Kollegen sind entsetzt, wie tief Darko N. in den Kokainhandel verstrickt sein soll. Der 35-Jährige ist zwar suspendiert, aber offiziell weiterhin Polizist.

Hamburg Der Fall des 35-jährigen Kriminalbeamten, der Verbindungen zur südamerikanischen Drogenmafia unterhalten haben soll und unter dem Vorwurf, große Kokainlieferungen über den Hafen organisiert zu haben, bereits verhaftet wurde, hat innerhalb der Polizei für Aufregung gesorgt. Mehrere Beamte, die einen Teil der Karriere des Kriminaloberkommissars begleitet haben, zeigten sich von den aktuellen Vorwürfen überrascht: Zwar war bekannt, dass Darko N. bereits 2007 im Zusammenhang mit einem Drogendelikt suspendiert worden war. Das jetzt ans Licht gekommene Ausmaß der Rauschgiftgeschäfte, an denen der Polizist nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes (BKA) beteiligt gewesen sein soll, übertraf aber die schlimmsten Befürchtungen seiner Ex-Kollegen.

Smart. Einer der immer etwas auf „dicke Hose“ machte. So erinnern sich ehemalige Kollegen an den Kripomann. 1996 war der damals gerade volljährige Darko N. als einer der ersten Polizisten mit Migrationshintergrund eingestellt worden. Er machte Karriere, wurde in den gehoben Dienst übernommen, kam zur Kripo. An der Wache Harburg an der Knoopstraße wurde er als Sachbearbeiter eingesetzt. „Er kam hier aus dem südlichen Bereich Hamburgs und hatte hier auch Kontakte zu einer Familie, zu der man als Polizist besser keinen Kontakt haben soll“, so der Polizist. „Dann hat er immer gesagt, dass er mit denen halt aufgewachsen ist.“

2007 habe es dann seine plötzliche Versetzung gegeben. Zu dem Zeitpunkt war bereits bekannt, dass der Mann im Zusammenhang mit Drogendelikten, anderen Straftaten, aber auch wegen einer Trunkenheitsfahrt aufgefallen war. „Er wurde dann noch an einer anderen Wache geführt, war aber nicht mehr richtig im Dienst“, sagt ein früherer Kollege. Dann die Suspendierung. „Er hat die Jahre danach seine Bezüge weiterbekommen“, sagt ein Bekannter.

Ermittler des BKA gehen davon aus, dass Darko N. der „Cheflogistiker“ der weltweit agierenden Gruppierung war, die zwischen August 2009 und November 2012 mindestens vier Kokain-Lieferungen aus Bolivien und Ecuador nach Hamburg organisiert haben soll. Er soll die Drogen aus dem Hafen geschafft, verteilt, aber auch neue Komplizen angeheuert haben. Insgesamt 416 Kilogramm Kokain werden mit ihm in Verbindung gebracht. Die Staatsanwaltschaft, die ihn wegen „Beihilfe zum Handeltreiben und Einführen von nicht geringen Mengen Kokain in vier Fällen“ bereits angeklagt hat, spricht von mindestens 330 Kilogramm.

Der 35-Jährige ist damit das schwärzeste der „schwarzen Schafe“ der Hamburger Polizei. Im Zusammenhang mit Drogendelikten war das bislang ein Kriminalkommissar, der 2004 zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden war, weil er 900 Gramm Kokain aus der Asservatenkammer an der Drogendienststelle am Steindamm gestohlen und verkauft hatte. Murat D., damals 27 Jahre alt, schied freiwillig aus dem Polizeidienst aus – im Gegensatz zu seinem, „Kollegen“ Drako N. Der 35-Jährige ist zwar suspendiert, aber offiziell weiterhin Polizist. Erst nach einer Verurteilung mit einer Haftstrafe von einem oder mehr Jahren kann er aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Ein nach der Suspendierung eingeleitetes Disziplinarverfahren ist bis heute nicht abgeschlossen worden – auch weil immer neue Vorwürfe hinzukamen und die Ermittlungen nicht gefährdet werden sollten.

Auf die Spur der Hamburger Kokaindealer waren die Fahnder des Bundeskriminalamtes Ende vergangenen Jahres nach einem Tipp aus der ecuadorianischen Hafenstadt Santiago de Guayaquil gekommen. Bei einer Routinekontrolle im Hafen sollen Fahnder in einem Seecontainer auf eine vorbereitete Kokainlieferung gestoßen sein: Die Drogenpäckchen waren in ausgehöhlten Holztüren und Holzparkettstücken versteckt worden. Die ecuadorianische Polizei informierte das BKA, das den Hamburger Kripomann nach mehrmonatigen Ermittlungen dann Mitte Juni festnehmen konnte.