Eine Glosse von Nico Binde
Manche Haushaltsgegenstände haben keine Lobby. Wer wüsste das besser als die Klobürste. Jahrelang diente sie im Verborgenen, war mehr notwendiges Übel als schillernde Lichtgestalt und rieb sich von der Öffentlichkeit unbemerkt auf. Man kann sagen, es ging der WC-Bürste ziemlich gegen den Strich, dass das große Geschäft achtlos an ihr vorbeizog, während sie gerade gut genug war, the „big business“ rückstandslos zu beseitigen. Da halfen auch blumige Namen wie Fackelmann Fusion, Wenko Alvito, Keuco Elegance oder Ikea Bolmen nichts.
Doch jetzt wienert sich die Bürste unaufhaltsam nach oben. Seit das ARD-„Nachtmagazin“ zeigte, wie einem Unbekannten bei einer Polizeikontrolle im Hamburger Gefahrengebiet eine Klobürste aus dem Hosenbund gezogen wurde, erlebt das Badutensil den größten Zuspruch seit Markteinführung. Endlich tritt die Bürste vom Dunkel ins Licht. Inzwischen ist sie zur Ikone des friedlichen Protests geworden und mancherorts schon ausverkauft. Galt es bis vor wenigen Tagen noch als ziviler Ungehorsam, den in Österreich Klobesen genannten Säuberungsstab nicht zu benutzen, hat sich diese Ansicht nun umgekehrt. Wer ohne Klobürste in einem der drei Gefahrengebiete auftaucht, setzt sich dem Verdacht der Linientreue aus. Wikipedia schreibt, WC-Bürsten dienen dazu, Spritzer und Verkrustungen zu beseitigen. In erwiesenermaßen als schmuddelig geltenden Stadtteilen wie Sternschanze oder St. Pauli taugt demnach kein Gegenstand besser zum Symbol des Widerstands, wird die Proklamation der Gefahrengebiete doch als verkrustetes Element zur Durchsetzung der staatlichen Ordnung gesehen – unschöne Spritzer auf demokratischen Grundrechten eingeschlossen.
Es sei also jeder Bürste gegönnt, Teil einer Bewegung zu sein. Gegen jedes Unrecht soll fortan friedlich angeschrubbt, angerubbelt und angewischt werden. Auf dass es noch lange heißt: Die Klobürste ist jetzt dick im Geschäft. Sie macht jetzt big business.