreiche Lieferungen von anderen Waffensystemen, Panzerfahrzeugen, Waffenteilen und Munition. So wurden den Angaben zufolge im Zeitraum vom 1.Oktober bis 31.Dezember vergangenen Jahres Pistolen, Revolver und halbautomatische Gewehre im Wert von 3,1 Millionen Euro sowie 371.460 US-Dollar über den Hamburger Hafen in alle Welt verschifft. Das geht aus einer Antwort des Finanzministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor.
Jan van Aken, Bundestagsabgeordneter der Linken, schätzt, dass pro Jahr mehrere Zehntausend Waffen im Gesamtwert von 13 Millionen Euro über den Hafen exportiert werden. „Zum ersten Mal überhaupt gibt es jetzt öffentlich solide Zahlen über Waffenexporte über den Hamburger Hafen, und die sind erschreckend hoch“, sagte der Hamburger Politiker dem Abendblatt. Die Angaben betreffen aber nur Pistolen, Gewehre und Revolver. Für alle anderen Waffentypen gebe es bislang noch keine konkreten Zahlen. Der Senat sollte endlich alles tun, die tödlichen Waffenexporte über den Hafen zu stoppen, betonte van Aken.
Die neuen Daten haben unterdessen in der Hansestadt eine weitere Debatte über den Stopp von Rüstungs- und Waffenexporten ausgelöst. Wie Senatssprecher Christoph Holstein dem Abendblatt sagte, sieht sich der Senat an Bundesgesetze gebunden. „Der Transport von Waffen ist – soweit er in Deutschland stattfindet – durch Bundesrecht geregelt. Jede einschränkende landesrechtliche Regelung wäre verfassungswidrig.“ Es sei auch nicht so, dass Waffen in Deutschland nicht hergestellt und unter strengen Auflagen verschickt werden dürften. „Bei Blohm + Voss zum Beispiel werden Kriegsschiffe gebaut.“
Die Linken und die Grünen drängen derweil auf Transparenz bei der Offenlegung aller relevanten Zahlen. Katharina Fegebank, Sprecher für Internationales der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, bezeichnete die Informationspolitik des Senats in dieser Frage als „mangelhaft“. Eine Nachfrage von ihr mit Bezug auf das Transparenzgesetz habe gezeigt, dass der Senat bei den Rüstungsgütern „offenbar kein Interesse daran hat, vom Bund informiert zu werden.“ Das sei aber politisch grundfalsch.
Jan van Aken drängt ebenfalls mit Nachdruck auf mehr Informationen als bisher. Falls das Bundesfinanzministerium weitere Daten zurückhält, werden die Linken vor dem Bundesverfassungsgericht klagen, kündigte der Politiker an. „Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung weiterhin Details für die deutschen Waffenexporte verheimlicht. Und vom Senat erwarte ich, dass er endlich seine Blockadehaltung aufgibt und von sich aus ohne Nachfrage alle drei Monate Zahlen und Daten zu Waffen- und Munitionsexporten über den Hamburger Hafen veröffentlicht.“
Monatlich werden rund 1000 Tonnen Munition im Hafen umgeschlagen. Allein von Mai 2013 bis Januar 2014 waren es 11.000 Tonnen. Anfang des Jahres hatten der Hamburger Reeder Peter Krämer und der Hauptpastor der Rathauskirche St.Petri, Christoph Störmer, eine Bürgerinitiative gegen die Rüstungsexporte über den Hafen gegründet. „Die Zivilgesellschaft will diese Exporte nicht“, sagte Störmer am Freitag dem Abendblatt. Er erwarte vom Senat ein „Ende jeder Geheimniskrämerei, also Transparenz und Information der Öffentlichkeit“.
Vor einiger Zeit hatte Altkanzler Helmut Schmidt mehr Transparenz bei deutschen Rüstungsexporten gefordert: „Exportanträge, die der Bundessicherheitsrat genehmigt, bedürfen der Veröffentlichung.“ Im Koalitionsvertrag haben CDU und SPD inzwischen neue Regeln für Transparenz und Informationsrechte des Bundestags festgelegt. „Ohne effektive Parlamentskontrolle werden wir keine wirksame Rüstungskontrolle erreichen können“, betonte Bundestags-Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn (SPD). Sie hofft: „In Zukunft wird der Bundestag nicht durch Pressemitteilungen über Rüstungsexportentscheidungen, sondern unverzüglich durch die Bundesregierung informiert.“
Damit habe das Parlament erheblich bessere Möglichkeiten, kritisch zu prüfen, inwieweit die Grundsätze für Rüstungsexporte auch angewandt würden. Diese Leitlinien untersagen vor allem Rüstungsexporte in Krisengebiete und in Länder, in denen Menschenrechte verletzt werden.