Nach der Kritik an der Polizeireform äußert sich die Leitung des Landeskriminalamts jetzt erstmals zu den Vorwürfen. Kein Tötungsdelikt soll unentdeckt bleiben, verspricht der Vizechef.

Winterhude. Wird die Mordkommission kaputtgespart? Nach dem Abendblatt-Bericht über die schwierige Arbeitssituation bei den Ermittlern der Mordkommission (MoKo) äußert sich die Leitung des Landeskriminalamts (LKA) jetzt erstmals zu den Vorwürfen. Die MoKo war bei der Neuorganisation des LKA mit der Abteilung Todesermittlung zusammengelegt und Stellen gestrichen worden.

Die Beamten beklagen eine höhere Arbeitsbelastung und fehlendes Expertenwissen – auch wegen des Wechsels ehemaliger Mordermittler in andere Abteilungen. Durch diese Situation, sagte ein Beamter dem Abendblatt, bestehe die Gefahr, dass Morde nicht als solche erkannt werden. Das Hamburger Abendblatt sprach am Mittwoch mit dem stellvertretenden LKA-Chef Bernd Schulz-Eckhardt. Er sagt, die Umstrukturierung der MoKo sei noch nicht endgültig abgeschlossen.

Hamburger Abendblatt:

Aus Polizeikreisen verlautet, die Stimmung in der Mordkommission (MoKo) sei am Tiefpunkt angelangt. Warum?

Bernd Schulz-Eckhardt:

Das kann ich in der Form nicht bestätigen. Fakt ist: Im Zuge der Neuorganisation der Polizei – und damit auch der Mordkommission – gibt es auch in der MoKo Unruhe. Erst vor wenigen Monaten sind die neuen Arbeitsabläufe etabliert worden, im Wesentlichen die Zusammenlegung von Todes- und Mordermittlern. Das gefällt nicht jedem.

Was ist das Problem?

Schulz-Eckhardt:

Einigen Kollegen missfällt offenbar das mit den Todesermittlungen zusammenhängende Mehr an administrativen Aufgaben. Das bedeutet: Wenn ein Todesermittler ausgerückt ist, weil etwa zur Beurkundung der Todesursache nicht der Hausarzt des Verstorbenen vor Ort war, dann kommt eine Vielzahl von Verwaltungsaufgaben auf ihn zu. Da geht es etwa um Erbschafts- oder Beerdigungsangelegenheiten. Dieser Aufwand ist es, der für einige Mordermittler noch fremd und neu ist.

Wie viele Versetzungsgesuche gab es?

Schulz-Eckhardt:

Vier für den April, zwei für den Oktober, weitere für 2015. Aber nicht alle gehen diesen Schritt, weil sie mit der Umstrukturierung unzufrieden sind. Und es ist fraglich, ob Letztere ihre Versetzung nicht zurückziehen, wenn wir nach der „Testphase“ unsere Maßnahmen möglicherweise angepasst haben werden. Alle die gehen, werden aber ersetzt. Wir haben jetzt sechs Mordbereitschaften mit je einem Bereitschaftsleiter und fünf Mitarbeitern, also insgesamt 36 Beamte, die sich um Mord- und Todesermittlungen kümmern.

Warum sind die Aufgaben überhaupt zusammengelegt worden?

Schulz-Eckhardt:

Als zuletzt vor 20 Jahren die MoKo umstrukturiert wurde, waren die Fallzahlen bei den Tötungsdelikten doppelt so hoch wie heutzutage. Dem muss man Rechnung tragen. Ein Beispiel: Jede Nacht hatte einer der bisher zwölf Todesermittler Bereitschaftsdienst, sie mussten aber nur dreimal im Monat ausrücken. Pro Jahr werden nur rund sieben Verdachtsfälle an die Mordkommission weitergeleitet. Das hat dazu geführt, dass sieben der zwölf Todesermittler jetzt anderweitig Verwendung finden im LKA, etwa im Bereich Cybercrime oder Staatsschutz. Im Übrigen kamen die Vorschläge für die Umstrukturierung in enger Zusammenarbeit mit den Beamten der Mordkommission zustande.

MoKo-Beamte kritisieren, dass es ihren Kollegen von der Todesermittlung an Expertenwissen mangelt ...

Schulz-Eckhardt:

Weder die Professionalität und Motivation der Beamten noch die Qualität ihrer Arbeit leiden unter der Umstrukturierung, im Gegenteil: Die Staatsanwaltschaft bescheinigt uns, dass seit der Neuorganisation die Qualität der Todesermittlung noch gestiegen ist. Ich garantiere, dass die Mordkommission auch in Zukunft einen Spitzenjob machen und es keinen durch die Neuorganisation bedingten „unerkannten Mord“ geben wird. Stichwort Expertenwissen: Zwischen Mord- und Todesermittlern gibt es einen Wissenstransfer. Das sieht dann etwa so aus, dass Todesermittler ihr Wissen bei den Mordermittlern hinsichtlich der Vernehmungsführung auffrischen. Umgekehrt können sich die Mordermittler bei den Todesermittlern in Sachen Verwaltungsarbeit schlau machen. Zudem gehört das, was die Todesermittler machen, zu den ureigenen Aufgaben jedes Mordermittlers, also die äußere Leichenschau und die Feststellung einer möglichen Fremdeinwirkung.

Polizeigewerkschaften kritisieren, dass bei der MoKo an der falschen Stelle gespart wird und die Beamten so an den Rand der Belastung gebracht werden. Ist die Umstrukturierung schon gescheitert?

Schulz-Eckhardt:

Ich halte das für schlicht überzogen. Wir verhehlen nicht, dass es Kritik an der Neuorganisation gibt. Aber wir werden sehen, ob die Kritik auch in einigen Wochen, wenn wir genug Erfahrungen gesammelt haben und die Arbeitsabläufe möglicherweise angepasst worden sind, in dieser Form noch bestehen bleibt.