Der Kampf um die Vorherrschaft im Hafen hat vier Namen: Wirtschaftssenator Horch, Eurogate-Mann Bonz, HPA-Chef Jens Meier und HHLA-Chef Peters streiten mit harten Bandagen um die beste Position.

Bei der Fahrt durch Port Newark, den Hafen von New York und New Jersey südwestlich von Manhattan, fiel Jens Meier ein abgebrannter Vancarrier auf.

Der Stapler für Container lag nach einem Motorbrand zerstört auf einer Werkstattfläche, wo er mit Stahlschneidern in kleine Teile zerlegt wurde. „So etwas bekäme man bei uns im Hafen nicht zu sehen“, sagte Meier.

Mit einer Delegation des Hamburger Wirtschaftssenators Frank Horch (parteilos) besuchte er im Oktober New York, Boston und Montreal.

Informationstechnologien, erneuerbare Energien und die Hafenwirtschaft waren die Themen der zehntägigen Reise, an der Meier, Chef der Hamburg Port Authority (HPA), als wichtigster Repräsentant des Hamburger Hafens teilnahm.

Bei vielen Gesprächen, nicht nur mit der Hafenwirtschaft der besuchten Städte, konnte er glänzen mit Projekten, die Hamburgs Hafen in den vergangenen Jahren unter Mitwirkung der HPA angeschoben hat, um den Verkehrsfluss zu verbessern und Energie zu sparen.

Hamburger Hafen glänzt im Städtevergleich

Auch der Zustand des Hafens von New York und New Jersey warf ein Licht darauf, wie gut Hamburg jenseits der üblichen Güterstatistiken im internationalen Vergleich tatsächlich dasteht. Die Hafenanlagen der amerikanischen Ostküstenmetropole waren in desolater Verfassung.

Meiers Port Authority hat in den zurückliegenden Jahren etliches dazu beigetragen, dass Deutschlands größter Hafen einen insgesamt sehr guten Zustand aufweist.

Naturkatastrophen vom Ausmaß amerikanischer Wirbelstürme muss Hamburg, anders als New York, zwar nicht aushalten. Aber die Wirtschafts- und Schifffahrtskrise der vergangenen Jahre hat das Umschlagsgeschäft auch an der Elbe beeinträchtigt.

Zudem liegt die Blockade der Elbvertiefung wie Mehltau über der Hafenwirtschaft. Frühestens Mitte 2014 wird das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheiden, ob die mehrmals nachgebesserte Planfeststellung für die Verbreiterung und Vertiefung der Elbfahrrinne rechtens ist – oder ob das Großprojekt erfolgreich von den Umweltverbänden BUND und Nabu mit Unterstützung des WWF beklagt und womöglich verhindert wird.

Infrastruktur auf modernstem Stand

Die HPA hat die vergangenen Jahre gleichwohl genutzt, um die Infrastruktur im Hafen auszubauen und zu verbessern: Die Hafenbahn wurde grundlegend saniert, Datennetze erneuert, die Verkehrssteuerung auf den modernsten Stand gebracht.

Mit alldem hat sich die HPA, eine Anstalt öffentlichen Rechts, Respekt erworben.

Meier, der 2008 als Quereinsteiger in die Hafenwirtschaft kam, der zuvor für Unternehmen der Informationstechnologie- und der Logistikbranche gearbeitet hatte, wurde in den Machtzirkeln des Hamburger Hafens lange Zeit misstrauisch beäugt.

Vor allem deshalb, weil die HPA 2005 als Nachfolgeorganisation des Amtes für Strom- und Hafenbau deutlich aufgewertet worden war. Seither bildet sie ein zusätzliches Kraftzentrum im Hafen. Und der ist nach wie vor der wirtschaftliche Motor der Hansestadt.

Vor drei Jahren ging es im Hafen hoch her

Um die wichtigsten Akteure der privatwirtschaftlichen Hafenunternehmen hingegen ist es ruhiger geworden. Vor drei Jahren, am Ende der schwarz-grünen Regierungskoalition, präsentierte sich die Hafenwirtschaft ganz anders: laut und zerstritten.

In der Regierungszeit des Bürgermeisters Ole von Beust (CDU) hatten dessen Senate eine neue Hafenpolitik entwickelt, derzufolge die Hafenunternehmen die Erhaltung und den Ausbau der Infrastruktur selbst erwirtschaften sollten.

Das Konzept „Hafen finanziert Hafen“, das auch von Beusts kurzzeitiger Nachfolger Christoph Ahlhaus weiterverfolgte, fasste die mächtige Hafenbranche als Kampfansage auf.

Im Hafen ging es hoch her, weil auch die HPA bei diesem Konzept eine aktive Rolle als Unternehmen spielen und damit anderen Akteuren Konkurrenz machen sollte.

Sticheleien auf allen Ebenen

Der damalige Wirtschaftssenator Ian Karan (parteilos) rief vor Publikum HHLA-Chef Klaus-Dieter Peters für dessen Einlassungen zur Ordnung. HHLA und HPA stichelten auf allen Ebenen gegeneinander.

Mittendrin auch Gunther Bonz, Generalbevollmächtigter des Terminalbetreibers Eurogate, den Bürgermeister von Beust 2008 als Staatsrat der Wirtschaftsbehörde entlassen hatte und der nun im Präsidium des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg (UVHH) auf die Bühne der Hafenpolitik zurückgekehrt war.

Anfangs marschierte Bonz, der im Oktober 2011 Präsident des UVHH wurde, eher im Gleichschritt mit Meier. Je einflussreicher und populärer dieser aber wurde, desto mehr zerfiel das Zweckbündnis.

