Das neue Programm soll der Stadt bei der Personalverwaltung helfen. Eine schlechte Planung führt aber zu erheblichen Verspätungen. Für den Steuerzahler sind das Mehrkosten in Höhe von rund zehn Millionen Euro.
Hamburg. Wieder einmal wird ein städtisches Projekt deutlich teurer als vorgesehen. Diesmal geht es um eine neue Software, mit der Hamburg künftig Zahlungen, Personalakten und Urlaubsplanungen seiner rund 70.000 Mitarbeiter und Überweisungen an die 35.000 Pensionäre organisieren will.
Das 2007 gestartete Projekt ePers sollte ursprünglich im Februar 2014 abgeschlossen sein und die Stadt 40 Millionen Euro kosten. Nun dauert die Einführung des Programms bis mindestens Mitte 2015, vielleicht auch länger. Dadurch entstehen den Steuerzahlern in Hamburg zusätzliche Kosten von 10,05 Millionen Euro. Das geht aus dem Entwurf einer Senatsdrucksache hervor, die dem Abendblatt vorliegt. Darin ist auch von weiteren Risiken die Rede, die zu einer erneuten Verzögerung bis Mitte 2016 führen und zusätzlich weitere 7,45 Millionen Euro kosten könnten.
Betroffen von den Verzögerungen ist neben Hamburg auch Schleswig-Holstein, denn im Jahr 2009 wurde eine Kooperation beider Länder bei der Modernisierung des Personalmanagements vereinbart – unter dem Projektnamen KoPers. Zuständig für die Umsetzung von ePers/KoPers ist die Wiesbadener P&I Personal und Informatik AG. Die Leitung des Projekts liegt bei Dataport, dem gemeinsamen Informations- und Kommunikationsdienstleister der norddeutschen Bundesländer. Auch auf Schleswig-Holstein kommen nun deutliche Mehrausgaben zu. Dort kostet das Projekt nach letztem Stand 120 statt der geplanten 100 Millionen Euro. Trotz der aktuellen Probleme hat nun auch Bremen sein Interesse bekundet, sich der Kooperation beim Personalmanagement anzuschließen.
Mangelhafte Abstimmung
Eine der Hauptursachen der Probleme bei dem Projekt ist offenbar die mangelhafte Abstimmung zwischen den vier Beteiligten Hamburg, Schleswig-Holstein, Dataport und P&I. Die vier Parteien hätten sich nicht einmal auf eine gemeinsame „Bewertung des Projektfortschritts“ einigen können, heißt es im Entwurf für eine Mitteilung des Senats an der Bürgerschaft. Die Länder haben demnach auch „die Mängel in der Projektsteuerung und -planung durch Dataport formal gerügt“.
Dataport hatte zuletzt immer wieder für negative Schlagzeilen gesorgt. So fielen wegen eines gravierenden Fehlers von Dataport im Jahr 2010 mehrere Tausend Computer in der Hamburger Verwaltung aus. Auch für den mehrtägigen Ausfall von 29.000 Telefonanschlüssen in den Behörden Anfang Februar war Dataport verantwortlich. „Dass der Steuerzahler jetzt für die Unfähigkeit von Dataport bezahlen muss, ist schwer zu vermitteln“, sagt CDU-Haushaltspolitiker Roland Heintze. „Anscheinend ist das städtische Unternehmen überfordert. Schon der zweitägige Ausfall der städtischen Telefone war kein Ruhmesblatt für Dataport. Zu hoffen bleibt, dass das ganze Projekt durch den Einstieg von Bremen nicht noch schwerer steuerbar wird. Hier muss der Finanzsenator eingreifen, anstatt die Mehrkosten einfach hinzunehmen.“ Tatsächlich hat Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) allerdings nur mittelbar mit dem Projekt zu tun. Federführend ist das Personalamt und damit die Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) zugeordnete Senatskanzlei und deren Chef, Staatsrat Christoph Krupp (SPD).
Das Software-Debakel hatte sich bereits länger angekündigt. Weil die Projektpartner sich nicht in der Lage sahen, eine gemeinsame Bewertung abzugeben, wurde schließlich die Firma CSC als externer Gutachter hinzugezogen. In ihrem 90 Seiten starken Bericht stellen die Experten den KoPers-Beteiligten kein sonderlich gutes Zeugnis aus. „Es gibt kein Projektcontrolling im eigentlichen Sinn, es ist kaum bzw. nicht möglich, den Umsetzungsgrad zu ermitteln“, heißt es dort etwa. Übersetzt: Niemand weiß, wie weit man ist – folglich kann auch niemand so genau sagen, wann man fertig wird.
Fehlende Erfahrung
Auch an der Auswahl der P&I AG für die Umsetzung üben die Gutachter Kritik. „Die Projekthistorie zeigt, dass es sich um ein Projekt mit hohen Softwareentwicklungsanteilen und keine Standardeinführung mit geringfügiger Parametrisierung handelt und dass das P&I-Vorgehen (...) nicht geeignet ist, ein Projekt dieser Dimension zu erfassen“, schreiben die Gutachter.
Insgesamt habe es den Projektverantwortlichen an Erfahrung mit Großprojekten gefehlt, sie hätten kein „hinreichendes Know-how bezüglich Projektmanagementmethodik“ besessen – und zu allem Übel habe es auch noch ein „Führungspatt“ und „zwischenmenschliche Verwerfungen“ gegeben.
Bettina Lentz, die seit Mitte 2012 das für ePers/KoPers zuständige Hamburger Personalamt leitet, sagt zwar, es sei nicht unüblich, dass sich bei derlei Vorhaben die Termine verschöben und die Kosten erhöhten. Allerdings gibt sie auch zu, dass es viele Fehler gegeben habe. So habe Dataport offenbar „den Steuerungsaufwand unterschätzt“. Ihr Fazit: „KoPers ist sicher kein Beispiel für die hohe Kunst des Projektmanagements.“
Der verantwortliche Chef der Senatskanzlei, Christoph Krupp, sieht das ähnlich, weist die Verantwortung aber dem Vorgängersenat zu. „Die öffentliche Hand hat im IT-Bereich ähnliche Probleme wie bei öffentlichen Bauvorhaben“, sagt Krupp. „Das Projekt ist Teil des Erbes aus der Zeit der CDU-geführten Senate und gehört damit zu den vielen Angelegenheiten, die jetzt in Ordnung gebracht werden müssen.“
Der Senat soll die Drucksache zum Problemfall ePers/KoPers nun spätestens im April beschließen. Noch vor dem Sommer soll die Bürgerschaft dann die zusätzlichen Millionen für das Softwareprojekt freigeben.