Bis zu 620 zivile Flugzeuge sollen laut dem Mutterkonzern EADS an Kunden gehen. Erfolgreicher A350-Kabinentest in Hamburg.
Hamburg. Bei Airbus kommt man mit dem Hochsetzen des Verkaufsziels für 2013 kaum nach: Während man ursprünglich mit 700 Bestellungen rechnete und dies mehrfach nach oben korrigieren musste, spricht der Mutterkonzern EADS in seinem Neunmonatsbericht jetzt von „über 1200 Flugzeugen“ ohne Abzug von Stornierungen. Doch nach dem starken Oktober hat Airbus auch diese Prognose bereits übertroffen: Auf Brutto-Basis wurden im bisherigen Jahresverlauf 1265 Jets geordert, abzüglich der Abbestellungen sind es 1215. Damit wird 2013 mindestens das drittbeste Jahr in der Geschichte des europäischen Flugzeugbauers.
Bei den Auslieferungen steht ohnehin ein Rekord an: Laut dem jüngsten EADS-Bericht erwartet man nun eine Produktionszahl von „bis zu 620“ Maschinen, zum Zeitpunkt des Halbjahresberichts waren es noch „600 bis 610“. Bis Ende Oktober wurden 504 Jets ausgeliefert; das sind immerhin neun Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum.
Tom Enders, der Chef des EADS-Konzerns – der vom 1. Januar an Airbus Group heißen wird –, kann aber nicht nur mit den Stückzahlen, die seine bedeutendste Unternehmenssparte liefert, sehr zufrieden sein. Auch die finanziellen Eckdaten verbesserten sich: In den ersten neun Monaten 2013 erhöhte sich der Umsatz von EADS um sieben Prozent auf 40,0 Milliarden Euro, was auf die Zunahme der Auslieferungen an Zivilflugzeugen zurückzuführen ist.
Der Hubschrauberhersteller Eurocopter, der Raumfahrtbereich (Astrium) mit Sitz in Bremen und die Rüstungssparte (Cassidian), die unter dem bei vielen Regierungen herrschenden Sparzwang leidet, verbuchten dagegen weitgehend stabile Umsätze. Das Konzernergebnis kletterte von knapp 0,9 Milliarden Euro auf fast 1,2 Milliarden Euro.
Ungeachtet der Verbesserungen bei Umsatz und Ertragskraft stehe der Konzern vor „einigen großen Herausforderungen“, sagte Enders. So sollen Astrium und Cassidian zusammengelegt und künftig von München aus geleitet werden. Noch vor Jahresende will EADS weitere Details dazu bekannt geben. Enders verwies im Hinblick auf die Herausforderungen jedoch vor allem auf den neuen Hoffnungsträger von Airbus, den besonders sparsamen Langstreckenjet A350. Bis zum Abschluss des Flugtestprogramms von 2500 Stunden und zur Zulassung sei es noch ein weiter Weg, jede Änderung des Zeitplans könne „zunehmend höhere Rückstellungen zur Folge haben.“ Aktuell deutet aber nichts darauf hin, dass sich die für das zweite Halbjahr 2014 angepeilte erste Auslieferung an einen Kunden verzögern könnte. Mit inzwischen zwei Testjets sei man bisher 600 Stunden in der Luft gewesen, sagte Jörg Schuler, Leiter der Airbus-Kabinenentwicklung, dem Luftfahrt-Presse-Club in Hamburg. „Der Reifegrad ist deutlich höher als in der gleichen Phase beim A380“, so Schuler.
Er führt dies auch auf modernere Methoden und Werkzeuge bei der Entwicklung zurück. So arbeiteten Airbus und die Zulieferer beim A350 mit einem gemeinsamen Computerprogramm, das stets allen den aktuellen Stand der Konstruktion zeige. Beim A380 dagegen seien Änderungen erst mit einem gewissen zeitlichem Versatz für andere sichtbar gewesen.
Der von Schuler geleitete Bereich umfasst rund 2000 Mitarbeiter, davon 1250 in Hamburg. Etwa 800 Personen seien mit dem A350-Programm beschäftigt. Im Juni hatte der Jet erstmals abgehoben. „Der 14. Juni war ein großer Tag für uns“, sagte der Manager. Ein weiterer, besonders für ihn und seine Kollegen bedeutender Meilenstein ist für den Februar geplant: Die dritte von fünf Testmaschinen, die dann zum Erstflug starten soll, ist die erste mit einer Kabinenausstattung.
Zumindest am Boden wurde die A350-Kabineneinrichtung jedoch schon am 25. Juli auf Herz und Nieren geprüft. In einer Rumpfattrappe absolvierten 129 Airbus-Mitarbeiter als „Passagiere“ sowie zwei Piloten und acht Flugbegleiter einen virtuellen Flug von fünf Stunden – von Teneriffa nach Finkenwerder. Sie nutzten Toiletten, Küchen, Sitze und das Bordunterhaltungssystem wie auf einem echten Linienflug. Mit dem Resultat dieses ersten Praxistests war Schuler bis auf Kleinigkeiten zufrieden: „Es gab keine bösen Überraschungen.“ Man habe aber zum Beispiel festgestellt, dass die für Flugbegleiter bestimmte Schalttafel für das Licht und die Klimaanlage zu hoch angebracht ist.
Bisher sind drei unterschiedlich lange Versionen des A350 mit 276 bis 369 Passagierplätzen geplant, doch die Familie könnte sich später noch vergrößern: „Es gibt Überlegungen, eine Variante mit noch höherer Kapazität zu entwickeln“, sagte Schuler. Airbus reagiert damit offenbar auf den vom amerikanischen Konkurrenten Boeing in Aussicht gestellten Flugzeugtyp 777-9X mit bis zu 400 Passagierplätzen. Kürzlich hatte die Lufthansa 34 dieser Maschinen bestellt – aber auch 25 Airbus-Jets des Typs A350.