Wie 1100 ehrenamtliche Helfer historische Schiffe und Hafenanlagen restaurieren und Spender alles finanzieren
St. Pauli. Am Anfang stand ein Täuschungsmanöver: 1907 genehmigte die Bürgerschaft den Bau eines Vermessungsschiffs. Aber weil der Besuch von Kaiser Wilhelm II. im Hamburger Hafen bevorstand, fiel die Gestaltung des Peilschiffs luxuriöser aus als geplant. So wurde die „Schaarhörn“ in ihrer Ästhetik und maritimen Ausstattung zu einem „Staatsdampfer“. Nach erfolgreichem Einsatz auf der Elbe im Dienst des Strom- und Hafenbauamts dümpelte der mit Kohlen befeuerte Zweischrauben-Dampfer jedoch in den 1970er- Jahren in Schottland vor sich hin. Bis ihn Altonaer Kaufleute wieder nach Hamburg holten.
Nun gehört das 1908 bei Janssen & Schmilinsky gebaute Schiff zur Flotte der Stiftung Hamburg Maritim. Die 2001 auf Initiative der Handelskammer gegründete Einrichtung restauriert und betreibt historische Schiffe und Hafenanlagen und ist aus der Stiftungslandschaft nicht mehr wegzudenken. „Die ‚Schaarhörn‘ ist fester Bestandteil des Hafens und gut darin, durch öffentliche Fahrten den Unterhalt zu erwirtschaften“, freut sich Joachim Kaiser, Vorstand der Stiftung Hamburg Maritim.
Zu den weiteren Schiffen zählen unter anderem der Hafenschlepper Fairplay VIII und der Lotsenschoner N° 5 Elbe, der 1883 in Hamburg gebaut wurde. Auch er hat eine durchaus wechselvolle Geschichte, bis ihn die Stiftung im Jahr 2002 aus der US-amerikanischen Großstadt Seattle wieder an die Elbe holte.
Die Stiftung mit rund 1100 ehrenamtlichen Mitarbeitern will sich nach eigenen Angaben daran beteiligen, das reiche maritime Erbe Hamburgs zu bewahren – und in Betrieb zu halten. Während es bei Museen darum geht, Exponate zu sammeln und zu bewahren, sollen die alten Schiffe vor allem fahrbereit sein. „Wir machen sie zukunftsfähig, indem wir sie zum Beispiel mit moderner Navigations- und Sicherheitstechnik ausrüsten“, sagt Markus Söhl, Geschäftsführer der Stiftung, die über ein Kapital von 66.000 Euro verfügt.
„Unser eigentliches Kapital sind aber die Schiffe und die historischen Gebäude wie der 50er Schuppen“, sagt Söhl. In den kommenden zwei Jahren wollen die Freunde der maritimen Tradition den alten Stückgutfrachter „Bleichen“ wieder auf Vordermann bringen. Das 1958 in Rendsburg gebaute Schiff soll grundlegend erneuert werden.
Was sich in den Planungen offenbar als durchaus schwierig erweist. „Wir sind jetzt dabei, einen Werftaufenthalt zu organisieren und die Finanzierung auf die Beine zu stellen“, sagt Söhl. Das zweite Projekt betrifft den 131 Jahre alten Lotsenschoner N° 5 Elbe. Der Rumpf braucht unbedingt eine umfangreiche Generalüberholung: Alle Spanten und Planken müssen kontrolliert oder ausgetauscht werden. Das bedeutet einen langen Werftaufenthalt mit umfangreichen Arbeiten – und Kosten.
Eine Erfolgsgeschichte ist die Kooperation mit der Stiftung Berufliche Bildung. Seit Jahren finden auf diese Weise sozial benachteiligte Menschen bei Restaurierungsarbeiten auf den Schiffen und in den Hafenanlagen eine sinnvolle Aufgabe. Beim Projekt „Bürgerarbeit“ sind zurzeit etwa 50 Männer und Frauen an den historischen Schuppen und auch auf der „Bleichen“ beschäftigt. Jugendliche können zudem ausgebildet werden.