Aufgewachsen in Mümmelmannsberg träumte Ahmad Zarabi schon früh von der Schauspielerei. Mühsam schlug er sich mit kleinen TV-Rollen durch. Dann kam das Angebot für Bill Condons Kinofilm „Inside Wikileaks“.

Hamburg. Als der Anruf von der Casting-Agentur kam, konnte Ahmad Zarabi sein Glück kaum fassen: Er sollte eine kleine Rolle in Bill Condons Kinofilm „Inside Wikileaks - Die fünfte Gewalt“ (Kinostart 31. Oktober), übernehmen, an der Seite von Benedict Cumberbatch und Daniel Brühl. Er, der Sohn afghanischer Flüchtlinge, aufgewachsen in Mümmelmannsberg in einer Hollywood-Produktion.

„Plötzlich denkst Du, Du bist irgendwer, bist wichtig“, erzählt der 28-Jährige mit dem sorgsam gestutztem Kinnbart. Für seine Rolle als indischer Journalist, der Julian Assange interviewt, kontaktierte Zarabi sogar den Reporter Raffi Khatchadourian vom „New Yorker", den er spielen sollte. „Ich wollte mich optimal vorbereiten und der Typ war total aufgeschlossen und auch interessiert an dem Film und an mir“, sagt er. Endlich schien Zarabi seinem Ziel, bei den Großen mitzumischen, ein gutes Stück näher gekommen zu sein.

Zweimal schmiss Zarabi die Schule

„Für Schauspieler mit einem so ausländischen Aussehen wie meinem gibt es in Deutschland nicht so viele Rollen, auch wenn sie immer mehr werden“, erzählt er. Dabei hatte er gerade zu Beginn seiner Karriere Glück – auch dank seines Aussehen. In dem Fernsehfilm „The Hamburg Cell“, einem Doku-Drama von Antonia Bird über die Rekrutierung und Radikalisierung der Attentäter, die das World Trade Center angriffen, bekam er schon 2003 eine kleine Rolle. „Damals hatte ich in der Schule schon viel Theater gespielt und da sagten alle zu mir, geh doch mal zu dem Casting“, erzählt Zarabi.

Gerade mal 18 Jahre alt sei ihm das aber schon damals ganz schön zu Kopfe gestiegen. „Wir sind extra nach Miami geflogen. Das war schon toll und viele aus der Schule haben mich bewundert“, sagt er. Nach Unterricht und Lehrer, von denen er sich ohnehin wenig beachtet vielmehr demotiviert fühlte, stand ihm da nicht mehr der Sinn. Er schmiss die Handelsschule.

Eine Hauptrolle an der Seite von Uwe Ochsenknecht

2004 folgte eine kleine Rolle in einer Folge der RTL-Serie „Doppelter Einsatz“, bis Regisseur und Drehbuchautor Lars Becker auf Zarabi aufmerksam wurde. „Der wollte mich unbedingt für die Rolle des Schülers Mahmut in dem Fernsehfilm ‚Der beste Lehrer der Welt“ haben“, erinnert er sich. Uwe Ochsenknecht spielt darin die Titelrolle. 20 Tage stand er dafür vor der Kamera – und wieder schien ihm die Welt offen zu stehen, die Schule – inzwischen besuchte er das Wirtschaftsgymnasium an der Schlankreye, brach er ab.

„Alle waren so begeistert von mir und meinem Erfolg, die meisten meiner Kumpels waren da längst im Knast oder zumindest Drogendealer“, erzählt Zarabi. Er aber fühlte sich wie ein Star, auch wenn er immer mal wieder irgendwo jobben musste, im Call-Center, bei Zara in der Mönkebergstraße oder auch als Fahrer. Denn die Angebote kamen nur spärlich – auch nachdem er 2009 an der Little Theatre School in Miami und danach in Hamburg Schauspiel Unterricht genommen hatte.

Mit Benedict Cumberbatch in der Drehpause

Dann, Ende vergangenen Jahres der erlösende Anruf. „Ich konnte es einfach nicht glauben“, erinnert er sich. Für zwei Drehtage fuhr er mit seiner Frau und seiner eineinhalbjährigen Tochter nach Berlin. „Da war ich gerade noch mit der U2 von Mümmelmannsberg zum Hauptbahnhof gefahren und dann werde ich am nächsten Tag mit einer fetten Limousine vom Hotel zum Set kutschiert, plauder in der Pause mit Stars wie Daniel Brühl und Benedict Cumberbatch. Das ist schon krass.“ Krass auch, weil die einen am nächsten Tag schon wieder vergessen hätten.

Inzwischen ist Zarabi längst wieder in Mümmelmannsberg, arbeitet nebenbei als selbstständiger Computer-Experte und sucht nach einer neuen Agentur, die ihn gut vertritt. Anfang Oktober kam wieder ein Anruf: „Die Journalisten-Szene wurde aus dem Film herausgeschnitten.“ Imerhin es sei eine gute Erfahrung gewesen, gibt er sich tapfer: „Ich gebe nicht auf. Meine nächste Chance kommt bestimmt.“