Die Physiklehrer der Gymnasien Süderelbe, Grootmoor, St. Ansgar, Matthias-Claudius und Emil-Krause lassen ihre Schüler bereits in Klasse 9 zum Thema „Teilchenpyhsik“ forschen. Die besten Bewerbungen für den Hamburger Bildungspreis, Teil 6.

Zum vierten Mal verleihen Abendblatt und Haspa den Hamburger Bildungspreis. Rund 70 Bewerbungen sind eingegangen. Die besten zehn werden am 4. Dezember mit einem Preisgeld von je 10.000 Euro ausgezeichnet. Weil auch viele der übrigen Projekte eine besondere Würdigung verdienen, stellt das Abendblatt die besten Bewerber vor. Heute: Das Projekt „Teilchenphysik“ des Gymnasiums Süderelbe in Neugraben-Fischbek.

Der Raum ist nachtschwarz. Einzige Lichtquelle sind ein paar Taschenlampen, mit denen die Schüler ihr Experiment beleuchten. Sie haben sich versammelt, um sichtbar zu machen, was unsichtbar ist – und doch überall auf dieser Welt herumschwebt. Sie wollen begreifbar machen, was nicht zu greifen ist. Es geht um ein hochkomplexes Thema: die Teilchenphysik – und das in Klasse 9.

Drei Tage dauert der Schülerkurs, dessen Ziel es ist, das Interesse an naturwissenschaftlich-technischen Berufen zu wecken und ihnen zu zeigen, auf welch einfache Weise sich Zugänge zur Physik erschließen lassen. Wer hier reingeht, kommt als Physikbegeisterter wieder heraus.

Faszinierend ist der Gedanke schon, Mionen, also kosmische Teilchen, die auf die Erde stürzen, sichtbar zu machen und anschließend die Spuren dieser elektrisch geladenen Teilchen zu analysieren. Und so spricht das Projekt nicht nur jene an, die bereits der Thematik verfallen sind, sondern auch die, die noch nicht so genau wissen, ob sie sich intensiver auf das Abenteuer Physik einlassen sollen. Gemeinsam bauen sie eine Nebelkammer, in der sie die Teilchen und deren Verhalten beobachten können. Die Ereignisbilder ihrer Experimente werten sie mit Hilfe von Wissenschaftlern aus. Sie besuchen DESY und experimentieren in dessen Schülerlabor mit kosmischen Strahlungen.

Seinen Ursprung hatte das Projekt vor drei Jahren. Damals besuchte eine Gruppe von Physiklehrern auf Einladung der Initiative Naturwissenschaft und Technik (NAT) zur Cern nach Genf. „Nach dieser spannenden Erfahrung waren wir uns einig, dass wir diesen faszinierenden Bereich der Physik an unseren Schulen ausbauen wollen“, sagt Mitinitiatorin Dr. Ulrike Vogt. Allein im Lehrrahmenplan der Mittelstufe war das nicht vorgesehen. Also schlossen sich Physiklehrer des Gymnasium Süderelbe und Grootmoor, der St. Ansgar-Schule, des Matthias-Claudius-Gymnasium und der Gymnasialen Oberstufe Emil-Krause zusammen und wandten an DESY sowie an das Projekt Teilchenwelt, das Arbeitsmaterial zum Thema Teilchenphysik vorhält – allerdings nur für Oberstufenschüler.

„Wir haben versucht, das Material so abzuwandeln, dass auch Jüngere einen Zugang finden“, sagt Ulrike Vogt. Und weil das am Besten diejenigen können, die selbst betroffen sind, werden einfach die Schüler eingebunden, die mit dem Material gearbeitet haben. Sie machen Vorschläge, wo verbessert werden kann, sie streichen Fachbegriffe und ersetzen sie durch einfache Worte. Sie regen an, mehr einfache Fragen zu stellen, um Zusammenhänge begreifbar zu machen. Die Ergebnisse ihrer Arbeit fließen in den Unterricht der nachfolgenden Jahrgangsstufe 9 zurück.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Fast alle Absolventen des Kurses wollen in der Oberstufe ein naturwissenschaftlich-technisches Profil belegen. Esther-Marie ist eine von ihnen. Sie ist 15 Jahre alt und besucht die zehnte Klasse des Gymnasium Süderelbe. „Ich habe im Kurz viel erfahren können und vieles verstanden und möchte auf jeden Fall im kommenden Schuljahr das Profil Physik wählen.“ Damit möglichst viele ihr folgen, setzt sich die Schülerin dafür ein, dass Teilchenphysik noch (be-)-greifbarer wird – und zwar nicht nur für die Teilnehmer des Kurses, sondern für alle Schüler. Das ist erklärtes Ziel der Lehrer: Mit dem, was sie in den Schülerkursen Teilchenphysik erarbeitet haben, an alle Klassen heranzutreten – und damit diesen faszinierenden Teil der Physik allen Schülern zugänglich zu machen. „Wir versuchen, so viele Schüler wie möglich zu gewinnen“, sagt Physiklehrer Martin Biebl von der St. Ansgar-Schule. „Weil wir gute Naturwissenschaftler in Deutschland brauchen. Wir haben keine Bodenschätze. Also müssen wir dafür sorgen, dass wir etwas im Kopf haben.“

Morgen: Das „Bewegungsprojekt“ der Grundschule Ahrensburger Weg