Das Aus für die Münchner stößt in Hamburg die Debatte um eine erneute Kandidatur an. Die Hamburger Wirtschaft plädierte dafür. Auch Fußballlegende Uwe Seeler sprach sich für eine Bewerbung aus.
Hamburg. Das Aus für die Münchner Olympia-Bewerbung per Volksentscheid könnte für Hamburg eine neue Chance eröffnen. Wenn nämlich die Winterspiele 2022 nicht nach Deutschland und womöglich auch gar nicht nach Europa vergeben werden, käme eine neuerliche Bewerbung um die olympischen Sommerspiele infrage – und zwar bereits für 2024. Sollte sich Deutschland künftig wieder für Sommerspiele bewerben, das haben die nationalen Olympia-Funktionäre zuletzt deutlich gemacht, kämen dafür wohl nur die Städte Hamburg oder Berlin infrage.
Die Hamburger Wirtschaft plädierte am Montag dafür, diese Chance zu ergreifen. „Wir sind der Überzeugung, dass eine Bewerbung der Stadt, der Metropolregion und dem ganzen Norden einen großen Schub geben würde“, sagte Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz.
Künftige Olympische Spiele würden sich nach den Plänen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) viel stärker als bisher an „Maß, Mitte und Nachhaltigkeit“ orientieren. Dafür seien Deutschland und vor allem Hamburg verlässliche Partner, sagte Schmidt-Trenz, der darauf hinwies, dass Bayern bis heute von den Sommerspielen 1972 in München profitiere.
Auch Fußballlegende Uwe Seeler sprach sich für eine erneute Bewerbung der Hansestadt aus. „Sportliche Großereignisse wie Olympia oder auch Fußball-Weltmeisterschaften hat man natürlich immer gerne im eigenen Land“, sagte Seeler dem Abendblatt. „Ich finde es deshalb schade, dass die Bewerbung von München schon so früh gescheitert ist. Hamburg sollte jetzt versuchen, sich selbst wieder zu bewerben. Das wäre eine tolle Sache. Und ich denke auch, dass man hier wieder eine Begeisterung bei der Bevölkerung erreichen könnte wie bei der ersten Bewerbung.“
Eric Johannesen, Goldmedaillengewinner im Ruder-Achter in London 2012, forderte die Entscheidungsträger ebenfalls dazu auf, sich aktiv um eine Olympia-Bewerbung zu kümmern: „Hamburg sollte es auf jeden Fall versuchen. Ich glaube, dass Hamburg mit seiner Sportbegeisterung das Potenzial hat, sich erfolgreich für die Spiele zu bewerben.“
Diese Meinung teilen allerdings nicht alle. Der Präsident des Hamburger Sportbunds (HSB), Günter Ploß, sprach sich am Montag klar gegen eine Bewerbung für 2024 aus. „Es wäre fahrlässig, jetzt damit nach vorne zu gehen“, sagte Ploß. Zunächst müsse analysiert werden, was in München falsch gelaufen sei. Zudem müssten mindestens vier Vorbedingungen für eine Bewerbung erfüllt sein: Es müsse international eine Chance für die Bewerbung geben; die Unterstützung von Politik und Bevölkerung müssten gesichert sein – und die Frage der Kosten müsse geklärt sein. „Die Spiele in London haben 12Milliarden Euro gekostet“, so Ploß. „Da muss man vorher sagen, wer das am Ende bezahlt.“ Unter diesen Gesichtspunkten sei „2024 für Hamburg nicht erreichbar“.
Ähnlich äußerte sich auch Frank Reschreiter, Sprecher des zuständigen Sport- und Innensenators Michael Neumann (SPD). „Eine Bewerbung für Olympia ist ein Marathon, kein Sprint“, so Reschreiter „Hamburg hat das Potenzial, jede große Veranstaltung ausrichten zu können. Spätestens Ende des Jahrzehnts wollen wir so weit sein, dass wir uns erfolgreich auf jedes nationale und internationale Event bewerben können.“ Mit anderen Worten: Die Interessenbekundung für 2024, die bereits Ende 2015 eingereicht werden müsste, kommt dem SPD-Senat zu früh. Senator Neumann hatte zudem bereits im Frühjahr in einem Interview betont, dass es vor einer Bewerbung ein Votum der Bürger geben müsse.
Grünen-Landeschefin Katharina Fegebank sagte: „Olympische Spiele sind ein Großprojekt mit kaum abschätzbaren Kosten. Mit Blick auf die Gigantomanie, die strikten Vorgaben und die undemokratischen Strukturen des IOC kann man sich im Moment nicht mit gutem Gewissen um Olympische Spiele bewerben.“ Auch die Hamburger Linken sprachen sich gegen eine Bewerbung aus, da der Schaden größer sei als der Nutzen.
CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich dagegen sagte, er sei „überzeugt, die Hamburger wären stolze und begeisterte Gastgeber für Sportler aus der ganzen Welt“. Schon die Bewerbung könne Hamburgs internationale Bekanntheit und Attraktivität immens steigern. FDP-Sportpolitikerin Martina Kaesbach verwies darauf, dass schon die Kampagne „Feuer und Flamme“ aus den Jahren 2002 und 2003 der Metropolregion „einen großen Schub“ gebracht habe.
Der Hamburger Moderator Johannes B. Kerner zeigte sich vorsichtiger, was eine Hamburger Olympiabewerbung angeht. „Klug nachzudenken, ist immer sinnvoll“, sagte er dem Abendblatt. „Schnellschüsse aber verbieten sich.“