Fast 21.000 der in Hamburg lebenden Rentnerinnen und Rentner erhalten vom Staat einen finanziellen Zuschuss, um über die Runden zu kommen. In einem bundesweiten Vergleich liegt die Hansestadt vorn.
Hamburg Arm im Alter: In Hamburg ist der Anteil der Senioren, die einen staatlichen Zuschuss zu ihrer Rente erhalten, im bundesweiten Vergleich am höchsten. Ende vergangenen Jahres hätten 6,2 Prozent der Hamburger über 65 Jahre die sogenannte Grundsicherung erhalten, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mit. Die Zahl der Betroffenen bezifferte das Amt mit 20.925.
Mit diesem Wert liegt Hamburg an der Spitze der Bundesländer – also noch vor den beiden anderen Stadtstaaten Bremen (5,5 Prozent) und Berlin (5,3 Prozent). In Schleswig-Holstein und in Niedersachsen hätten 2,8 Prozent der Rentner staatliche Hilfe erhalten; in Mecklenburg-Vorpommern seien es 1,6 Prozent gewesen, erklärte das Bundesamt. Bundesweit beziehen 2,7 Prozent der Senioren Grundsicherung.
Nach Darstellung der Sozialbehörde erklärt die unterschiedliche Sozialstruktur der Stadtstaaten die höheren Werten im Vergleich zu Flächenländern. In Hamburg seien zudem die Lebenshaltungskosten höher als in Flächenländern, in Berlin oder Bremen. Die Kosten des täglichen Bedarfs machten sich vor allem bei den Mieten – also beim Zuschussbedarf „Kosten der Unterkunft“ – bemerkbar. Die Folge: Eine Rente gleicher Höhe kann in Hamburg zu einem ergänzenden Leistungsbedarf führen, in einem schleswig-holsteinischen Dorf aber ausreichen.
Die Sozialbehörde verwies zudem darauf, dass ein Vergleich der Armutsgefährdungsquoten ein anderes Bild zeichne. Hier schneide Hamburg mit der bundesweit niedrigsten Quote am besten ab. Als armutsgefährdet gilt eine Person, die mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung auskommen muss.
Joachim Speicher, Geschäftsführer des Paritätischen Hamburg und Sprecher der Nationalen Armutskonferenz, bewertete die Mitteilung des Statistischen Bundesamts hingegen kritisch: „Die veröffentlichten Zahlen sind zutiefst besorgniserregend.“ Von Altersarmut seien vor allem Beschäftigte im Niedriglohnbereich bedroht. Diejenigen, die schon heute trotz Arbeit nur mit Sozialleistungen über die Runden kommen, werden auch im Alter nicht besser da stehen.
Speicher forderte eine Mindestrente und eine Reform der Grundsicherung im Alter. Sonst drohe „Massenarmut“ unter Senioren. „Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Betroffenen von derzeit 2,7 Prozent auf über zehn Prozent in den nächsten Jahren steigen wird.“ Prognosen zufolge wird 2030 jeder dritte Hamburger älter als 60 Jahre alt sein.
Die Grundsicherung im Alter gibt es in Deutschland seit 2003. Sie soll älteren Menschen, deren Rente nicht ausreicht, den Lebensunterhalt sichern und damit der Altersarmut vorbeugen. Allerdings muss für die Grundsicherung – anders als bei der Sozialhilfe – ein Antrag gestellt werden. Untersuchungen zufolge stellt mehr als die Hälfte der Berechtigten aus Scham oder fehlender Information keinen Antrag.
Dem Bundesamt zufolge hat sich die Zahl der Rentner, die auf Grundsicherung angewiesen seien, seit dem Jahr 2003 fast verdoppelt. Seinerzeit bezogen etwas mehr als 250.000 Menschen über 65 Jahre den Zuschuss; Ende 2012 waren es knapp 465.000 Menschen.