Der 35-Jährige hatte 500 Euro erbeutet und laut Zeugen ein schlechtes Gewissen. Dann wurde er vor lauter Aufregung ohnmächtig. Jetzt sprach das Bergedorfer Amtsgericht das Urteil.

Hamburg. Der brutale Spielhallenräuber präsentiert sich als geläutertes, schmächtiges Kerlchen im Ringelpulli. Sidiqi T. gibt sich einsichtig, reumütig und schuldbewusst. Seit mehr als einem Monat sitzt er in Untersuchungshaft, aber bis heute könne er sich nicht erklären, was am 31. Januar in ihn gefahren war. Im Raum 112 des Bergedorfer Amtsgerichts sucht er immer wieder nach Worten, um dem Richter zu erläutern, wie unvorstellbar das alles für ihn sei, findet aber immer nur die gleichen drei Sätze: „Es war ein Riesenfehler. Es tut mir leid. Ich wollte das nicht.“

Der 35 Jahre alte Iraker musste sich am Mittwoch wegen schweren Raubes vor dem Schöffengericht verantworten. Er hatte am 31. Januar die Angestellte einer Spielhalle an der Lohbrügger Hein-Möller-Straße mit einem Messer bedroht, um 500 Euro zu erpressen. Kurze nach dem Überfall hatten ihn die Gewissensbisse aber so sehr geplagt, dass er das Geld zurückbringen wollte. Nur eine Ohnmacht kam dem geständigen Räuber dazwischen. Ein Bekannter musste das erledigen. Und das kam so.

Finale eines verkorksten Tages

Der Zusammenbruch am 31. Januar war das Finale eines völlig verkorksten Tages für Sidiqi T.. Schon am Nachmittag habe er angefangen, Gras zu rauchen. Bis zur Tat hatte er etwa „zehn Joints“ intus, sieben bis acht Cola-Whiskey-Mischungen seien parallel dazugekommen. Derart derangiert sei er gegen Mitternacht mit „etwa 500 Euro“ in die Spielhalle gegangen. Grund: Er sei seit Jahren spielsüchtig.

Binnen weniger Stunden hatte er dann allerdings sein Geld verzockt, laut Aussage der Spielhallenangestellten waren es „an die 1000 Euro“. Angesichts der Pechsträhne habe er hin- und herüberlegt, wie er aus diesem Schlamassel herauskommen könnte. „Ich war verzweifelt, hatte Angst, meine Miete nicht zahlen zu können“, sagt er vor Gericht.

Also verließ Sidiqi T. die Spielhalle, dachte nach, kam wieder rein, zögerte, zauderte, ging wieder raus. Irgendwann habe er keinen Ausweg mehr gewusst, besorgte sich das Messer aus seiner nahen Wohnung, betrat wiederholt die Spielhalle, bestellte eine Limonade, hielt der Angestellten die Klinge an den Körper und forderte sein Geld zurück. „Ich hatte Todesangst“, sagt die 21-Jährige vor Gericht. Sie habe dem Täter dann 500 bis 600 Euro gegeben. Genau wisse sie das nicht mehr. Bis heute habe sie Angstzustände, könne keine Nachtschichten mehr übernehmen.

Minderschwerer Fall

Sidiqi T. flüchtete mit dem erbeuteten Geld, sei aber tiefunglücklich gewesen. Wenige Minuten später traf er einen Bekannten, beichtete ihm die Tat und schilderte sein schlechtes Gewissen. „Er war voll verzweifelt und so“, sagt der Zeuge vor Gericht. Zusammen hätten sie beschlossen, das Geld umgehend wieder zurückzubringen. Denn grundsätzlich, so der Zeuge, sei Sidiqi T. „voll der nette Mensch“ und ein „gutmütiger Typ“. Dass die beiden das Geld letztlich nicht zurück in die Spielhalle bringen konnten, habe nur daran gelegen, dass der Angeklagte vor Aufregung zusammengebrochen sei und wenig später festgenommen wurde.

Der seit neun Jahren geduldete Iraker hatte sich zuvor nichts zu Schulden kommen lassen, arbeitete als Hausmeistergehilfe oder Tellerwäscher. In dieser Nacht habe er spontan gehandelt. Zudem sei er geständig und direkt nach der Tat von seinem Gewissen bekehrt worden. Die Staatsanwaltschaft sah deshalb einen „minderschweren Fall“ und forderte zwei Jahre und drei Monate Haft. Die Verteidigung plädierte auf eine Bewährungsstrafe.

Am Ende urteilten Richter Götz Schwerin und die Schöffen im Sinne der Verteidigung. Sie belegten Sidiqi T. mit einer zweijährigen Haftstrafe, ausgesetzt auf vier Jahre Bewährung. „Ich hoffe, Sie haben aus der U-Haft gelernt“, sagte Schwerin. „Und machen eine Therapie, um Ihre Sucht in den Griff zu bekommen.“