Werner Thissen lobte Franziskus und warnte vor überzogenen Erwartungen. Hamburger Erzbischof für neuen Umgang mit Geschiedenen.

Hamburg. Der Hamburger Erzbischof Werner Thissen hat seine Silvesterpredigt zu einer Mahnung an die Kritiker von Papst Franziskus genutzt. „Es ist klar, dass Papst Franziskus mit seinen Worten und Taten auch Kritik erfahren wird; je länger, desto mehr“, sagte Thissen laut Manuskript am Dienstag im St.-Marien-Dom in Hamburg.

„Hoffentlich gibt es unter den Kritikern nicht Fanatiker wie damals nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil Bischof Lefebvre, die dann eine Spaltung der Kirche in Kauf nehmen.“ Franziskus sei kein Fanatiker oder Revolutionär. Bei ihm stehe die Freude am Christsein im Vordergrund. „Auf Heiterkeit, Wagemut und hoffnungsvolle Hingabe hoffe ich auch bei den Kritikern des Papstes, die nicht ausbleiben werden.“

Thissen hat gleichzeitig die ungerechte Verteilung von Nahrungsmitteln auf der Erde verurteilt. In der Südhälfte der Erde litten rund 800 Millionen Menschen an Hunger, oft mit tödlichem Ausgang. „Das müssen wir ändern“, forderte der für das entwicklungspolitische Hilfswerk Misereor zuständige Erzbischof. Zugleich sei dies eine Frage des Lebensstils. „Die lebensbedrohende Armut in der Südhälfte der Erde kann uns nicht gleichgültig lassen. Der Globalisierung der Gleichgültigkeit müssen wir mit der Globalisierung der Nächstenliebe begegnen.“

Thissen sagte außerdem, der Rücktritt von Papst Benedikt XVI. sei eine großartige Geste gewesen. Sie zeige, dass Papstsein „keine persönliche Auszeichnung, keine Leistung und Karriere“ sei. Das Amt sei vielmehr ein Dienst wie jede Aufgabe in der Kirche, so Thissen.

Papst Franziskus sehe, dass „wir manchmal die Rangordnung der Werte vertauscht haben. Das hat Konsequenzen für die Morallehre; auch für Geschiedene, die wieder heiraten“, so der Erzbischof. Natürlich sei die Ehe unauflöslich. Aber man müsse fragen, „ob wir mit den Gescheiterten immer so umgehen, wie Jesus das will“.