Nach Tarifabschluss im öffentlichen Dienst schließen Stadt und Stadtreinigung steigende Kosten für Hamburger nicht aus

Hamburg. Durch den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst könnten auf die Hamburger höhere Gebühren zukommen. Rund 25.000 Beschäftigte in den städtischen Betrieben erhalten drei Prozent mehr Geld in diesem Jahr, 2015 sollen die Gehälter um weitere 2,4 Prozent steigen. Wie die Unternehmen die steigenden Kosten finanzieren wollen, ist jedoch noch unklar.

„Der Tarifabschluss könnte dazu führen, dass mittelfristig die Gebühren steigen“, sagte Bettina Lentz, Leiterin des Personalamts des Senats, dem Abendblatt. „Im Vergleich zur Wirtschaftskraft oder dem Ausgleich der Inflationsrate ist das Tarifergebnis schon hoch ausgefallen.“

Die Gewerkschaft Ver.di fordert, dass die Stadt die Tariferhöhung vollständig finanziert. „Die Einigung ist ein Erfolg und von großer Bedeutung für die Beschäftigten“, sagte Ver.di-Fachbereichsleiterin Sieglinde Frieß. „Aber es kann nicht sein, dass die Unternehmen die Mehrkosten ausgleichen müssen und somit vermutlich Personal abbauen oder Gebühren erhöhen müssen.“ Die Tariferhöhung dürfe nicht zulasten der Bürger sein. Frieß: „Die Stadt hat genug Geld durch Steuereinnahmen, um die Tarifsteigerung zu bezahlen.“

Tarifabschluss von 2012 hatte keine Folgen für die Zahl der Beschäftigten

Der Forderung von Ver.di erteilte die Finanzbehörde eine Absage. „Es gibt eine klare Regelung: Beamte und Angestellte der Behörden werden aus dem Haushalt bezahlt, Mitarbeiter der städtischen Unternehmen werden von den Unternehmen bezahlt“, sagt Behördensprecher Daniel Stricker. Wie viel Geld der am Dienstag ausgehandelte Tarifabschluss die Unternehmen kostet, steht noch nicht fest. Jeder einzelne Betrieb muss die Summe erst ausrechnen. Der Hamburger Haushalt ist zunächst nicht von dem Tarifabschluss betroffen, denn die 25.000 Beschäftigten sind nicht direkt bei der Stadt angestellt, sondern bei ausgelagerten öffentlichen Betrieben wie der Vereinigung Hamburger Kitas, der Stadtreinigung, der Flughafen GmbH, der Hamburg Port Authority, den Theatern, den Bücherhallen oder der Bundesagentur für Arbeit. Diese Unternehmen können jedoch nicht damit rechnen, dass sie entsprechende Zuwendungen von der Stadt erhalten, sondern müssen die Tariferhöhung selber finanzieren. „Die Tarifsteigerung kam zwar nicht unerwartet, aber mit der Höhe hatten wir nicht gerechnet“, sagte Reinhard Fiedler, Sprecher der Stadtreinigung. Deshalb müsse nun geplant werden, wie die Tariferhöhung kompensiert werden kann. „Es kann nicht zu 100 Prozent ausgeschlossen werden, dass die Stadtreinigung die Gebühren anheben wird“, räumte Fiedler ein. Eine Option sei, die Tarifsteigerung durch Erträge wie etwa Wertstoffverkäufe aufzufangen. „Jedoch sind die Preise für Altpapier gerade eher schlecht“, sagte er. Zudem könnten Rationalisierungsmaßnahmen, sprich Arbeitsverdichtung oder Personalabbau, auf die Stadtreinigung zukommen.

Der Tarifabschluss von 2012 hat laut Personalamt keine Auswirkungen auf die Zahl der Beschäftigten gehabt. „Sie ist stabil geblieben“, sagte Bettina Lentz. Damals hatten sich die Gewerkschaften und die Arbeitgeber von Bund und Kommunen auf 6,3 Prozent mehr Geld für zwei Jahre geeinigt. Die städtischen Unternehmen kostete das zusammen mit ebenfalls ausgehandelten Sonderzahlungen 84 Millionen Euro.

Kulturbetriebe wie das Thalia Theater und die Hamburgische Staatsoper fordern ebenfalls wie Ver.di eine vollständige Gegenfinanzierung der Tariferhöhungen durch die Stadt. Derzeit übernimmt Hamburg 1,5 Prozent der Tarifsteigerungen. Die Differenz müssen die beiden Häuser im künstlerischen Etat einsparen. Noch schlechter stehen die Museen, Bücherhallen und Deichtorhallen da: Sie erhalten nur 0,88 Prozent Gesamtzuwendung zusätzlich. Lediglich das Schauspielhaus wird die Tariferhöhung komplett finanziert bekommen, da die Intendantin Karin Beier den Tarifausgleich von der Stadt vertraglich zugesichert bekommen hat.

Thalia Theater setzt auf zusätzliche Steuergelder

„Großzügig Tariferhöhungen zuzustimmen, aber dann nicht dafür aufzukommen, ist ein zutiefst unanständiges, unmoralisches und unhanseatisches Verfahren“, kritisierte Ludwig von Otting, kaufmännischer Geschäftsführer des Thalia Theaters. So würden Arbeitsplätze und Arbeitsqualität vernichtet. „Unser Haus wäre nicht arbeitsfähig, wenn die Stadt nur 1,5 Prozent übernehmen würde.“ Er vertraue jedoch auf die Zusage von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und die Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos), dass Hamburg die Tariferhöhung beim Thalia Theater ausgleichen wird. „Denn es gibt die Abmachung, dass der Abstand zwischen den Subventionen für das Schauspielhaus und das Thalia Theater nicht wachsen darf“, sagte von Otting.

Die rund 70.000 Beamten und Angestellten in der „Kernverwaltung“, ,also etwa in den Behörden und Bezirksämtern oder bei Polizei und Feuerwehr, betrifft die aktuelle Einigung nicht. Deren Tarifvertrag läuft Ende 2014 aus. Das jetzige Ergebnis wird zwar nicht übernommen. Trotzdem könnten sich die Verhandlungen für die bei den Ländern Beschäftigten am jetzt vereinbarten Abschluss für den Bund und die Kommunen orientieren.

Es gilt als wahrscheinlich, dass die Gewerkschaften für die Landesangestellten ein ähnliches Ergebnis erzielen wollen. Hamburg hatte deren Tarifabschluss zuletzt auch auf die Beamten übertragen. Das hatte Scholz den Gewerkschaften als Ausgleich für die Kürzung des Weihnachtsgeldes zugesagt.