Ein Polizist und drei Komplizen sollen bei der Einfuhr von 330 Kilogramm Kokain geholfen haben. Seit Dienstag muss sich der 35 Jahre alte Kriminalhauptkommissar vor Gericht verantworten.

Neustadt Es ist weniger der Vorwurf, der in diesem Prozess das Prädikat außergewöhnlich verdient, sondern vielmehr die Tatsache, dass sich seit Dienstag ein Kriminalhauptkommissar als Strippenzieher eines gewaltigen Drogenschmuggels vor dem Landgericht verantworten muss. Angeklagt sind Drako N., 35, und drei Komplizen, weil sie der Drogenmafia geholfen haben sollen, insgesamt rund 330 Kilogramm Kokain nach Hamburg einzuschleusen. Drako N. soll dabei die Lieferungen und den Vertrieb der Ware organisiert haben. Der Vorwurf lautet Beihilfe zum Handeltreiben und Einführen von nicht geringen Mengen Kokain in vier Fällen.

Offiziell ist der schlanke, hochgewachsene Mann noch Polizeibeamter – obgleich er bereits vor sechs Jahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz und eines Betrugsdelikts zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt worden war. Die Polizei wollte ihn nach dem Urteil nicht mehr in ihren Reihen wissen, seit 2007 ist der 35-Jährige deshalb vom Dienst suspendiert, bezieht aber weiterhin volle Bezüge. Grund: Das gegen ihn betriebene Disizplinarverfahren konnte nicht zu Ende geführt werden, weil weitere Vorwürfe den Rechtsstreit verlängert hatten. Sollte er in dem Prozess zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt werden, ist er seine Beamtenrechte und damit seinen Job endgültig los.

Insgesamt ging es um fünf Kokain-Lieferungen, die von Guadquil und Arica nach per Container Hamburg verschifft wurden. Das weiße Pulver hatten die Schmuggler in speziell präparierten Türen und Holzparkettböden versteckt. Allerdings erreichten nur drei Lieferungen tatsächlich die Hansestadt. Jeweils 100 Kilogramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 70 Prozent sollen am 26. August 2009, am 23. Dezember 2009 und am 20.1.2010 zum Citylager an der Spaldingstraße gebracht und wenigstens in einem Fall von Darko N. mit einem Mitfahrzeug abtransportiert worden sein. In einem weiteren Fall soll ein Container mit mindestens 30 Kilo Kokain von Darko N. wegen der verzögerten Auslieferung wieder nach Arica zurückgeschickt worden sein. Zudem soll Darko N. den Mitangeklagten Kai K., 36, angeworben haben. K. wie auch die angeklagten Andre K., 35, und Stephan T., 31, fungierten jeweils als Empfänger der Container und sorgten so, laut Anklage, „für eine legale Legende der Verschiffung.“ Der Schmuggel flog im November 2012 auf, als die ecuadorianische Nationalpolizei bei einer Überprüfung von Containern 130 Kilogramm Kokaingemenge sicherstellte. Auf die Schliche kam der Hamburger Drogenbande schließlich das Bundeskriminalamt. Nach Abendblatt-Informationen hielt einer der Mittäter dem Druck nicht stand und machte von der Kronzeugenregelung Gebrauch.

Was Drako N. droht, geht weit über den Verlust seines Beamten-Status hinaus. In einem Vorgespräch der Prozessbeteiligten forderte die Staatsanwaltschaft für Drako N. bereits eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren bei streitiger Hauptverhandlung und acht Jahre bei einem Geständnis. Für seine Komplizen stellte sie Strafen zwischen vier und fünf Jahren in Aussicht. Das Gespräch wurde jedoch ergebnislos abgebrochen: Zu weit lagen die Vorstellungen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung auseinander.

Die Hintermänner des Drogenschmuggels sind noch nicht ermittelt. Allerdings soll einer der Täter mit dem Pseudonym „Der Schwarze“ vor wenigen Tagen festgenommen worden sein. Die Verteidigung beantragte, die Ermittlungsakten zum Prozess, der am Donnerstag fortgesetzt wird, beizuziehen.