Abendblatt-Leser retten die Sozialküche in Dulsberg. Jetzt soll ein Förderverein die Einrichtung langfristig sichern
Hamburg. Die ersten Anrufe kamen morgens um Viertel vor acht, als Carmen Krüger gerade im Büro angekommen war. Die Menschen hatten in der Zeitung gelesen, dass der „Pottkieker“ in Dulsberg vor dem Aus steht. Sie wollten helfen. Ein Mann spendete Äpfel, ein anderer wollte Lebensmittel verschenken, ein Koch wollte ehrenamtlich in der Sozialküche kochen.
Andere spendeten Geld. „Insgesamt haben die Leser des Hamburger Abendblatts Spenden in Höhe von mehr als 100.000 Euro zugesagt“, sagt Carmen Krüger, die Projektleiterin der Sozialküche. Bis Freitag gingen bereits 47.300 Euro auf einem Spendenkonto ein. 352 Unterstützer hatten bis dahin für den Erhalt der Einrichtung gespendet.
Die Sozialküche am Alten Teichweg in Dulsberg bietet an jedem Werktag Mittagessen für Bedürftige an. Ein Essen kostet drei Euro. Es kommen an manchen Tagen mehr als 100 Besucher. Die meisten von ihnen sind bedürftige Rentner. Für sie ist der „Pottkieker“ nicht nur eine günstige Essens-Gelegenheit, sondern vor allem auch ein Treffpunkt. Für viele Senioren ist die Einsamkeit im Alter schlimmer als finanzielle Armut.
Um die Sozialküche 2014 weiter betreiben zu können, fehlten 70.000 Euro, ein privater Spender hatte 38.000 Euro zugesagt. Blieben noch 32.000 Euro, die vor einer Woche noch fehlten.
Durch die Unterstützung der Leser könnte der „Pottkieker“ jetzt mehr Geld zur Verfügung haben, als für die kurzfristige Rettung benötigt wurde. „Sollten wir wirklich mehr als 100.000 Euro bekommen, können wir das übrige Geld dafür einsetzen, den ,Pottkieker‘ langfristig zu erhalten“, sagte Krüger. „Mich berührt es sehr, dass es in dieser Stadt so viel Hilfsbereitschaft gibt.“
Die Spenden werden auf ein Konto eingezahlt, das die Patriotische Gesellschaft zur Verfügung gestellt hat. Das Geld soll ausschließlich für die Rettung des „Pottkieker“ verwendet werden. Carmen Krüger will jetzt einen Förderverein oder eine Stiftung für den „Pottkieker“ gründen. Gespräche dazu will sie in der kommenden Woche führen.
Es deutet vieles darauf hin, dass sich der „Pottkieker“ von seinem bisherigen Trägerverein „Mook wat“ löst. Der Verein befindet sich derzeit in einem Planinsolvenzverfahren. Das heißt: Der Betrieb läuft weiter, das Sagen hat aber ein Insolvenzverwalter, der sich bis Ende des Jahres mit den Gläubigern einigen will. Sind die Gläubiger entschädigt, kann „Mook wat“ den Neubeginn versuchen.
Aber eine gute Ausgangslage für eine Rettung des „Pottkieker“ ist das nicht. Gerade deshalb befindet sich das Spendengeld auch nicht auf einem Konto von „Mook wat“, sondern, solange es noch keinen Förderverein gibt, bei der Patriotischen Gesellschaft. Krüger betont: „Das Geld der Spender ist sicher und wird ausschließlich für die Rettung des ,Pottkieker‘ verwendet.“
Am vergangenen Donnerstag trafen sich Vertreter des Bezirksamts Nord, des Jobcenters, der Sozialbehörde und von „Mook wat“. Die Sozialbehörde fördert den „Pottkieker“ in diesem Jahr mit 20.000 Euro. „Für das Jahr 2014 hat die Behörde eine unveränderte Förderung zugesagt“, erklärte eine Behördensprecherin nach dem Treffen. Ob das Jobcenter weiterhin Langzeitarbeitslose als Ein-Euro-Jobber für das Projekt bereitstellen kann, ist nach Auskunft einer Pressesprecherin „derzeit noch nicht absehbar“.
Fakt ist, dass der „Pottkieker“ in seiner gegenwärtigen Form trotz staatlicher Förderung jedes Jahr eine Finanzlücke von mindestens 70.000 Euro haben wird. Die Stadt ist gegenwärtig nicht bereit, die Förderung für den „Pottkieker“ zu erhöhen. Gerade deshalb wollen alle Beteiligten aufgrund der hohen Anteilnahme der Hamburger die Gelegenheit nutzen, den „Pottkieker“ langfristig zu sichern.
In einem Förderverein könnten sich nicht nur die Macher des „Pottkieker“ engagieren. Sondern auch die vielen Unterstützer, die das Projekt in der vergangenen Woche gewonnen hat. Diese könnten mitbestimmen, was mit ihrem Geld passiert. Sie könnten zusätzliches Geld geben. Sie könnten Einblick in die Zahlen nehmen, bei der Führung der Geschäfte helfen und neue Ideen entwickeln, damit der „Pottkieker“ mehr Geld einnehmen kann. Unter den Spendern befinden sich Unternehmer, die viel Erfahrung haben. Die Unterstützer könnten sich ehrenamtlich in der Küche einbringen – und so dabei helfen, Kosten einzusparen.
Und auch andere Sozialträger könnten einem Förderverein beitreten. Einen ersten Interessenten gibt es bereits: der Träger „Alter und Pflege“, der Pflegeangebote für alte Menschen anbietet. „Die Chance, den ,Pottkieker‘ nachhaltig zu einem festen Angebot zu machen, sollten wir jetzt nutzen“, sagte der Vorsitzende Horst Weipert dem Abendblatt. Seiner Meinung nach sollen sich auch andere Träger aus Dulsberg in dem Projekt engagieren.
Sollte ein Förderverein nicht zustande kommen, ist Weipert auch dazu bereit, den „Pottkieker“ in die Trägerschaft seines Vereins zu übernehmen.