Riskanter Alkoholkonsum und Missbrauch von Medikamenten sind ein wachsendes Problem unter Senioren. Pflegefachkräfte wurde bislang mit diesem Problem oftmals allein gelassen. Jetzt sollen sie geschult werden.

Hamburg Experten warnen schon seit längerem: die Zahl alkohol- oder medikamentensüchtiger Senioren ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. 18,5 Prozent der Frauen und 27 Prozent der Männer, die älter als 65 Jahre sind, wiesen inzwischen einen „riskanten Alkoholkonsum“ auf, ergab die Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell 2010“. Zwischen acht und 13 Prozent der 60- bis 64-Jährigen sind abhängig von Medikamenten, und dabei insbesondere von Beruhigungsmitteln.

Angesichts dieser Daten und der Erwartung, dass auf Grund des demografischen Wandels die Zahl der Rentner deutlich zunehmen wird, haben mehrere Hamburger Stiftungen Schulungsmaterial für Alten- und Pflegefachkräfte erarbeitet. Das Ziel sei gewesen, Pflegefachkräfte für Suchtprobleme älterer Menschen zu sensibilisieren, sagte Christina Baumeister, Geschäftsführerin der Alida-Schmidt-Stiftung, am Mittwoch zum Abschluss des dreijährigen Projekts.

Jetzt gehe es darum, weitere Alten- und Pflegefachkräfte im Umgang Menschen, die ein Suchtproblem haben, zu qualifizieren. „Es ist ja nicht einfach, die Problematik zu erkennen und dann auch mit dem Pflegebedürftigen zu besprechen“, sagte Baumeister. „Es geht darum, bewusst hinzuschauen nd nicht wegzusehen.“

Das vorgelegte Material sei für Schulungen in Altenhilfe- und Suchthilfeeinrichtungen geeignet, fügte Baumeister hinzu. Für die Berufsfachschulen gebe es spezielles Unterrichtsmaterial. Ferner unterstütze man die Pflegekräfte bei der Zusammenarbeit mit Experten der Suchthilfe.

Einer Studie zufolge leiden in Hamburg rund 13.000 Menschen unter Medikamentenmissbrauch. 60 Prozent der Betroffenen sind älter als 60 Jahre. Gerade bei ihnen würden Medikamente über viele Jahre von Ärzten verschrieben. Die Tatsache, dass Mediziner involviert seien, mache die Situation sehr schwierig, sagte Baumeister.

Zudem sei es bei älteren Menschen auch für Fachkräfte schwieriger, eine Alkohol- oder Medikamentensucht festzustellen. Senioren litten häufig unter Alterssymptomen wie Schwindel, Ängste, Depressionen oder Stimmungsschwankungen. Das könnten aber auch Entzugssymptome sein, die nicht erkannt würden. Männer sind häufiger von Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit betroffen als Frauen.

Ein großes Problem besteht darin, dass viele Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen oder Pflegediensten Personen mit einem Suchtproblem betreuen, aber der größte Teil der Einrichtungen über keine Konzepte zur Betreuung mit diesem Menschen verfügen. Lediglich ein Viertel der Pflegeeinrichtungen halten ihr Personal für ausreichend ausgebildet, mit suchtkranken Menschen zu arbeiten, ergab eine Studie.

Baumeister plädierte dafür, dass die Hamburger Gesundheitsbehörde Fortbildung und Coaching für die mehr als 200 Anbieter von Pflegedienstleistungen in Hamburg organisiert. Auch gelte es, die Sensibilität in der Suchtberatung für Sucht unter Älteren zu entwickeln.

Die Schulungsmaterialien können im Internet unter www.sucht-im-alter.de abgerufen werden.