Experte erwartet niedrigere Preise. Luxusimmobilien sind immer schwerer zu vermitteln
Hamburg. „Wohnung zu vermieten. Sechs Zimmer, 180 Quadratmeter in Harvestehude, Balkon, zwei Bäder, Küche und Parkett neu, 2675 Euro kalt“, heißt es in der Immobilienanzeige. Oder soll es kleiner, aber heimeliger in Rotherbaum sein? In einer alten Villa am Innocentiapark gibt es 170 Quadratmeter für 2775 Euro kalt. Für 3630 Euro kalt sind 235 Quadratmeter auf der Etage am Eppendorfer Baum im Angebot. „Unvergleichliches Leben“ verspricht die Annonce der Neubauten in den Sophienterrassen. Für 180 Quadratmeter werden 4264 Euro kalt verlangt. Der Stellplatz kostet 175 Euro extra.
Wer soll das bezahlen? Wer braucht so viel Platz? Diese beiden Fragen können auch Makler oft kaum beantworten: Immer mehr große Wohnungen in teuren Lagen werden monatelang inseriert und sind kaum zu vermieten.
„Die Vertriebsprobleme im oberen Preissegment sind erste Anzeichen für ein Ende des Immobilien-Booms“, sagt Heinrich Stüven, Vorsitzender des Grundeigentümerverbands. „Das Aufkaufen von Häusern und Wohnungen ebbt ab.“ Druck gebe es noch im Bereich der Innenstadt, etwa im Einzugsbereich dessen, was per Fahrrad gut zu erreichen sei. Außerhalb dieses Rings sei „schon nicht mehr so viel los“. Gleiches gelte für Vermietungen.
Axel Kloth, Vorsitzender des Immobilienverbands Deutschland (IVD), sagt, dass Nischenmärkte besonders sensibel auf Veränderungen reagieren. Bei großen und teureren Wohnungen würden schon kleine Schönheitsfehler große Wirkungen zeigen. „Dann mit der Miete etwas nachzulassen hilft oft nicht. Wer so viel Geld ausgeben kann, macht keine Kompromisse“, sagt Kloth.
Als knapp gelten 60- bis 70-Quadratmeter-Wohnungen mit zwei bis drei Zimmern im eher niedrigen Preissegment. Große Wohnungen sind teure Exoten. Quer durch alle Generationen leben mehr als 50 Prozent der Hamburger als Single. 80 Prozent der Haushalte haben nicht mehr als zwei Personen. Das engt den Kreis der Interessenten für große Wohnungen stark ein.
Dass Familien in Hamburg große Wohnungen suchen, verwies Stüven in den Bereich der Legende. „Es gibt kaum noch Familien mit zwei oder mehr Kindern in Hamburg.“ Der Trend zum urbanen Leben in der Stadt habe sich für Familien schon wieder überlebt. „Viele sind in Flächenstaaten sozialisiert und wollen ihren Kindern auch eine Jugend im Grünen bieten.“ Eltern hätten auch nicht mehr das Einkommen von Paaren ohne Nachwuchs. Sie machten sich die hohen Kosten und Zeitverluste durchs Pendeln oft nicht klar und sähen vor allem auf die Immobilienpreise, die in der Fläche deutlich niedriger seien als in der Stadt. Aber wer 2500 Euro und mehr Miete zahlen kann, kaufe in der Regel lieber und bilde damit Kapital.
Kloth dagegen sieht keinen Trend zum Wohnen im Grünen. „Eher der Not gehorchend verlassen Familien die Stadt.“ Der Trend zum zentralen Wohnen sei ungebrochen.
Große Mietwohnungen in der Stadt halten aber beide für „einfach zu teuer“. Stüven macht dafür vor allem die Einkommensentwicklung verantwortlich. Obwohl die Quadratmetermiete mit wachsender Wohnungsgröße in der Regel sinke, blieben unter dem Strich absolute Zahlen stehen, die die Möglichkeiten normaler Mieter und Häuslebauer deutlich überstiegen. Kloth wies dagegen auf die Neubauten hin. „Es gibt jetzt mehr große Wohnungen als früher, deshalb müssen die Preise nachgeben.“
Dass mit leer stehenden Luxuswohnungen spekuliert werde, sei extrem unwahrscheinlich. Die Mietausfälle seien einfach zu hoch. Spätestens sechs Wochen des Inserierens drohe das Objekt zu „verbrennen“, weil die Beobachter des Marktes sehen, dass sie einen Ladenhüter vor sich haben. Warum dann der Anbieter nicht die Miete senkt? „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt Stüven, „außerdem gibt keiner gern zu, dass er sich vertan hat. Viele hangeln sich dann so durch und warten.“
„Es gibt nur zwei kaufmännische Gründe, eine Wohnung leer stehen zu lassen“, sagt Kloth, „der eine ist eine bevorstehende Sanierung, der andere ein Verkauf. Denn vermietete Wohnungen erzielen deutlich geringere Preise.“ Die Debatte um die Zweckentfremdung von Wohnungen sei deshalb verfehlt. Das Thema betreffe „vielleicht einige Hundert Wohnungen. Das ist bei insgesamt 920.000 Wohneinheiten in Hamburg der falsche Schwerpunkt.“
Kloth sprach von einem „verdeckten Leerstand“, der durch Paare entstehe, die zwar überwiegend in einer Wohnung zusammenleben, aber trotzdem zwei Wohnungen unterhalten. „Ich nehme in der Stadt wesentlich mehr Paare wahr, als es die gut 50 Prozent Singlehaushalte erwarten ließen“, sagt Kloth. Alte Mietverträge mit oft vergleichsweise günstigen Mieten würden es nahelegen, die Wohnungen zu behalten und eher einen Untermieter aufzunehmen als zu kündigen.