Hockey-Star Moritz Fürste hat sich zum zweiten Mal schwer am Knie verletzt – das hintere Kreuzband ist gerissen. Zur Weltmeisterschaft im Mai will der Hamburger aber wieder fit sein.

Nun geht die Quälerei wieder von vorne los. Moritz Fürste kennt das schon. Er hat es ja schon einmal geschafft, vor zwei Jahren.

Anriss des rechten vorderen Kreuzbandes lautete die Diagnose nach der Kernspin-Untersuchung. Damals war es nur noch ein Dreivierteljahr bis Olympia. Fürste schaffte das Comeback.

Am Ende stand die Goldmedaille von London. Und der Hamburger wurde am Jahresende 2012 auch noch zum besten Hockeyspieler der Welt gewählt.

Diesmal ist das hintere Kreuzband gerissen. Es passierte Anfang März im Trainingslager der deutschen Nationalmannschaft in Kapstadt.

Die Weltmeisterschaft in Den Haag in den Niederlanden beginnt allerdings schon am 31. Mai. Das Zeitfenster, um wieder gesund zu werden, ist also viel kleiner als vor den Olympischen Spielen in London.

Trotz Verletzung zuversichtlich

Weil ein Kreuzbandriss hinten aber weniger schlimm ist, als eine Verletzung des vorderen Bandes, ist ein Profi-Sportler wie Fürste zuversichtlich, in einem Vierteljahr wieder fit zu sein. Ohne Operation. Muskelaufbau muss die Stabilisierungsfunktion des angeschlagenen Bandes ersetzen.

„Grundsätzlich ist diese Verletzung gut auszuheilen, selbst wenn es ein glatter Durchriss ist“, bestätigt Norbert Sibum, „entscheidend ist aber auch, welche Schäden es außerdem im Knie gibt.“

Sibum ist Sportwissenschaftler am Olympiastützpunkt Hamburg. Man kennt sich. Am Montag hat Fürste wieder einen Termin bei ihm. Bereits vor zwei Jahren hat Sibum die Reha- Pläne gemeinsam mit dem Sportler ausgearbeitet.

Auch Rainer Sonnenburg ist wieder dabei, der Athletiktrainer. Auch er war bereits vor zwei Jahren mit an Bord. Und auch Kniespezialist Carsten Lütten wird wieder hinzugezogen, um die ärztliche Begleitung während der Genesungsphase zu gewährleisten.

Tipps von „Guru“ Müller-Wohlfahrt

Vorsichtshalber war Fürste vergangenen Donnerstag auf Vermittlung des ehemaligen Hockey-Bundestrainers Bernhard Peters in München bei Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, Arzt von Bayern München und der Fußballnationalmannschaft.

„Er hat sich bereit erklärt, die Bilder meines Knies anzuschauen“, sagt Fürste. Mehr Sportärzte-Kompetenz ist kaum vorstellbar. Für viele Sportler national und international ist Müller-Wohlfahrt so etwas wie ein Guru.

„Wie das Reha-Programm genau aussehen wird, kann ich noch gar nicht sagen, das werden wir am Montag nach der genauen Diagnose besprechen“, sagt Moritz Fürste.

Vor zwei Jahren hat er sich noch allein durch die tägliche Fron des Reha-Trainings gequält, diesmal wird er es wohl mit familiärer Begleitung machen, gegenseitiges Motivieren, Anstacheln und Trösten inklusive.

Doppelpech: Auch der kleine Bruder verletzt

Denn wie durch eine böse Macht gesteuert, erlitt sein zwei Jahre jüngerer Bruder Jonas im Training beim Uhlenhorster HC exakt die gleiche Verletzung. „Wir machen die Reha gemeinsam“, sagt der „große“ Bruder.

Ein sportlicher Traum hat sich durch dieses Doppelpech der Fürstes auf jeden Fall erledigt: Der Gewinn der ersten deutschen Feldmeisterschaft in der Geschichte ihres Vereins UHC.

Das Vorhaben, den blauen Meisterwimpel auf der eigenen Anlage in Hummelsbüttel zu holen, dort wo am 3. und 4. Mai die Endspiele ausgetragen werden, hat sich mutmaßlich erledigt.

Der UHC geht zwar als Tabellenführer am kommenden Wochenende in die restlichen sechs Vorrundenspiele, er sollte sich also für die Finalrunde qualifizieren, Favorit auf den Titel ist der Hamburger Club ohne die Fürste-Brüder nicht mehr.

Hoffnung auf WM-Teilnahme bleibt

Aber die Weltmeisterschaft vier Wochen später, die hat Moritz Fürste ganz fest im Kopf: „Ich habe die Hoffnung, es zu schaffen“, sagt er.

Bundestrainer Markus Weise wird dem überragenden Mittelfeldspieler so lange wie möglich einen Platz im Kader freihalten. „Eine Weltmeisterschaft in den Niederlanden ist immer etwas ganz Besonderes, diese Atmosphäre will man mitnehmen.“

Das Turnier findet im engen Fußballstadion des Erstligisten ADO Den Haag statt, vor 15.000 Zuschauern. Das möchte auch ein erfahrenen Spieler wie Fürste, der bereits Weltmeister 2006 wurde und zweimal Olympia-Gold gewonnen hat, unbedingt miterleben.

Ein falscher Tritt

Der Vorbereitung auf das Großereignis galt auch das Trainingslager, bei dem das neuerliche Unglück passierte. Bei Sprint-Übungen auf dem Hockeyplatz trat er aus Versehen auf eine Betonumrandung und rutschte weg.

„Ich habe sofort gewusst, dass es etwas Schlimmes ist. Die neue Verletzung hat aber nichts mit der alten zu tun, es war einfach Riesenpech.“

Noch in Südafrika begann er mit Reha-Übungen. Er muss vier Wochen eine Schiene tragen, fuhr intensiv Handbike „um weiter hochpulsig zu trainieren“, arbeitete an der Kräftigung seiner Rumpfmuskulatur.

Bald wird er wieder bei Sibum auf der 150.000 Euro teuren „Isomed“-Kraftmessanlage sitzen, wo Schnellkraft, Maximalkraft und Kraftausdauer getestet werden.

Er wird seine Beine gegen einen Widerstand drücken und dabei vor Anstrengung das Gesicht verziehen. Ein Computer zeichnet alles auf. Wo sind Unregelmäßigkeiten? Was können die Beine und was nicht?

Zweimal täglich Quälerei

Die Kurven lassen Rückschlüsse auf jede Anormalität zu und dienen auch zur Diagnostik. Die Daten sind die Grundlagen für die Trainingspläne.

Fürste wird sich zweimal täglich schinden müssen. Vormittags Krafttraining, nachmittags Ausdauertraining auf dem Fahrrad. Dazu stabilisierendes Muskeltraining, Aquajogging, Elektrotherapie.

In zwei bis drei Wochen kann er vielleicht mit dem Lauftraining beginnen. „Moritz ist ein herausragender Athlet. Er will trainieren, kann sich quälen.

Er wäre auch in anderen Sportarten nach vorne gekommen“, sagt Rainer Sonnenburg. Sein Schützling weiß, was auf ihn zukommt. Er hat die Prozedur schließlich schon einmal hinter sich gebracht. Und ist erfolgreich zurückgekommen.