Die Ankündigung von Hamburgs Sozialsenator Detlef Scheele, ein geschlossenes Heim für jugendliche Intensivtäter einzurichten, sorgt für heftige Reaktionen. Grüne und Linke sehen den Senator auf einem Irrweg.

Die Entscheidung des SPD-Senats, ein geschlossenes Heim für jugendliche Intensivtäter einzurichten, hat bei den politischen Mitbewerbern sowohl Zustimmung als auch Kritik hervorgerufen. Während die Grünen und die Linke am Donnerstag diesen Schritt ablehnten, zeigte die CDU sich „hocherfreut“ und sprach davon, dass Sozialsenator Detlef Scheele nun auf die Linie der Union eingeschwenkt sei. Die FDP warf dem Senator vor, zu spät zu handeln.

Scheele hatte am Mittwoch angekündigt, fünf Jahre nach Schließung der Geschlossenen Unterbringung in der Feuerbergstraße erneut ein entsprechendes Heim einzurichten. Nach dem Aus der Haasenburg-Heime in Brandenburg sei diese Entscheidung notwendig gewesen. „Wir haben beschlossen, es jetzt selbst zu machen“, sagte Scheele. Allerdings solle die Einrichtung nicht in Hamburg entstehen.

Die frühere Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU), sie war für die Einrichtung des geschlossenen Heimes in der Feuerbergstraße zuständig, begrüßte die Entscheidung von Scheele. „Allerdings darf man sich keinen Illusionen hingeben“, sagte die heutige EU-Parlamentarierin dem Abendblatt. „Auch aus einem geschlossenen Heim werden Jugendliche einen Weg zur Flucht finden.“

Zudem hält Schnieber-Jastram es für sinnvoll, ein derartiges Heim von einem Jugendhilfeträger organisieren zu lassen. Allerdings habe man zu ihrer Zeit als Senatorin keinen Träger gefunden, der das übernehmen wollte. „Ich fürchte, das wird heute nicht viel anders sein, so dass es letztlich doch wieder die Stadt machen muss.“

Die Unionspolitikerin warnte zugleich vor falschen Vorstellungen über die Kosten eines derartigen Heimes. „Es wird richtig teuer, das muss man wissen.“ Nur mit einer ausreichenden finanziellen Ausstattung könne eine wirklich umfassende sozialpädagogische Betreuung der Jugendlichen durch sehr gut ausgebildete Fachkräfte gewährleistet werden. Die Sozialbehörde geht Kosten in Höhe von 300 Euro pro Platz und Tag aus. Nach den Worten von Schnieber-Jastram ist ein geschlossenes Heim nur ein Bestandteil der staatlichen Jugendhilfe. „Wir haben seinerzeit erfolgreich auf frühe Hilfen für die betroffenen Familien durch das Familieninterventionsteam gesetzt.“ Zudem sei wichtig, dass in einem geschlossenen Heim keine Jugendlichen eingewiesen werden, die drogenabhängig sind oder psychiatrische Behandlung benötigten.

Die jugendpolitische Sprecherin der Grünen, Christiane Blömeke, warf Sozialsenator Scheele vor, falsche Schlüsse zu ziehen. „Zweimal ist das Konzept der geschlossenen Unterbringung bereits gescheitert.“ Geschlossene Heime gehörten nicht in die Jugendhilfe. Stattdessen benötigen die betroffenen Jugendlichen eine „Eins-zu-eins-Betreuung durch erfahrene Sozialpädagogen und Psychologen, die mit den Jugendlichen an echten Lebensperspektiven arbeiten“, erklärte die Politikerin.

Mehmet Yildiz, jugendpolitischer Sprecher der Linken-Fraktion, bezeichnete den Vorschlag des Senators als abwegig. „Jugendlichen mit Problemen kann man nicht helfen, indem man sie einsperrt.“ Das hätten die Heime in der Feuerbergstraße und des brandenburgischen Haasenburgträgers bewiesen.

Die Diakonie verwies auf Forschungsergebnisse, wonach die geschlossene Unterbringung von jugendlichen Kriminellen „in den meisten Fällen wirkungslos bleibt“. Offene Jugendeinrichtungen hätten dagegen größere Erfolge nachzuweisen, erklärte Gabi Brasch, für Jugendhilfe zuständiger Vorstand im Diakonischen Werk Hamburg. „Der Senat möchte anscheinend der Bevölkerung mit dem Modell ‚geschlossene Unterbringung‘ eine Sicherheit vermitteln, die es nicht gibt und die es nie geben wird.“

Der familienpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Finn Ole Ritter, warf Senator Scheele vor, er habe angesichts der Missstände in den Brandenburger Haasenburg-Heimen „über Monate offenbar nichts unternommen, um potenzielle andere Unterbringungsorte für die aus Hamburg stammenden Jugendlichen zu finden“. Jetzt werde eilig eine Lösung gesucht, „an deren Bestand man jetzt schon Zweifel haben kann“.

Der Unionsabgeordnete Christoph de Vries hält es für richtig, „dass der Staat für diese freiheitsentziehende Maßnahme direkten Zugriff und Kontrolle auf die Einrichtung hat“. Deshalb werde die CDU in dieser Frage „wohlwollend an der Seite des Senats stehen“.