Am 15. Februar werden im Bucerius Kunst Forum Werke für über 400.000 Euro versteigert. Der Erlös soll einem Jugendprojekt zur Völkerverständigung zugute kommen. Dahinter steckt Sonja Lahnstein-Kandel.

Kunst liegt in der Luft. Bücher über Bücher, Kataloge, Gedichte, Zeitschriften stapeln sich auf Stühlen und Hockern, an den beige getünchten Wänden hängen Drucke und Originale verschiedener Maler. Die Motive: Störche, aber auch Abstraktes von Gust Grass. Der gläserne Schreibtisch ist elegant-überfüllt. Der Stepper in der Ecke könnte auch eine Installation sein – kaum vorstellbar, dass die zierliche, ganz in Schwarz gekleidete brünette Frau, die den Besuch empfängt, sich darauf den Speck wegtrainiert (welcher Speck und vor allem: wann?).

„Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit“– der legendäre Satz des Wortkünstlers Karl Valentin fällt einem sofort ein, wenn man Sonja Lahnstein-Kandels Büro betritt. Die Vorsitzende des Vereins zur Förderung des Israel Museums in Jerusalem steckt mitten in den Vorbereitungen für ihre dritte große Benefiz-Auktion zugunsten des Projektes „Bridging the Gap“, die am 15. Februar im Bucerius Kunst Forum stattfinden wird.

Der Verein feiert in diesem Jahr sein 25. Jubiläum. Er unterstützt als einzige Institution das Kunstprogramm des Museums, das palästinensische und jüdische Kinder aus Jerusalem zusammenbringt und so bei der Verständigung in der konfliktreichen Region hilft. „Wir haben unglaublich viel zu tun“, sagt die 63-Jährige, während sie Espressotassen auf einem Tablett durch die Räume balanciert (selbst das Tablett ist ein kleines Kunstwerk, die türkische Inschrift bedeutet aber schlicht „gar nichts“, was Sonja Lahnstein-Kandel besonders gut gefällt). „Aber wir brauchen das Geld, um das Programm am Leben zu halten.“

Die Wahl-Hamburgerin hat sich von der Sachbearbeiterin bei der Strabag Bau AG bis zur Direktorin der Dräger Stiftung hochgearbeitet; sie ist für die Weltbank und die Bertelsmann AG als Beauftragte „Bertelsmann für Toleranz“ viel durch die Welt gereist und hat die interessantesten und wichtigsten Museen besucht. Doch das Israel Museum hat sie am meisten beeindruckt, da es als einziges ein eigenes Jugendprojekt betreibt und die Arbeit dort direkt der Völkerverständigung dient. „Mir lag Toleranz schon immer am Herzen, und ich denke, dass wir über Kinder und Jugendliche am meisten bewegen können, weil sie noch sehr offen sind und im Gegensatz zu vielen Älteren keine Vorurteile kennen.“

Auch ein Bild von Andy Warhol kann ersteigert werden

Erst kürzlich besuchte sie mit Tochter Lea-Rebecca ihre Heimat in Zagreb. Dort liegen ihre jüdischen Wurzeln. Sie selbst bezeichnet sich als säkuläre Jüdin, die zwar nicht die Religion, sehr wohl aber die jüdischen Werte lebt. Ihr gehe es darum, die Ursprünge der Diskriminierung anzugehen. „Zum Beispiel bringt es mich in Rage, wenn jemand den Holocaust mit der aktuellen Politik Israels in einen Topf wirft. Da fühle ich dann sehr jüdisch.“

Zahlreiche deutsche und Hamburger Künstler, darunter Jonathan Meese und F.C. Gundlach, Galerien wie Flo Peters und Galerie Levi sowie viele Privatleute unterstützen sie bei ihrer Arbeit. So sind Kunstwerke im gesamten Schätzwert von über 400 000 Euro zusammen gekommen. „Das Angebot fängt mit einem signierten und von Klaus Fußmann gestalteten Buch von Siegfried Lenz bei 300 Euro an und geht bis zu einem Andy Warhol für 35 000 Euro, das Bild „Mick Jagger“ hat Erich Marx gestiftet“, sagt Sonja Lahnstein-Kandel, die privat zeitgenössische Kunst liebt und im Urlaub als aller erstes die Museen besichtigt („erst danach kommt die Natur“). Durch ihren Mann Manfred Lahnstein hat sie auch die Werke der Renaissance und die Liebe zu Italien entdeckt.

Auf die Frage, wer ihre derzeitigen Lieblingskünstler seien, antwortet sie Günther Uecker und Dirk Stewen, beide sind mit Werken bei der Auktion vertreten. Dirk Stewen ist ein Hamburger Fotograf und Künstler, der mit seinen Installationen für Aufsehen sorgt, etwa „Elegante Dame, Hamburg“. „Dieses Kunstwerk stellt für mich die typische Hamburgerin dar: groß, schlank, blond, mit Perlenkette. Als ich mit 16 von Zagreb nach Hamburg kam, besuchte ich das Britische Gymnasium in Othmarschen, wo fast alle Mädchen so aussahen. Was hätte ich damals drum gegeben, so zu sein wie sie“, lacht Sonja Lahnstein-Kandel. Heute weiß sie, dass man nicht blond und groß sein muss, um Großes zu schaffen.

Die Benefiz-Auktion findet am 15. Februar im Bucerius Kunst Forum statt, Beginn ist 17 Uhr. Um Anmeldung wird gebeten unter der E-Mail-Adresse backhaus.imj@step21.de oder unter Tel. 040/36979671. Eine kostenlose Vorbesichtigung der Kunstwerke ist ab Dienstag dem 11. Februar möglich.