Laut einer Hamburger Studie breitet sich die gefährliche Droge Crystal Meth immer weiter aus. Viele konsumieren das kristalline Pulver als Aufputschmittel. Crystal Meth macht sehr schnell abhängig.

Hamburg. Es gilt vor allem als Party- und Straßendroge – doch das hoch gefährliche Crystal Meth breitet sich auch in Nutzergruppen abseits der typischen Drogenszene aus, etwa im Berufsleben oder bei Schülern und Studenten. Das hat eine Hamburger Studie ergeben, die vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegeben wurde. „Auffallend ist der berufliche Kontext. Immer mehr Menschen konsumieren Crystal Meth, um hohe Anforderungen zu meistern und fit zu bleiben“ sagt Ingo Schäfer, Geschäftsführer des Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg (ZIS) und Leiter der Studie, dem Abendblatt. Auch wenn diese Drogen in Hamburg immer noch selten vorkämen, „und wir nicht damit rechnen, dass Crystal Meth die Stadt überschwemmt, können wir nicht sicher sein, wie sich die Droge weiter ausdehnt“, betont Schäfer.

Crystal Meth macht sehr schnell abhängig, und für die Nervenzellen ist es hochgiftig. Es kann zu Herzproblemen führen, zu Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Zahnausfall und Psychosen. In der Bundesrepublik gehören vor allem Sachsen und Bayern zu den Problemregionen, wegen ihrer geografischen Nähe zur tschechischen Grenze, wo die Droge billig produziert wird. „Von dort gibt es keinen Vormarsch mit sehr hoher Geschwindigkeit, aber es ist durchaus inzwischen in anderen urbanen Gebieten aufgetaucht, etwa in Berlin und anderen Großstädten“, sagt Studienleiter Schäfer. „Deshalb ist es gut, wenn man sich darauf vorbereitet, dass es sich auch weiter ausbreiten könnte.“

Eine Befragung von rund 400 Drogenkonsumenten hatte ergeben, dass etwa jeder zweite von ihnen auch Crystal Meth schnupft, raucht, schluckt oder auch spritzt. Sehr unterschiedlich ist das Einstiegsalter. Es gibt Jugendliche, die schon mit 13 oder 14 Jahren das kristalline Pulver konsumieren, andere fangen mit über 30 an. Betont haben die meisten den Reiz der leistungssteigernden Wirkung. „Andere trinken Kaffee, ich konsumiere Kleinstmengen“, erklärte beispielsweise ein Meth-User. Dabei warnt Schäfer: „Die Droge ist in jedem Fall gefährlich. Es besteht ein extrem hohes Abhängigkeitspotenzial und ein hohes Risiko für psychische Nebenwirkungen.“

Neben den Partygängern und Berufstätigen, die auf die aufputschende Wirkung von Crystal Meth setzen, gehören unter anderem auch Schüler und Eltern zu dem Konsumenten – oder auch Menschen, die damit psychische Schäden wie Depressionen oder Traumata bekämpfen wollen. „So kann ich meine Albträume besser beherrschen“, sagte etwa ein Teilnehmer der Studie. Für 15 Prozent ist Crystal Meth die erste illegale Droge ihres Lebens, 40 Prozent hatten vor dem ersten Konsum lediglich Erfahrung mit Cannabis. Weil es derzeit keine Anzeichen gebe, dass sich Crystal Meth von den bisherigen Problemgebieten schnell auf andere Regionen ausdehnt, so Schäfer, plädiert der Fachmann für Prävention vorwiegend in den betroffenen Gebieten. „Dort brauchen wir sinnvolle Ansätze, wie man die unterschiedlichen Konsumgruppen erreichen kann.“

Dass Crystal Meth in Hamburg bislang eine untergeordnete Rolle spielt, bestätigt auch Theo Baumgärtner von der Hamburgischen Landesstelle für Suchtfragen: „Die Verbreitung der Droge unter der Normalbevölkerung fällt epidemiologisch nicht ins Gewicht.“ Sie liege bei etwa 0,6 Prozent bei den Jugendlichen, so Baumgärtner, und das „in der Regel im Rahmen des jugendlichen Experimentierverhaltens“. Nach dem Ausprobieren ließen es die meisten sein. Zum Vergleich: 29,3 Prozent gaben an, schon einmal Cannabis probiert zu haben, bei anderen illegalen Drogen waren es noch 7,3 Prozent. Diese Ergebnisse gehen aus regelmäßigen Schüler- und Lehrerbefragungen hervor, zuletzt aus dem Jahr 2012. „Das bedeutet aber nicht, dass wir in Bezug auf Crystal Meth nicht aufmerksam bleiben müssen“, betont Baumgärtner. „Man muss sensibel sein und genau hinschauen.“

Genau hingesehen hat auch der Zoll. „Der Zoll hat eine Soko Crystal gegründet“, erklärt Niels Henning, Sprecher der Zolldirektion Hamburg. Diese hat ihren Sitz in Dresden – aus gutem Grund, wegen der Verbreitung von Crystal Meth vorwiegend in Sachsen und Bayern. In Hamburg gebe es zwar zurzeit „keine größeren Sicherstellungen“ von Grundstoffen für Crystal Meth, so Zollsprecher Henning. Zuletzt gelang Spezialisten der Ermittlungsgruppe Hafen des Zollfahndungsamtes Hamburg allerdings ein sehr großer Coup, als sie vor rund einem Jahr insgesamt 30 Tonnen Apaan, einen Vorläuferstoff zur Herstellung der synthetischen Drogen Methamphetamin und Crystal, beschlagnahmten. Der Stoff war in Containern aus China unter Waschpulver versteckt. Die Menge der Chemikalie hätte zur Herstellung von bis zu einer Milliarde Konsumeinheiten verwendet werden können. Das entspreche einem Straßenverkaufspreis im zweistelligen Millionenbereich.