Nach Thalia verlässt die zweite große Kette in der Branche die Tarifkommission des Arbeitgeberverbands. Die Hälfte der Buchhandlungen gehört noch dem Arbeitgeberverband an und hält sich an die Tarife.
Hamburg. Unruhe im Hamburger Buchhandel: Die Händler verlieren das Interesse an der gemeinsamen Ausgestaltung der Tarife für die Branche. Nach der Thalia-Gruppe, die sich in ihrer ursprünglichen Heimat Hamburg aus der Tarifkommission verabschiedet hatte, erteilte nun auch die Buchkette Heymann dem Gremium eine Absage. Heymann steht nun davor, einen eigenen Haustarifvertrag zu verhandeln. „Nachdem Thalia nicht mehr im Tarifausschuss vertreten war, hätte ich als einziger Vertreter der Arbeitgeberseite verhandeln müssen“, sagte Christian Heymann dem Abendblatt. Kein anderer Buchhändler habe sich bereit erklärt, in der Tarifkommission zu verhandeln. „Wir denken nun an einen Haustarifvertrag“, sagte Heymann, dessen Kette inzwischen 15 Buchhandlungen mit 200 Mitarbeitern umfasst.
Derzeit gehörten noch mehr als die Hälfte der Buchhandlungen dem Arbeitgeberverband an und hielten sich an die Tarife, sagt Michael Menard, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbands der Verlage und Buchhandlungen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Wenn einzelne Betriebe Haustarife abschlössen, ginge dies aber nicht unbedingt zulasten der Mitarbeiter. Zudem ist Menard überzeugt, dass die Branche nach Jahren rückläufiger Umsätze nun eine Bodenbildung bei den Erlösen erreicht.
Thalia gehört inzwischen zum Douglas-Konzern aus Hagen und bestätigte, dass die Buchgruppe auf der Arbeitgeberseite in Hamburg keinen eigenen Vertreter mehr habe. Dies sei vornehmlich der hohen Aufgabenfülle geschuldet, die der aktuelle Branchenumbruch fordert, begründete eine Sprecherin. Gerade jetzt sei es wichtig, die Managementaufgaben auf das laufende Geschäft zu richten, „denn damit sichern wir langfristig auch Arbeitsplätze“.
Infolge des schwindenden Interesses an der Tarifkommission hat der Hamburger Buchhandel mit der Gewerkschaft Ver.di vereinbart, dass der Tarifabschluss des Einzelhandels für die Jahre 2013 und 2014 auch für den Buchhandel übernommen wird. „Das haben wir auch so bereits in unseren Hamburger Buchhandlungen umgesetzt“, sagte die Thalia-Sprecherin.
Bei der Gruppe gebe es neben dem allgemeinen Einzelhandelstarifvertrag nur in Hamburg einen speziellen Tarifvertrag für den Buchhandel. Ansonsten gelte für die Kette, so wie auch in anderen Regionen der Republik, der normale Einzelhandelstarifvertrag. Einen speziellen Haustarifvertrag verhandele Thalia nicht.
Grundsätzlich ähneln sich die Gehaltsbedingungen für Verkäufer im Einzelhandel und Buchhändler. Beispiel: Eine Buchhändlerin verdient im ersten Jahr nach der Ausbildung 1862 Euro brutto im Monat. Beschäftigte mit Verantwortung für eigene Bereiche, etwa für den Einkauf von Kinderbüchern, erhalten nach dem 5. Berufsjahr 2653 Euro im Monat.
Grundsätzlich nimmt die Tarifbindung im Handel ab. Aktuell sind weniger als die Hälfte der Mitarbeiter des Einzelhandels in Betrieben beschäftigt, die an den Branchentarifvertrag gebunden sind. Gleichwohl wenden viele Firmen, auch wenn sie nicht tarifgebunden sind, die Branchentarifverträge an. Drei Viertel aller Beschäftigten werden deshalb angelehnt an die Tarifverträge bezahlt. Fünf Prozent der Beschäftigten arbeiten in Unternehmen, die an einen Haustarifvertrag gebunden sind.
Wolfgang Linnekogel, Geschäftsführer des Hamburger Einzelhandelsverbands, hat den Buchhändlern angeboten, in den Verband zu wechseln und sich in der Tarifkommission zu engagieren. Dort wird die Arbeitgeberseite derzeit durch Vertreter etwa von Otto, Rewe oder Edeka-Händlern repräsentiert. „Bis heute konnte ich aber noch keinen Neuzugang unter den Mitgliedern feststellen“, sagte Linnekogel.