70 neue Stellen im Hamburger Werk geschaffen. Kleber aus Hamburg von Elektronikindustrie weltweit stark gefragt. Vor allem vom zunehmenden Verkauf von Smartphones profitiert das Unternehmen.
Hamburg. Smartphones oder Tablet-PCs, die sich biegen lassen, oder Fernseher, die oval sind: Aufseiten der Elektronikindustrie wird es in Zukunft viele Veränderungen geben. So hat der südkoreanische Konzern LG erstmals ein flexibles Handy entwickelt. Der Vorteil: Das Gerät geht auch dann nicht kaputt, wenn man sich daraufsetzt oder darauftritt. „Ein Trend, der sich in den kommenden zwei bis fünf Jahren durchsetzen könnte. Vielleicht gibt es eines Tages sogar Handys, die man aufrollen kann“, sagt Thomas Schlegel, Chef vom Hamburger Klebebandspezialisten Tesa. Die neue Technologie, die das möglich macht, basiert auf sogenannten OLEDs. Dahinter verbergen sich elastische organische Licht-emittierende Dioden – quasi maschinell gefertigte „Glühwürmchen“. Sie könnten zukünftig die heute üblichen anorganischen Leuchtdioden (LEDs) ablösen.
Schon jetzt arbeitet das Hamburger Unternehmen mit Hochdruck an der Entwicklung extrem dünner Klebebänder für die neuen Geräte, die nicht nur weniger Energie verbrauchen sollen als die bisherigen Smartphones. „Die OLED-Displays müssen absolut luft- und wasserdicht sein“, sagt Schlegel. Tesa entwickele dafür extra ein Klebeband, welches das empfindliche organische Material vollflächig verkapselt. Die Elektronikindustrie gehört zu den großen Kunden des Unternehmens. Allein im vergangenen Jahr konnte Tesa mit seiner Klebetechnologie im Bereich Mobiltelefone um 50 Prozent wachsen, während der Gesamtmarkt nur um 2,6 Prozent zulegte. Bei Notebooks und Tablets betrug das Plus 43 Prozent gegenüber 14,8 Prozent im Gesamtmarkt.
Auch in der Autoindustrie, dem zweiten großen Kundenkreis, legten die Hamburger zu. Unter anderem hat Tesa ein Laserlabel entwickelt, mit dem sich Autos fälschungssicher kennzeichnen lassen. „Unser Produkt wurde speziell für die hohen gesetzlichen Anforderungen in China entwickelt und ist nun dort im Einsatz“, so Schlegel. Über viele Jahre hinweg war das Land eines der Standorte für Produktfälscher. Neue, umweltfreundliche und lösungsmittelfreie Klebebänder hat das Unternehmen für die Branche entwickelt, damit zum Beispiel Kabel oder auch der Bodenteppich eines Autos besonders geruchsarm verklebt werden können. „Gerade im Automobilgeschäft denken wir immer über mehrere Jahre voraus. Denn von der Produktidee bis zum Produktionsstart eines neuen Modells dauert es lange“, beschreibt Schlegel eine der Herausforderungen für die Beiersdorf-Tochter. Im Automobilbereich konnte Tesa immerhin um exakt 6,1 Prozent zulegen und sich damit ebenfalls besser als der Markt entwickeln: Da die Branche in Europa schwächelt, betrug das Plus in der Autobranche 2013 insgesamt nur 3,2 Prozent.
Schweres Geschütz fährt das Unternehmen auch in der Bau- und Konstruktionsbranche auf. Mit Klebstoffen, die kiloschwere Lasten tragen können, macht das Unternehmen inzwischen den Schrauben-und-Nieten-Herstellern Konkurrenz. „In diesem neuen Geschäftsbereich konnten wir bereits die Anzahl der Kunden erhöhen“, sagt Schlegel. Aktuelle Anwendungsbeispiele seien die Montage von Dekor- oder Glaselementen bei der Herstellung von Außentüren sowie Spiegeln und Paneelen in der Möbelindustrie. In den USA und Lateinamerika starteten bereits erste Projekte zur Verklebung von Fassadenelementen im Außenbereich.
25 Prozent des Umsatzes von Tesa entfällt auf Privatkunden. In Baumärkten bietet das Unternehmen wasserfeste PowerStrips an, also kräftige Klebestreifen etwa für Haken im Bad. Sie sind so stark, dass man damit auch Behälter etwa für Waschlappen oder Seife direkt an die Kacheln kleben kann. Auch beim Tesafilm gibt es eine Neuerung: So hat das Unternehmen einen Abroller entwickelt, der fest auf dem Tisch haftet, sodass man damit nur noch eine Hand braucht, um die Kleberolle zu bedienen. Mit einer Drehbewegung lässt er sich wieder von der Tischplatte lösen.
Regional gesehen ist der asiatische Markt mit einem Anteil von 28,8 Prozent der größte. Auch deshalb plant Schlegel schon die zweite Erweiterung seines chinesischen Werks sowie der Forschung und Entwicklung in dem Land. In Singapur wurde ein kleines Werk mit 105 Mitarbeitern geschlossen. „Der Personalstand ist allerdings gleich geblieben, denn wir haben neue Stellen in anderen Bereichen geschaffen, zum Beispiel in der Grundlagenforschung und Produktentwicklung“, sagt Schlegel. Allein in Hamburg wurden 2013 rund 70 neue Stellen aufgebaut. „Auch dieses Jahr werden wir weitere Mitarbeiter einstellen.“ Insgesamt hat Tesa weltweit 3800 Beschäftigte.
Im vergangenen Jahr legte der Umsatz des Unternehmens, das fast in allen Ländern dieser Welt aktiv ist, ohne Berücksichtigung der Wechselkurse um 8,5 Prozent zu. Wegen des starken Euro lag das Plus nominal nur bei 3,8 Prozent. Der Umsatz stieg von einer Milliarde auf knapp 1,04 Milliarden Euro, das betriebliche Ergebnis vor Steuern und Zinsen erreichte 178,5 Millionen Euro, was einer Umsatzrendite ohne Sondereffekte von 16,9 (Vorjahr: 12,9) Prozent entspricht. Das Wachstum war erneut von der Elektronik- und Autoindustrie in Asien und der USA getragen.
„Wir konzentrieren uns mit Erfolg auf die Entwicklung neuer Technologien, den Ausbau neuer, attraktiver Geschäftsfelder und den konsequenten Ausbau unserer Strukturen in den Wachstumsregionen“, sagt Schlegel. Für das kommende Jahr erwartet er leicht verbesserte Wachstumsraten in Europa und auf dem amerikanischen Automarkt. „Wir werden in diesem Jahr unsere Investitionen erhöhen“, sagt Schlegel. Unter anderem will er in Deutschland und einzelnen internationalen Märkten in Werbekampagnen investieren.
Doch ein Großteil der Ausgaben entfällt auf die neue Unternehmenszentrale, die 2015 in Norderstedt bezogen werden soll. Nur die größte Produktion bleibt dann in Hamburg. Auch hier hat Tesa 2013 kräftig investiert und eine zusätzliche Polymerisationsanlage zur Entwicklung der Produktion von Klebstoffen errichtet.