Viele mussten lange auf die Anerkennung ihres Abschlusses in der Hamburg warten. Doch nun dürfen 155 ausländische Fachkräfte endlich in ihrem erlernten Beruf arbeiten.

Hamburg Große Maschinen haben Ivan Stojkovic schon immer fasziniert. Bereits als Kind schraubte der gebürtige Serbe am Traktor seines Vaters herum, der einen Bauernhof in der Nähe des Städtchens Banatska Palanka besaß. „Ich liebe diese Arbeit einfach“, sagt der 30-Jährige.

Heute repariert Stojkovic große Baumaschinen für die Firma Atlas Hamburg. In der Werkstatt des Unternehmens in Billbrook riecht es nach Gummi und Öl, Kollegen schweißen gerade an der Schaufel eines Baggers. Stojkovic beugt sich über einen Radlader, dessen Führerhaus nach oben geklappt ist. Darunter kommen jede Menge Hydraulikschläuche zum Vorschein. „Die gehen besonders häufig kaputt, darauf muss man besonders achten“, sagt der Mechaniker in noch etwas wackligem Deutsch. „Ich muss aber auch noch die Beleuchtung und den Motor kontrollieren.“

In der Werkstatt wirkt Stojkovic ganz in seinem Element. Doch bis zur Festanstellung bei Atlas Hamburg war es für den gelernten Landmaschinenmechaniker ein weiter Weg. Seinen Beruf gibt es in Deutschland in dieser Form nämlich nicht. Als Stojkovic daher im Jahr 2008 zusammen mit seiner Frau in die Hansestadt kam, war er zunächst einmal arbeitslos, konnte allenfalls schlecht bezahlte Gelegenheitsjobs annehmen. „Das war schon eine sehr harte Zeit“, sagt er.

Vor knapp zwei Jahren trat dann das sogenannte Anerkennungsgesetz in Kraft. Es gewährt allen Zugewanderten einen Rechtsanspruch auf eine geregeltes Verfahren, in dessen Rahmen die Anerkennung ihrer ausländischen Berufsabschlüsse geprüft wird.

Bei der Hamburger Handwerkskammer haben mittlerweile 195 zugewanderte Experten eine solche Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Qualifikationen beantragt. Bis Ende Februar dieses Jahres wurden 77 Abschlüsse voll akzeptiert, weitere 78 zumindest teilweise, wie die Kammer am Freitag mitteilte.

Die meisten Antragsteller kamen dabei mit rund 20 Prozent aus Polen, gefolgt von der Türkei (13 Prozent), Iran und Russland (je sieben Prozent). Bei den Berufen waren die Elektrogewerke besonders stark vertreten, gefolgt vom Kfz-, Friseur- und Metallgewerbe.

Handwerkern, denen noch einige Fertigkeiten oder spezielles Fachwissen zur vollen Anerkennung fehlt, bietet die Kammer ein besonderes Programm zur Weiterqualifizierung. So war es auch im Fall von Ivan Stojkovic. Er wusste zwar viel über die Reparatur von Traktoren, in Deutschland gibt es aber nur den kombinierten Beruf des Landmaschinen- und Baumaschinenmechanikers.

Um seine Kenntnisse über Bagger, Radlader und Ladekräne auszubauen, absolvierte Stojkovic ein sechsmonatiges Praktikum bei seinem heutigen Arbeitgeber Atlas. Dort war man so angetan von dem Serben, dass man ihm nach Abschluss der Fortbildung eine feste Stelle anbot. „Er arbeitet sehr zügig und ist sehr wissbegierig“, sagt Werkstattleiter Walter Stuhrmann. Zudem sei es sehr schwierig, gute Fachkräfte zu bekommen. Heimische Auszubildende seien ebenfalls nur schwer zu finden.

Eine große Herausforderung ist für Stojkovic allerdings die deutsche Sprache. Im Gespräch sucht er ab und an noch nach den passenden Fachbegriffen. Einmal hätte er bei der Reparatur einer Baumaschine fast Öl mit Kühlflüssigkeit verwechselt, weil sich die entsprechenden Fachbegriffe ähneln. Werkstattleiter Stuhrmann überlegt nun, den Mechaniker noch für einen zusätzlichen Sprachkurs anzumelden.

Mit den deutschen Fachbegriffen im Kfz-Gewerbe hatte auch die gebürtige Kamerunerin Flore Fowo so ihre Mühe. „Kreuzschlitzschraubenzieher“, war eines der Wörter, die der Automechanikerin Kopfschmerzen bereiteten. Doch von solchen Stolpersteinen ließ sich die energische junge Frau ebenso wenig auf ihrem Weg zur Kfz-Meisterin abhalten, wie von bürokratischen Hürden. Schon in ihrer afrikanischen Heimat war sie die einzige Frau, die eine Ausbildung zur Elektromechanikerin absolvierte und auch noch ein Maschinenbaustudium mit Fachrichtung Automobilmanagement dranhängte.

Nach Hamburg kam Fowo aus Liebe zu einem Flugzeugingenieur. Um weiter im Kfz-Gewerbe arbeiten zu können und fehlendes Fachwissen nachzuholen, absolvierte sie in einer Alfa-Romeo-Werkstatt in St. Georg ein Praktikum, wechselte Bremsklötze, baute Motoren aus und reparierte Getriebe. Zusätzlich musste sie noch einen Kurs zur technischen Fachwirtin und zur Ausbildung von Lehrlingen ablegen, unabdingbar für eine Meisterin in Deutschland.

Insgesamt acht zugewanderte Handwerker konnten am Freitag ihre Urkunde über die volle Anerkennung ihrer beruflichen Qualifikation entgegennehmen. Kammerpräsident Josef Katzer wertete die Anerkennung ausländischer Fachkräfte und die Weiterqualifikation im Rahmen der Feierstunde als vollen Erfolg. Die Anstrengungen in diesem Bereich hätten sich sowohl mit Blick auf die Fachkräftesicherung als auch im Blick auf die gesellschaftliche Integration gelohnt.

Hamburgs Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) hob die besondere Ausgestaltung des Hamburger Anerkennungsgesetzes hervor, in dem man einen gesetzlichen Beratungsanspruch für die zugewanderten Fachkräfte formuliert habe.

Der zweite, wesentliche Erfolgsfaktor seien die Qualifizierungen in der Praxis. „Praktika sind die wichtigste Brücke für die Vermittlung in den Beruf“, so Scheele.