Am Donnerstag soll der Bericht der Jugendhilfeinspektion zum gewaltsamen Tod der dreijährigen Yagmur veröffentlicht werden. Dem Jugendamt Eimsbüttel werden darin „eklatante Verstöße“ vorgeworfen.

Hamburg. Eineinhalb Monate nach dem gewaltsamen Tod der dreijährigen Yagmur in Hamburg-Billstedt soll am Donnerstagnachmittag der Bericht der Jugendhilfeinspektion veröffentlicht werden. Wie Medien bereits am Morgen über das noch vertrauliche Papier berichteten, kommen die Inspekteure zu dem Ergebnis, dass das Jugendamt Eimsbüttel eine Mitverantwortung am Tod des Kindes trägt. Die Sozialbehörde war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Laut Medienberichten stellt der 40 Seiten starke Bericht „eklatante Verstöße“ gegen „allgemein anerkannte Grundsätze guter Sozialarbeit“ fest, obwohl offenbar alle einschlägigen gesetzlichen Vorschriften und Dienstanweisungen eingehalten worden seien. Laut „Bild“ Hamburg geht es vor allem um die nach einem Telefonat mit dem Familiengericht getroffene Entscheidung, Yagmur zurück in die leibliche Familie zu geben – obwohl noch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Kindesmisshandlung gegen die Eltern liefen.

„Es wurden Fehlentscheidungen im Jugendamt Eimsbüttel und in Mitte getroffen“, sagte die Abgeordnete der Grünen in der Bürgerschaft, Christiane Blömeke. „Der Bericht sagt aber auch ganz deutlich, dass die Überlastungssituation der Mitarbeiter so extrem ist, dass aus zeitlichen Gründen viele Dinge nicht weiterverfolgt wurden.“

Yagmur war am 18. Dezember in der Wohnung ihrer Eltern innerlich verblutet. Der Vater soll sie zu Tode misshandelt, die Mutter nichts dagegen unternommen haben. Beide sitzen in Untersuchungshaft. In den vergangenen Wochen hatten sich die Behörden offiziell kaum zu dem Fall geäußert und auf die laufenden Ermittlungen der Inspekteure sowie den Sozialdatenschutz verwiesen. Dieses Verhalten hatte bei der Opposition für Empörung gesorgt – zumal trotzdem immer wieder Details zu dem Fall bekanntwurden. „Die Medien sind besser informiert als die Hamburgische Bürgerschaft“, hatte der familienpolitische Sprecher der Linken, Mehmet Yildiz, im Familienausschuss kritisiert.

Das Mädchen wurde seit seiner Geburt von verschiedenen Jugendämtern betreut. Das Bezirksamt Mitte war nach eigenen Angaben seit Juli 2013 zuständig, weil die Familie nach Hamburg-Billstedt gezogen war. Vorher hatten die Bezirksämter Eimsbüttel und Bergedorf mit dem Fall zu tun.

Yagmur war schon kurz nach ihrer Geburt zu einer Pflegemutter gekommen. Regelmäßig kam es aber auch zu Begegnungen mit den leiblichen Eltern, die immer das Sorgerecht hatten. Seit August 2013 durfte Yagmur wieder bei ihren leiblichen Eltern wohnen. „Klar ist, dass der Tod des Mädchens nicht ohne Konsequenzen bleiben kann“, erklärte der CDU-Abgeordnete Christoph de Vries.

Die Jugendhilfeinspektion (JI) ist eine Fachaufsicht, die bei der Sozialbehörde angesiedelt ist. Laut der Behörde arbeitet sie trotzdem unabhängig. Das hatte die Grünen-Abgeordnete Christiane Blömeke kürzlich bezweifelt: „Die Jugendhilfeinspektion ist Teil der Sozialbehörde, die Mitarbeiter der Inspektion sind direkt dem Leiter des Amtes für Familie unterstellt – von Unabhängigkeit kann also keine Rede sein.“

Die JI wird seit dem vergangenen Jahr eingesetzt, um die Arbeit des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) in den Jugendämtern zu überprüfen und zu verbessern. Die Einrichtung der JI war eine Reaktion auf den Tod des Pflegekindes Chantal Anfang 2012. Das elfjährige Mädchen lebte bei drogenabhängigen Pflegeeltern und starb an einer Überdosis des Heroinersatzstoffes Methadon. Nach Angaben der Sozialbehörde ist der Fall Yagmur „die erste anlassbezogene Einzelfallprüfung“ der Inspekteure. „Der Bericht soll dokumentieren, wer wann was wusste, wie mit diesen Informationen umgegangen wurde und an welcher Stelle Fehler passiert sind“, erklärte der FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Finn Ole Ritter.