Unternehmen Vion wollte Gebühren nicht bezahlen – es geht um 4,5 Millionen Euro. Betrieb bleibt weiter geschlossen. Ob Vion Berufung einlegen wird, ist noch unklar.

Bad Segeberg. Rund um den Bad Bramstedter Schlachthof gibt es für die Segeberger Kreisverwaltung doch noch gute Nachrichten: Das Verwaltungsgericht Schleswig hat in erster Instanz die Widersprüche des Betreibers Vion gegen die Gebühren für BSE-Proben aus den Jahren 2001 bis 2004 abgewiesen. Laut Kreisveterinär Kurt Warlies handelt es sich dabei um einen Gesamtbetrag von 4,5 Millionen Euro. „Das ist für uns sehr viel Geld“, sagt er, schränkt aber auch ein, dass das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. „Wir sind froh, dass eine erste Etappe geschafft ist.“ Der Schlachthof selbst wurde nach einer Durchsuchung durch die Staatsanwaltschaft vor einem Monat vorerst geschlossen, in diesem Zusammenhang steht auch das Verhalten des Kreises als Kontrollbehörde in der Kritik.

Ob Vion Berufung einlegen wird, ist noch unklar. „Das Urteil des Verwaltungsgerichtsverfahrens ist noch in der juristischen Prüfung“, sagt Unternehmenssprecher Karl-Heinz Steinkühler. Nächste Instanz wäre das Oberverwaltungsgericht Schleswig.

Es gibt neue Vorwürfe gegen Vion: Tierquälerei und Schwarzarbeit

Hintergrund des Streits zwischen Vion und dem Kreis sind die Gebühren für die BSE-Proben, die seit 2001 bei jedem Rind gezogen werden müssten, erläutert Warlies. Er freut sich darüber, dass das Gericht mit dem Urteil der Behörde erstinstanzlich beschieden habe, dass die Kosten korrekt kalkuliert worden sind. Eine BSE-Probe kostete dabei laut Warlies Anfang des Jahrtausends etwas mehr als 10 Euro, heute ist sie nicht mehr so teuer. Der Kreis selbst reiche dabei den Großteil der Gebühren weiter, die ihm das Landeslabor in Neumünster in Rechnung stellt. Die Behörde ist selbst nur für die Probenentnahme zuständig. Die Tiere werden mit Bolzenschussgeräten getötet, aus den Einschusslöchern werden die Proben entnommen. Weil dies penibel geprüft und permanent mit der Zahl der geschlachteten Rinder abgeglichen werde, kann sich Warlies auch nicht die Aussage von Landwirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklären. Habeck hatte mitgeteilt, dass bei den Durchsuchungen in Bad Bramstedt Rinderköpfe ohne Einschusslöcher gefunden seien, was eine fehlende Betäubung vor der Tötung nahelegen würde. Dies wird derzeit untersucht, ein Ergebnis liegt noch nicht vor.

Gegenüber dem ARD-Magazin „Report Mainz“ erhob ein anonymer Insider den Vorwurf, dass beim Betäuben die Schädeldecke oft nicht richtig getroffen wurde. „Das kam mit Sicherheit ein- bis zweimal am Tag vor.“ Er spricht von etwa 50 nicht fachgerechten Betäubungen am Tag. Die Tierrechtsorganisation PETA hat auf ihrer Homepage Dokumente veröffentlicht, die eine unsachgemäße Betäubung in Bad Bramstedt in den Jahren 2011 bis 2013 beweisen sollen. Dies war demnach den Behörden bekannt, ein Kontrolleur aus Bad Bramstedt meldete es laut den vorliegenden Schreiben mehrfach an die Kreisverwaltung. Die Dokumente waren laut PETA auch Bestandteil eines Verfahrens gegen Vion, das jedoch eingestellt wurde.

Der Schlachthof selbst bleibt weiterhin geschlossen, auch wenn sich das in Kürze ändern könnte. Schleswig-Holsteins Bauernverbandspräsident Werner Schwarz sagte dem Abendblatt: „Es verdichten sich die Zeichen, dass es eine Einigung gibt, wie der Betrieb in Zukunft gesetzeskonform gewährleistet werden kann.“ Sein Eindruck sei, dass ein vernünftiger Weg gefunden ist, wie es weitergeht und dass die Vorfälle der Vergangenheit juristisch aufgearbeitet würden. Eine Wiedereröffnung sei für die Bauern im Land wichtig, denn die meisten schleswig-holsteinischen Rinder werden in Bad Bramstedt geschlachtet. Das Unternehmen hatte zuletzt einen Tag der offenen Tür im Schlachthof sowie eine Modernisierung des Betriebs angekündigt. Die Schlachtgeschwindigkeit solle um mehr als 25 Prozent reduziert und das Kontrollsystem zur Durchführung der Betäubung und Betäubungseffektivität ausgebaut werden. Per Videoüberwachung solle jeder Vorgang im Bereich der Betäubung lückenlos dokumentiert werden.

Neben Mängeln beim Tierschutz und bei der Hygiene – der Insider spricht gegenüber der ARD davon, dass kranke Tiere in den Verzehr gelangt sind, ohne von den Veterinären untersucht worden zu sein – wird dem Schlachthof verdeckte Schwarzarbeit vorgeworfen. Rumänische Arbeiter sollen weder kranken- noch unfallversichert sein. Der Zoll war bei einer Durchsuchung vor vier Wochen dabei. „Wir haben eine verdachtsunabhängige Prüfung nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz durchgeführt“, so Sprecher Thomas Gartsch vom Hauptzollamt Itzehoe. 351 Personen wurden befragt, die Auswertung laufe noch.