Ist der Streit wirklich passé?

Meiers Kandidatur für den Aufsichtsrat des HSV rügte Bonz Anfang 2013 öffentlich. Meier indes bekam seinerzeit das beste Ergebnis aller Bewerber und gilt nun als Favorit auf den Vorsitz des Kontrollgremiums. Voraussichtlich am morgigen Montag wird der Aufsichtsrat darüber abstimmen.

Glaubt man Wirtschaftssenator Horch, ist der alte Streit im Hafen längst passé. „Die Situation heute lässt sich mit der von vor drei Jahren gar nicht vergleichen“, sagt er. „Schon deshalb nicht, weil sich die Bedingungen seither in vielen Belangen geändert haben – vor allem natürlich bei der grundlegenden Hafenpolitik.“

In der Tat: Die Sozialdemokraten schafften das Konzept „Hafen finanziert Hafen“ nach ihrem Sieg bei der Bürgerschaftswahl 2011 wieder ab. Für den vielerorts dringend nötigen Ausbau der Infrastruktur stellt die Stadt nun wieder Haushaltsmittel bereit.

Die Hafenverwaltung HPA, die als Dienstleister den Hafenunternehmen zwischenzeitlich Konkurrenz machen sollte, wurde aus der Schusslinie genommen und wieder auf die Verwaltung und den Ausbau der Hafen-Infrastruktur konzentriert.

Konflikte sind nach wie vor da

Die Konflikte im Hafen sind heute vielleicht deshalb weniger sichtbar, aber keineswegs verschwunden. Die Terminalbetreiber sind mit den Umschlagszahlen nach wie vor nicht zufrieden, die nach dem Höhepunkt der Welt-Finanzmarktkrise 2008 stark zurückgegangen waren und die nur langsam wieder steigen.

Das schwebende Verfahren zur Elbvertiefung und der desolate Zustand des für Hamburg wichtigen Nord-Ostsee-Kanals belasten die Entwicklung des größten deutschen Seehafens. Aufbruchsstimmung ist derzeit nicht zu sehen.

Die Opposition in der Bürgerschaft sieht die Lage vor allem als Beleg für die Konzeptlosigkeit des Senats bei der Hafenpolitik.

„Seit 824 Jahren ist Hamburg eine Hafenstadt, aber noch nie hatte die Stadt selbst so viel Einfluss wie heute“, sagt Roland Heintze, der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft und Sprecher für öffentliche Unternehmen.

„Mit ihren Anteilen an HSH Nordbank, Hapag-Lloyd, HHLA und HPA kann die Stadt heute in den Kernbereichen der maritimen Wirtschaft maßgeblich mitgestalten. Doch durch seine Passivität gefährdet der Senat die Wettbewerbsfähigkeit und die Stellung des Hafens als maritimes Drehkreuz und damit Tausende Arbeitsplätze und Steuereinnahmen in Millionenhöhe.“

Es läuft längst nicht alles rund

Auch bei Hamburgs wichtigstem Hafenlogistik-Unternehmen HHLA, an dem die Stadt zwei Drittel der Anteile hält, läuft es nicht überall rund.

Der Aufbau eines neuen Blocklagersystems auf dem Burchardkai, dem größten Hamburger Terminal, bereitet dem Konzern technische Probleme.

Hinzu kommen Querelen mit den Mitarbeitern, weil das frühere Arbeitsmodell, das auf einem bestimmten Mengenpensum je Schicht basierte, abgeschafft wurde.

Das Management des Terminals wurde ausgetauscht. „Ständige Disziplinierung und autoritärer Führungsstil belasten das Betriebsklima“, heißt es in einem Protestschreiben der Burchardkai-Belegschaft an den HHLA-Aufsichtsrat.

Die Opposition hat die HHLA-Führung kritisch in den Blick genommen. Sie bemängelt das Fehlen einer Strategie, den Wertverfall des Unternehmens an der Börse und die Ertragsschwäche vor allem im Kerngeschäft der Containerterminals:

„Es wäre an der Zeit, dass der Senat, der immer noch Mehrheitsaktionär ist, seine Stimme erhebt und darlegt, welche Ziele er eigentlich mit der HHLA verfolgt“, sagt Anjes Tjarks, hafenpolitischer Sprecher der Grünen-Bürgerschaftsfraktion.

Öffentlicher Zwist wird vermieden

Im Hafen herrscht Burgfrieden. Öffentlicher Zwist wäre angesichts der anstehenden Gerichtsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Erweiterung der Fahrrinne eher kontraproduktiv.

Lieber bündelt man die Kräfte rhetorisch gegen die Umweltverbände BUND und Nabu, die mit ihren Klagen in Leipzig den Vollzug des Großprojekts um mindestens ein und ein Dreivierteljahr verzögert haben.

Nur einer sonnt sich in stetigem Erfolg und Lob. Jens Meier ist im Hafen angekommen. Anfang Juni 2015 fungiert er als Gastgeber der Welthafenkonferenz. Dann kann er seine Kollegen aus der ganzen Welt mit fortschrittlichen Verkehrsleitsystemen und einer sanierten Hafenbahn beeindrucken.

„Wir haben im Hamburger Hafen früh auf modernste Informationstechnologie gesetzt“, sagt er. „Das werden wir auch weiterhin tun.“ Auch Wirtschaftssenator Frank Horch, der aus der Schifffahrtsbranche kommt, freut sich schon auf das Großereignis.

Er allerdings muss zuvor noch wiedergewählt werden.