Eine Beobachtung von Alexander Schuller
Bestimmt sind sie Ihnen schon in der Stadt aufgefallen: diejenigen Menschen, die in Mülleimern nach Pfanddosen und -flaschen suchen und in öffentlichen Aschenbechern nach halb gerauchten Kippen. Bestimmt haben Sie schon mal was gegeben: etwa dem Obdachlosen mit dem niedlichen Hund, der Tag für Tag auf der Brücke am Jungfernstieg sitzt. Und vielleicht haben Sie sich schon öfter gefragt, warum auf einmal so viele gehandicapte junge Männer an Krücken durch Hamburgs Einkaufsstraßen humpeln oder an belebten Straßenkreuzungen während der Rotphase ein Almosen der Autofahrer aus dem Seitenfenster heraus erbetteln.
Die Zahl der Bettler wächst. Jedenfalls offensichtlich. Dabei ist Betteln ein ziemlich harter Job, in dem ein Mensch sich absichtlich erniedrigen muss. Also ist Betteln gewissermaßen auch ein ehrbarer Beruf, was dazu beiträgt, dass diejenigen geben, die genug oder mehr als genug haben.
Was anderes ist es, wenn drei ziemlich zerlumpte junge Männer mit schrecklich deformierten Beinen, die Passanten und Autofahrern eben noch einen Pappbecher entgegenstreckten, um kurz vor 17 Uhr in ein Schnellrestaurant am ZOB humpeln und kurz nach 17 Uhr wieder hinaus auf die Straße schlendern. Sie lachen und feixen, sind nun adrett gekleidet, haben die Krücken achtlos unter den Arm geklemmt; sie haben Plastiktüten mit Altkleidern dabei und verschwinden im Strom der Passanten auf dem Steindamm. Man könnte sagen: Ja, Menschen wollen eben betrogen werden. Man könnte aber auch sagen: Das ist echt ein Schlag ins Gesicht eines jeden ehrlichen Bettlers.